Ludwigshafen. Nein, sie habe nicht den aktuell unangenehmsten Job bei der BASF, betont Katja Scharpwinkel (kleines Bild) in einer Fragerunde mit Journalisten. Die Frage ist nicht unberechtigt. Als Arbeitsdirektorin und Standortleiterin muss das Vorstandsmitglied des Chemiekonzerns den Beschäftigten im Stammwerk die harten Einschnitte des Sparprogramms vermitteln. Einsparungen von rund einer Milliarde Euro bis Ende 2026 sollen den Standort Ludwigshafen wieder profitabel und wettbewerbsfähig machen. Damit einher geht ein großer Stellenabbau, rund 20 Prozent der Anlagen stehen auf dem Prüfstand.
Das Stammwerk war im vergangenen Jahr in die roten Zahlen gerutscht. Ob das auch für das laufende Geschäftsjahr gelte, dazu wollte die Vorständin nichts sagen. Mit dem Sparprogramm sieht Scharpwinkel das Unternehmen auf dem richtigen Weg, einen entsprechenden Beitrag zur Kosteneinsparung zu leisten. „Die Maßnahmen fangen an, Wirkung zu zeigen. Wir sehen einen positiven Trend.“ Bereits 2023 war angekündigt worden, weltweit Kosten zu senken und mehrere Anlagen in Ludwigshafen zu schließen. Das kostet rund 2500 Arbeitsplätze.
Auf eine konkrete Zahl an Stellen, die in Ludwigshafen mit der zweiten Sparrunde gestrichen werden, legt sich Scharpwinkel nicht fest. Wichtig sei es, variable Kosten und Fixkosten am Standort zu senken. Etwa 500 Millionen Euro durch den Stellenabbau eingespart werden. Die BASF setzt dabei unter anderem auf Aufhebungsprogramme, die schon in der Vergangenheit genutzt worden seien. Gleichzeitig stelle der Konzern auch weiterhin Personal ein.
Verhandlungen über neue Standortvereinbarung in Ludwigshafen beginnen
Zur Hilfe kommt dem Unternehmen die Tatsache, dass in den kommenden Jahren viele Beschäftigte in den Ruhestand gehen: „Die hohe natürliche Fluktuation unterstützt uns. Wir haben in den nächsten Jahren durchschnittlich etwa 1000 Renteneintritte pro Jahr.“ So könnten betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Durch die noch bis Ende 2025 geltende Standortvereinbarung sind die rund 33 500 Beschäftigten der BASF SE davor geschützt. Die Verhandlungen über eine neue Standortvereinbarung sollen in den nächsten Tagen beginnen. Diese müsse so formuliert sein, dass weiterhin Veränderungen am Standort möglich seien.
Das Sparprogramm drückt auf die Stimmung unter den Anilinern in Ludwigshafen. „Das bewegt mich auch viel, weil wir die Verunsicherung nicht vermeiden können.“ Den Ängsten in der Belegschaft will Scharpwinkel mit einer transparenten, ehrlichen und wertschätzenden Kommunikation entgegentreten. Aber jetzt brauche es Veränderungen und mittlerweile sei ein Verständnis dafür vorhanden, dass sich etwas ändern müsse. Der gesamte Standort Deutschland stehe vor großen Herausforderungen.
Wichtig sei es, in den Gesprächen mit den Beschäftigten eine positive, langfristige Zukunftsperspektive zu geben, und die sei vorhanden. Als Verbundstandort, also der Vernetzung vieler Anlagen im Werk, habe Ludwigshafen große Vorteile bei der Transformation. Ein Verbund sei ressourcen- und energieeffizient. Etwa 80 Prozent der Anlagen seien wettbewerbsfähig. Deshalb bekennt sich Scharpwinkel zum Stammwerk: „Es wird keine erfolgreiche BASF-Gruppe ohne einen erfolgreichen Standort Ludwigshafen geben.“
Schon bald wird in Ludwigshafen grüner Wasserstoff erzeugt
Als Beispiele für die Transformation nennt die Vorständin die größte industrielle Wärmepumpe, die die Abwärme eines Steamcrackers nutzt, oder einen Wasserelektrolyseur, mit dem grüner Wasserstoff hergestellt werden soll. Schon bald solle der Probebetrieb beginnen.
Dass viele der geplanten Projekte Piloten sind, für die es keine Blaupause gibt, sieht Scharpwinkel nicht als Risiko. „Es ist vorteilhaft, dass wir nicht jetzt die großen Investitionsentscheidungen treffen müssen. Wir können in bestehende Anlagen Rohstoffe auf nachwachsender oder recycelter Basis einspeisen.“ Entscheidungen erwartet sie erst in der nächsten Dekade. Bis dahin könne man lernen, welche Technologien sich durchsetzen und erfolgversprechend seien.
Katja Scharpwinkel gehört dem BASF-Vorstand seit 1. Februar dieses Jahres an. Davor hat sie den Bereich Europa, Naher Osten, Afrika verantwortet. Die verheiratete Mutter einer erwachsenen Tochter stammt aus dem Ruhrgebiet. „Da bin ich aufgewachsen und da fühle ich mich auch immer noch sehr verbunden“, sagt sie. Nicht nur, da die Familie und Freunde noch dort wohnen. Wer das Ruhrgebiet kennt, weiß, welche Bedeutung dem Fußball in der Region beigemessen wird. Bei der Managerin ist es nicht anders: „Ich bin leidenschaftliche Fußball-Anhängerin, von Borussia Dortmund.“
Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in der Rhein-Neckar-Region - und ist sehr zufrieden: „Wir fühlen uns hier alle sehr wohl.“ Ihr gefalle die Mischung aus Städten, Natur, Kultur und Sportmöglichkeiten. Als Hobbys nennt Scharpwinkel Skifahren, Laufen (beides bevorzugt bei schönem Wetter) und Lesen.
Und wie würde sie ihren Beruf beschreiben? „Es ist ein herausfordernder Job, aber viele von uns haben im Moment einen herausfordernden Job. Es ist auch eine Rolle, in der man viel gestalten und viel dafür tun kann, dass es für die Mitarbeiter hier am Standort so gut wie möglich ist.“
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