Einzelhandel

Wie der neue digitale Tegut Teo-Markt im Mannheimer Hauptbahnhof funktioniert

Das Handelsunternehmen Tegut ist erstmals in Mannheim vertreten - mit dem Kleinstflächenkonzept Teo im Hauptbahnhof. Nicht nur weil der Markt ohne Personal auskommt, ist er etwas Besonderes

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Christian Schall
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Blick in den neuen Teo-Markt im Mannheimer Hauptbahnhof. © Christian Schall/Ben Pakalski/Tegut

Mannheim. „Zutritt nur für Personal“ - der Hinweis an einer Tür, die zu einem abgetrennten Bereich des kleinen Supermarkts im Mannheimer Hauptbahnhof führt, hat etwas Amüsantes. Denn eigentlich ist der Teo-Markt der Handelskette Tegut so konzipiert, dass er ohne Personal auskommt - und trotzdem jeden Tag und rund um die Uhr geöffnet ist. Teo-Mitarbeiter sind dort tatsächlich äußerst selten anzutreffen. Aber wenn der Laden so funktioniert, wie das Unternehmen sich das vorstellt, müssen die Regale selbstverständlich wieder aufgefüllt werden. Das geschieht täglich außer sonntags.

An diesem Terminal registrieren sich die Kunden, danach öffnet sich die Ladentür. © Christian Schall

Am Donnerstag wurde der Markt im Hauptbahnhof eröffnet. Es ist der 34. des Kleinstkonzepts, mit dem das Unternehmen vor drei Jahren am Firmensitz in Fulda an den Start gegangen ist. Dafür hat Tegut eine Art Container aus Holz mit begrüntem Dach entwickelt, der ein wenig an ein gestrecktes Fass erinnert. Ein solcher Laden soll noch in diesem Jahr in Neckarhausen eröffnen.

„Mannheim ist eine spannende Stadt“

Mannheim ist nach Aschaffenburg erst der zweite Markt, der in eine Bestandsimmobilie einzieht - in beiden Städten der Hauptbahnhof. Die Filiale ist mit 104 Quadratmetern etwa doppelt so groß wie die Laden-Variante aus Holz. Einen Umbau gab es nicht, der Fußboden in Holzoptik stammt noch vom Vormieter, ein Geschäft für Bio-Kost.

„Wir haben uns bewusst für diesen Standort entschieden. Mannheim ist eine spannende Stadt, und der Bahnhof ist extrem stark frequentiert“, nennt Vertriebsleiter Thomas Stäb die Gründe für die Ansiedlung. Es ist die bislang größte Stadt für dieses Konzept, bevor nächstes Jahr München folgt. „Wir brauchen in unseren Bahnhöfen Partner, die flexibel und innovativ sind“, sagt Tobias Boppré, Vertriebsleiter für den Südwesten bei der Bahn-Tochter Station und Service. „Teo ist eine Bereicherung.“

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In Mannheim ist der Zugang zum Laden von zwei Seiten möglich: von der Bahnhofshalle und - weil diese nachts geschlossen ist - vom westlichen Bahnhofsvorplatz aus. Die automatische Tür öffnet sich aber erst, wenn man sich zuvor an einem Terminal registriert hat: entweder mit der Teo-App oder einer Giro- oder Kreditkarte. „Wir wollten ein möglichst niedrigschwelliges Angebot“, erklärt Sören Gatzweiler, der bei Tegut die Weiterentwicklung des Teo-Konzepts leitet.

Größeres Angebot als in vergleichbaren Märkten

Im Markt können die Kunden aus rund 1100 Artikeln auswählen, auch das übersteigt das sonst übliche Teo-Angebot von 900 bis 950 Artikeln. Größer ist die Auswahl an Süßwaren und Knabbersnacks. „Hier sind die Geschmäcker verschieden“, erklärt Stäb. Ansonsten findet sich nahezu alles: Obst, Gemüse, Frühstücksartikel, Konserven, Öle, Getränke, Kosmetikprodukte, Eis, Tiefkühlpizza, Zigaretten, ein Kaffeeautomat, ein Kühlraum mit Molkereiprodukten, Fertiggerichten und Getränken, und Saisonware - derzeit Lebkuchen und Christstollen. Oder, wie es Stäb kurz formuliert: „alles, vom Apfel bis zur Zahnbürste“. Bei vielen Produkten besteht eine Auswahl zwischen Eigenmarke, Bio-Qualität und Discountschiene. Wochenangebote gibt es bei Teo nicht. So will man verhindern, dass Schnäppchenjäger die Regale leerkaufen.

An zwei Selbstscanner-Kassen werden die Einkäufe erfasst und mit der Karte, die zur Registrierung verwendet wurde, bezahlt. Wer über die App den Laden betreten hat, kann direkt am Regal mit dem Smartphone die Produkte scannen. Der Einkauf wird über die App abgerechnet. Sollte jemand nicht fündig werden, kann er den Markt einfach wieder verlassen.

Keine alkoholischen Getränke im Verkauf

Alkoholische Getränke bietet Teo nicht an. „Es gab einen Test in Fulda, und unser Ziel ist, in etwa der Hälfte der Märkte Alkohol anzubieten“, sagt Gatzweiler. Man müsse aber alle Risiken abwägen, denn es bestehe die Gefahr, damit eine „gewisse“ Klientel anzuziehen.

Und wie steht es um die Sicherheit und Diebstahl? Mehrere Kameras überwachen den Markt. „Das und die Registrierung ermöglichen uns besser, bei Vandalismus oder Diebstahl gegen Kunden vorzugehen und Anzeige zu erstatten“, erklärt Gatzweiler. „Auf Knopfdruck könnten wir ihnen den Zugang zu allen Märkten sperren.“ In vielen Märkten sei Diebstahl kein Thema, in anderen gebe es dagegen Differenzen bei der Inventur. „Die Ermittlungsquote ist sehr hoch, außerdem entwickeln wir die Kameraüberwachung weiter.“

Handelsexperte vom Konzept überzeugt

„Automatisierung wird das Konzept der Zukunft“, sagt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Er ist überzeugt, dass Tegut die richtige Strategie verfolgt: „Hochfrequenzstandorte wie der Mannheimer Hauptbahnhof sind für das Konzept absolut sinnvoll, quasi als Satellit, der aus einem Laden in der Nähe bestückt wird. Das logistische Thema dürfte die größte Herausforderung sein.“

Deshalb sieht Heinemann auf dem Land wenig Chancen: „Je weiter man aufs Land geht, umso weniger dürfte sich dieses Konzept rechnen, weil man auch die Logistikkosten und die zurückzulegenden Distanzen berücksichtigen muss. So schade wie das ist, denn theoretisch wäre das eine Lösung für die Versorgung im ländlichen Raum. Aber es dürfte daran scheitern, dass es sich sehr wahrscheinlich wegen der hohen Zustellkosten nicht rechnet.“

Das Sortiment hält er für angemessen: „Zahlenmäßig spricht man von weniger als 1000 Artikeln. Aber eine Aldi-Filiale hatte früher auch nicht mehr. Das heißt, man fokussiert sich auf die Schnelldreher. Was das ist, lässt sich durch die Scannerkassen einfach ermitteln. Ich würde das genauso machen und die 800 am besten gehenden Artikel reinpacken. Denn es muss sich ja rechnen.“ Diskussionen um die Sicherheit kann der Experte nicht nachvollziehen: „Das ist ein Killer-Argument. Die Erfahrung zeigt, dass die Diebstahlquote eigentlich nicht steigt.“

Zurück in den Hauptbahnhof. In den ersten Wochen nach der Eröffnung wird übrigens doch das eine oder andere Mal tagsüber Personal vor Ort sein: „um Fragen zu beantworten und bei den ersten Einkäufen zu begleiten“, verspricht Tegut.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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