Mannheim. Sorge um Jobs im Mannheimer Unilever-Werk: Nach Angaben des Betriebsrats will der britische Konsumgüterhersteller in seiner Fabrik auf der Rheinau insgesamt 44 von rund 180 Vollzeitstellen streichen – das wäre etwa jeder vierte Arbeitsplatz. Die Belegschaft in Mannheim sei am Dienstag über die Pläne des Managements informiert worden, sagt Hermann Soggeberg, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats bei Unilever Deutschland.
Unilever-Betriebsrat: Mitarbeitende „sauer“ und „enttäuscht“
„Viele Mitarbeitende sind geschockt, aber auch sauer und enttäuscht“, beschreibt Soggeberg die Stimmung bei den Beschäftigten nach der Ankündigung. Unklar sei unter anderem noch, ob die Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut werden können oder ob es betriebsbedingte Kündigungen geben wird. „Letzteres wollen wir als Betriebsrat auf jeden Fall verhindern, wir haben vom Management aber keine Zusage dafür“, so der Konzernbetriebsratsvorsitzende.
Bei Unilever selbst sind am Mittwoch auf Nachfrage nur wenige konkrete Informationen zu den Plänen am Mannheimer Standort zu bekommen. In einem Statement heißt es bei der Pressestelle: „Wir können bestätigen, dass wir strategische Veränderungen im Unilever-Werk Mannheim planen, um die Zukunft des Werks in einem hochdynamischen Marktumfeld zu sichern.“ Das Werk sei „in den vergangenen Jahren mit Volumenverlusten und stark gestiegenen Kosten konfrontiert“ gewesen. „Trotz erfolgreicher Maßnahmen zur Effizienzsteigerung, Automatisierung und Investitionen in nachhaltige Technologien ist eine strukturelle Anpassung unumgänglich geworden“, heißt es weiter. Unilever werde die geplanten Veränderungen „wie üblich, respekt- und verantwortungsvoll begleiten.“
Trend geht zu Flüssigseife - die in Mannheim nicht produziert wird
Unilever produziert am Standort Mannheim Waschstücke der Marke Dove. Sie werden in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt verkauft. Außerdem ist in Mannheim das Verteilzentrum für Körperpflege-, Wasch- und Reinigungsmittel für den kompletten deutschen Markt angesiedelt. Letzteres sei von den Abbauplänen nicht betroffen, so Betriebsratschef Soggeberg. Die angekündigten Maßnahmen gelten demnach nur für die Dove-Fabrik, in der laut Soggeberg gut 180 der insgesamt etwa 240 Beschäftigten am Standort arbeiten. 44 Vollzeitstellen sollen nun hier wegfallen.
Eiscreme-Abspaltung schreitet voran
- Die geplante Ablösung der Eisgeschäfts aus dem Unilever-Konzern kommt voran: Zum 1. Juli wurde die Sparte in eine eigene Gesellschaft, die Magnum Ice Cream Company , überführt.
- Sie ist zunächst eine 100-prozentige Unilever-Tochter, soll aber zum Jahresende an die Börse gebracht werden.
- In der vergangenen Woche wurde für die neue Gesellschaft ein eigener europäischer Betriebsrat gegründet. Zum Vorsitzenden wurde Bastian Martin gewählt, er ist bereits Betriebsratsvorsitzender im Eiscreme-Werk in Heppenheim.
Hintergrund der Pläne ist nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden, dass das Produktionsvolumen am Standort zuletzt sukzessive zurückgegangen sei. Die Gründe dafür seien vielfältig: So habe Unilever zum Beispiel sein Russland-Geschäft eingestellt, ein Markt, der von Mannheim aus bedient worden sei. Außerdem seien in der Vergangenheit, als die Mannheimer Fabrik noch bestens ausgelastet gewesen sei, Produktionsmengen an andere Unilever-Standorte in Asien und Südamerika verlagert worden. Diese Mengen fehlten dem Werk jetzt, insbesondere, weil der Markt für Waschstücke vor allem in Deutschland und Europa inzwischen nicht mehr wachse. „Der Trend geht stark zu Flüssigseifen, und die werden in Mannheim nicht produziert“.
Betriebsrat will Zukunftssicherung für Mannheimer Fabrik durchsetzen
Durch die sinkende Auslastung habe die Wettbewerbsfähigkeit des Mannheimer Werks im Vergleich zu anderen Unilever-Standorten trotz seiner eigentlich hohen Effizienz gelitten, so Soggeberg. Dass es dem Management nicht gelungen sei, zusätzliche Produktionsmengen an den Standort zu holen und es dafür auch in den nächsten Jahren keine Perspektive sehe, sei für die Beschäftigten vor Ort besonders bitter und enttäuschend: „Wir haben in Mannheim eine hochqualifizierte Mannschaft, die in der Vergangenheit eine enorme Flexibilität an den Tag gelegt hat, um die Fabrik auf Effizienz zu trimmen“, so Soggeberg.
In den anstehenden Verhandlungen mit dem Management über einen Interessenausgleich und Sozialplan wollen die Arbeitnehmervertreter Soggeberg zufolge nun auch eine Zukunftssicherung für die Mannheimer Fabrik durchsetzen. „Das Management hat angekündigt, dass der geplante Stellenabbau dazu dienen soll, die Zukunftsfähigkeit der Mannheimer Fabrik zu sichern. Diese Zusicherung wollen wir schriftlich. Wir wollen auf jeden Fall verhindern, dass das erst der Anfang ist und das Werk scheibchenweise verkleinert und irgendwann aufgegeben wird.“
Die Unilever-Konzernspitze in London hatte im Herbst 2023 einen Strategiewechsel verkündet, um das Wachstum anzukurbeln: Demnach will sich das Unternehmen auf die 30 erfolgversprechendsten Marken, die sogenannten Power Brands, fokussieren. Zu den künftigen Kernbereichen zählen unter anderem die Sparten Beauty & Wellbeing und Personal Care, zu denen auch die unter anderem in Mannheim produzierte Marke Dove gehört. Von seiner Eiscremesparte, zu der auch die große Eisfabrik in Heppenheim mit mehr als 500 Beschäftigten zählt, will sich der Konzern unterdessen trennen. Das Geschäft wurde deshalb zum 1. Juli in eine eigenständige Gesellschaft ausgegliedert. Sie soll zum Jahresende an die Börse gebracht werden.
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