Serie Zukunft Innenstadt

Wie ein Shopping-Start-up die Mannheimer City retten will

Von 
Tatjana Junker
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Das Shopping-Start-up ooblee will Mannheim zu seinem „Heimathafen“ machen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Wie kann man die Menschen zum Shoppen wieder mehr in die City locken? Diese Frage treibt viele Einzelhändler um, auch in Mannheim. „Wir suchen immer nach neuen Möglichkeiten, die Stadt aus ihrem Online-Schlaf zu erwecken und die Menschen wieder mehr in die Geschäfte zu holen“, sagt beispielsweise Wolfgang Blatt, Inhaber des Mannheimer Spielwarengeschäfts Urmel.

Seit einiger Zeit bietet der Händler seine Produkte deshalb auch über eine App an, die vor einigen Wochen in Mannheim gestartet ist: ooblee. Die Idee hinter der digitalen Plattform, die ein gleichnamiges Start-up aus Berlin entwickelt hat, erklärt dessen Geschäftsführer Fabian Mischler kurz und knapp: Die App soll die Online- und die Offline-Welt verbinden - und zwar so, dass das Digitale dem stationären Handel nicht das Wasser abgräbt, sondern ihn stützt.

Geschäftsführer Mischler will Kunden am Smartphone abholen

In der Praxis funktioniert ooblee deshalb wie eine Art digitaler Schaufensterbummel, bei dem sich Nutzerinnen und Nutzer über Angebote von lokalen Händlern informieren können. Auch kaufen können sie die Produkte in der App, abgeholt wird die Ware aber vor Ort im Laden. „Heute reicht es in der Regel nicht mehr, ein Geschäft aufzumachen und zu warten, dass die Kunden einfach vorbeikommen. Stattdessen muss man die Menschen da erreichen, wo sie sind - und das ist gerade bei der Generation Z oft das Smartphone“, so Mischler.

ooblee

  • Die App ooblee ist seit Anfang des Jahres online und in mehreren deutschen Städten und drei Ländern aktiv.
  • Nach eigenen Angaben zählt die Plattform aktuell knapp 12 000 Bestellungen im Monat.
  • Händler zahlen für die Nutzung von ooblee eine monatliche Gebühr. Außerdem bekommt das Start-up bei jedem Verkauf fünf bis 15 Prozent Provision.
  • Eine weitere Einnahmequelle für das junge Unternehmen sind zusätzliche Werbeplätze in der App und ein Premium-Abo.
  • In einer ersten Finanzierungsrunde hat das Start-up nach eigenen Angaben mehrere Investoren gewonnen, die nächste Finanzierungsrunde (Series A) laufe aktuell. 

Um diese Zielgruppe anzusprechen, setzt die App unter anderem auch auf den Community-Aspekt. So gibt es beispielsweise eine „Shopping-with-friends“-Funktion, bei der sich mehrere Nutzer zusammentun können, um Produkte günstiger zu bekommen.

Start-up will Firmensitz von Berlin nach Mannheim verlegen

Aktiv ist ooblee bisher in mehreren Städten, u.a. in Berlin, Hannover und Bremen. In der Region baut das Start-up derzeit ein Händlernnetz in Mannheim, Heidelberg und etwa zehn weiteren Städten auf. Laut Mischler ist das junge Unternehmen derzeit sogar dabei, seinen Firmensitz von Berlin nach Mannheim zu verlegen. „Die Regionen Rhein-Neckar und Rhein-Main sind echtes Fokus-Gebiet für uns in Deutschland. Hier gibt es viele interessante Einkaufsstädte, die relativ nah beieinander liegen: Von Frankfurt bis Stuttgart gibt es viel zu tun für uns.“ In Mannheim gebe es außerdem eine starke E-Commerce-Szene und relevante Hochschulen für die Suche nach jungen Talenten.

Fabian Mischler, Geschäftsführer von ooblee, will mit seiner App die Online- und die Offline-Welt verbinden. © ooblee

Derzeit suche ooblee weitere Beschäftigte. Knapp 30 habe das Unternehmen aktuell, davon seien neun in Mannheim. Die Entwicklung der Apps erfolgt laut Mischler derweil vor allem in Montenegro.

In Mannheim habe die App inzwischen etwa 3500 Nutzerinnen und Nutzer. Rund 128 Einzelhändler aus der Stadt und direkter Umgebung seien mit ihren Produkten in der Shopping-App vertreten. Angeboten werden neben Spielwaren unter anderem Schokolade und Wein, Kinderkleidung und Handtaschen, Schmuck, Wolle, Schreibwaren und Deko-Artikel. Insgesamt sieht Mischler in Mannheim ein Potenzial von rund 400 Händlern, die mit ihrem Sortiment zu der Plattform passen würden. „Auch Dienstleister können ihre Angebote einstellen, zum Beispiel Friseure, oder kleine, lokale Veranstalter, die ihre Tickets über uns anbieten wollen.“

Besonders stark nachgefragt würden über die App der Bereich Home and Living, Spielzeug, Küchenartikel und Elektrogeräte. Auch Mode spiele eine wichtige Rolle - „wobei die Idee eben ist, dass die Kleider im Laden anprobiert werden können.“

Ziel: Mehr Frequenz in der Mannheimer City

An einen Lieferdienst sei aktuell nicht gedacht - schließlich sei es gerade das Ziel von ooblee, die Menschen in die Geschäfte zu holen. Entsprechend ist in die App eine Karte integriert, in der Nutzerinnen und Nutzer sehen können, wo der jeweilige Laden liegt. „Die Message ist: Schau mal’, das was du suchst, gibt es direkt bei dir um die Ecke. Komm’ vorbei und hol’ es Dir.“

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Dieser Ansatz hat auch Urmel-Inhaber Blatt überzeugt. Digitale Plattformen wie ooblee könnten so einen Beitrag dazu leisten, die Menschen wieder mehr in die Geschäfte zu bringen: „Die Kunden werden dort online abgeholt und quasi an der Hand in den Laden geführt“, sagt der Händler. Von einer höheren Frequenz in der City würden wiederum alle Geschäfte profitieren, ebenso wie die Gastronomie.

Insgesamt glaubt Blatt, dass das Einkaufen im Laden für Kundinnen und Kunden attraktiver gestaltet werden muss - vor allem gegenüber dem Shopping per Mausklick. „Viele Händler konzentrieren sich zu stark darauf, den Online-Kauf für ihre Kundschaft so bequem wie möglich zu machen, zum Beispiel durch kostenlose Lieferungen. Dann muss man sich aber auch nicht wundern, dass niemand mehr in die Stadt kommt.“

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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