Finanzen

Sparkasse Rhein Neckar Nord setzt auf den mobilen Bankschalter

Die Sparkasse Rhein Neckar Nord in Mannheim treibt die Digitalisierung voran. Was sich hinter der "Live-Box"-verbirgt und weshalb der Kunde seinen Geldbeutel zu Hause lassen kann

Von 
Walter Serif
Lesedauer: 

Mannheim. Sparkasse? Das mag für die jungen Leute nach Museum oder ZDF klingen, doch in Wirklichkeit geht natürlich auch diese mit der Zeit. Die Sparkassen-App ist bei der Stiftung Warentest schon mehrfach auf Platz eins gelandet. Und dass viele Kunden inzwischen keine Papier-Überweisungen mehr ausfüllen, dürften auch ihre Kinder und Enkel mitbekommen haben. „Mobiles Banking ist der Trend der Zeit, immer weniger kommen in die Filiale.

Von den rund 150 000 Girokonten haben nur noch 30 000 keine Online-Funktion, vor ein paar Jahren war das Verhältnis umgekehrt“, sagt Stefan Kleiber, Vorstandschef der Sparkasse Rhein Neckar Nord.

Videoschalte mit dem Berater

Auch die Gewohnheit, mit Bargeld zu zahlen, hat sich durch die Pandemie gewandelt. Knapp 13 Millionen Kartenzahlungen verzeichnet die Statistik für 2022, das ist ein Zuwachs um 31 Prozent. Bei den Zahlungen mit Mobilgeräten gab es sogar ein Plus von 114 Prozent - eine Million Mal zückten die Kundinnen und Kunden ihr Smartphone oder die Smartwatch und ließen die physische Karte im Geldbeutel - oder diesen gleich ganz zu Hause.

Mehr zum Thema

Kommentar Sparkassen geben Zinsen nur zögerlich weiter

Veröffentlicht
Kommentar von
Walter Serif
Mehr erfahren

Am Prinzip der Kundennähe hält die Sparkasse fest. Aktuell ist sie an 49 Plätzen der Region mit 29 Filialen und 20 Selbstbedienungsstandorten. Eine neue Filiale gibt es seit November 2022 in Hirschberg, dort wurden mehrere Geschäftsstellen zusammengelegt. „Das ist ein tolles Ding“, schwärmt Thomas Kowalski, der fürs Kundengeschäft zuständig ist. Dass die Filiale recht geräumig ist und sogar draußen ein Geldautomat steht, meint er damit aber nicht. Er freut sich wie ein kleiner Junge über die „Live-Box“ - „einen „besseren Namen haben wir noch nicht“.

Sie soll künftig den klassischen Serviceschalter ersetzen. Betritt ein Kunde die Box, erhält er per Videoschalte Kontakt zu einem Berater der Sparkasse. Kowalski versichert glaubhaft, dass es sich dabei um keinen Avatar handelt. Kann sein, dass dieser Berater am Anfang eher Däumchen drehen muss, aber die Sparkasse will auch in anderen Filialen die „Live-Box“ einsetzen - etwa auf dem Lindenhof im April. „Wir können durch die ,Live-Box’ die Servicezeiten von Montag bis Freitag durchgehend zwischen acht und 18 Uhr ausweiten“, sagt Kowalski und räumt ein, dass es bei den Kunden anfangs Berührungsängste gegeben habe. „Aber es ist nichts anderes als ein Bankschalter. Nur eben digital“

Was Chef Kleiber zur regionalen Wirtschaft sagt

Damit ist die Digitalisierung aber noch nicht beendet. Stichwort elektronische Unterschrift. Da ist die Sparkasse Rhein Neckar Nord - anders als bei der „Live-Box“ - die Vorreiterin in der Gruppe. „Auch dadurch wollen wir unseren Papierverbrauch weiter reduzieren“, sagt Vorstandsvize Helmut Augustin. 2019 betrug der CO2-Ausstoß noch 2000 Tonnen, 2022 waren es zwischen 550 und 600 Tonnen. Wie schon 2021 werden auch diese Emissionen nach Augustins Angaben über Zertifikate ausgeglichen. 2035 soll die Sparkasse dann ganz klimaneutral sein.

Die Kosten für die Zertifikate konnte die Sparkasse natürlich locker stemmen. Kleiber stuft das dritte Corona-Jahr als „zufriedenstellend“ ein. Das Kreditgeschäft lief „wahnsinnig gut“, die regionale Wirtschaft hat sich seiner Einschätzung nach als stabil erwiesen. „Wenn ich durch die Fußgängerzone in Mannheim laufe, sehe ich natürlich, dass einige Geschäft schließen mussten, aber insgesamt läuft es wieder, die Gastronomie ist gut besucht, es hat keine Insolvenzwelle gegeben.“ Dass dieser Eindruck nicht nur subjektiv ist, kann Kleiber auch mit Daten belegen.

Während in anderen Regionen Firmen Überbrückungskredite aufnehmen, ist dieses Phänomen bei den Geschäftskunden der Sparkasse Rhein Neckar Nord kein Thema. „Das Geld geht in die Vorratshaltung, in die Logistik sowie Modernisierung und Renovierung“, sagt Kleiber.

Im Vergleich mit anderen Sparkassen ist auch das Geschäft mit Baukrediten nicht eingebrochen. Mit 198 Millionen Euro lagen die Neukredite für den privaten Wohnungsbau nur leicht unter dem Vorjahreswert (207 Millionen Euro). „Unsere Kundinnen und Kunden sind nach wie vor am Wohneigentum interessiert“, deshalb glaubt Kleiber nicht an einen Einbruch des Geschäfts. Aber: „Die hohen Zinsen setzen den Menschen zu, viele können sich einen Kauf nicht leisten, auch weil die Besitzer noch nicht bereit sind, die Preise zu senken.“

Klassiker „Sparkassenbrief“

Zinsen gibt es bei der Sparkasse auch wieder. Beim Tagesgeld sind es 0,5 Prozent, das ist nicht sonderlich attraktiv. Die Berater locken aber die Kundinnen und Kunden mit einem Klassiker - dem „Sparkassenbrief“. Über 50 Millionen Euro legten diese zwischen August und Dezember 2022 an. Der Zinssatz beträgt je nach Laufzeit zwischen 1,6 und 2,25 Prozent. „Wer in der Geldanlage einen Inflationsausgleich anstrebt, muss aber schon auch in Wertpapiere gehen“, sagt Augustin. Aber das muss man sich natürlich leisten können. Viele Menschen können auch in der Region nichts mehr am Monatsende auf die Seite legen.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen