Studie

Rezession und Bürokratie schrecken Gründer ab

Die Zahl der Neugründungen ist gesunken. Vor allem in der Industrie sieht es düster aus. Wie die Analyse des ZEW Mannheim und der Creditreform aussehen.

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Walter Serif
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Auch das Baugewerbe leidet unter der Rezession in Deutschland. © picture alliance/dpa

Mannheim. Die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland sinkt dramatisch. Nach Berechnungen des ZEW in Mannheim und der Creditreform Wirtschaftsforschung wurden 2024 nur noch rund 161.000 neue Firmen gegründet – so wenige wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Zum Vergleich: Zwischen 2015 und 2021 lag der Durchschnitt noch bei rund 168.000 Gründungen jährlich, in den ersten 2000er-Jahren sogar bei über 200.000.

„Wirtschaftskrise und Bürokratie bremsen das Gründungsgeschehen massiv“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Demnach haben sich die Rahmenbedingungen seit Jahren verschlechtert: Hohe Energiekosten, Fachkräftemangel und wachsende Bürokratie hinderten neue Unternehmen am Start sowie beim Wachsen und blockierten Innovationen. Auch geopolitische Unsicherheiten dämpften zuletzt die Gründungsbereitschaft.

Industrie leidet besonders unter Reformstau

Besonders betroffen ist das verarbeitende Gewerbe. 2024 wurden dort nur noch rund 5.000 Unternehmen gegründet – 38 Prozent weniger als 2016, als es noch gut 8.000 waren. Im forschungsintensiven Teil der Industrie brach die Zahl der Neugründungen im Vergleich zu 2023 um 20,8 Prozent ein. „Die Industrie und ihr Innovationspotential sind die großen Verlierer des Reformstaus in Deutschland“, warnt Hantzsch. „Der Unternehmensbestand schrumpft, Arbeitsplätze gehen verloren, Investitionen in die Zukunft bleiben aus.“

ZEW-Wissenschaftlerin Sandra Gottschalk fürchtet, dass künftig weniger produktive Produkte auf den Markt kommen könnten, weil es weniger forschungsintensive Unternehmensneugründungen gibt. © ZEW

Auch ZEW-Wirtschaftsforscherin Sandra Gottschalk sieht die Entwicklung kritisch: „Der Rückgang bei forschungsintensiven Industriegründungen könnte dazu führen, dass künftig weniger innovative Produkte auf den Markt kommen. Das schwächt bereits heute die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.“

Wissenschaftler des ZEW Mannheim fordern gezielte Förderung

Rückgänge zeigen sich auch im Baugewerbe. Hoffnungen auf eine wieder stärkere Dynamik für das Gründungsgeschehen ruhen auf den Bereichen technische Dienstleistungen und IKT (Informations-, Kommunikations- und Netzwerktechnologien). Hier gab es zwischen 2016 und 2021 neue Impulse durch einen Anstieg der Gründungszahlen – etwa durch Künstliche Intelligenz (KI). Doch auch hier hinterlässt die Rezession Spuren: Die Zahl der Start-ups geht wieder zurück. „Digitale Technologien gewinnen zwar an Bedeutung, doch auch sie sind nicht immun gegen die schwache Konjunktur“, so Gottschalk.

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Um die Gründungstätigkeit wiederzubeleben, fordern ZEW und Creditreform eine gezielte Förderung innovativer Unternehmen. „Breite Förderung nach dem Gießkannenprinzip ist wenig zielführend“, so Hantzsch.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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