Rhein-Neckar. Akku leer? Dann einfach das Aufladekabel herausgeholt und rein damit in die Steckdose. So einfach für den Endverbraucher – doch wie kommt der Strom aus den Windparks im Norden Deutschlands hier im Süden an? Dafür laufen in der Region einige Ausbauprojekte. Eine kleine Übersicht über die wichtigsten Vorhaben:
Was sind eigentlich Stromtrassen?
Stromtrassen sind Strecken, auf denen Hochspannungsleitungen verlaufen. Es gibt Freileitungen und Erdkabel-Leitungen. Gleichstromverbindungen werden für lange Strecken verwendet, da diese Art der Übertragung verlustarmer ist, als die Alternative: die Wechselstromverbindungen. Konverterstationen können Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln. In Umspannwerken wird aus den hohen elektrischen Spannungen geringere, bis der Strom schließlich beim Endverbraucher aus der Steckdose kommt.
Die neue Bundesregierung schreibt in ihrem Koalitionsvertrag, die neu zu planenden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze, wo möglich, als Freileitungen umzusetzen. Dadurch soll der Netzausbau effizienter gestaltet werden. Bisher schreibt das Gesetz vor, die Gleichstromtrassen, wo möglich, als Erdkabel zu bauen.
Für die Energiewende sind die Gleichstromverbindungen von entscheidender Bedeutung, da Strom aus erneuerbaren Energien oft weit von den Verbrauchszentren entfernt erzeugt wird, erklärt Matthias Ruchser vom Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW. Außerdem sei der Ausbau für die Versorgungssicherheit und den Stromhandel ins europäische Ausland wichtig, so die Bundesnetzagentur.
Welche Projekte sind gerade in der Region geplant oder im Bau?
Die längste Trasse in der Region ist die Ultranet-Gleichstromverbindung von Osterath in Nordrhein-Westfalen bis nach Philippsburg. Anders als bei den meisten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetzen handelt es sich bei Ultranet um Freileitungen. Nach Angaben der Bundesnetzagentur befinden sich von den insgesamt etwa 342 Kilometern 141 im oder vor dem Planfeststellungsverfahren, 171 Kilometer sind genehmigt beziehungsweise im Bau und 30 Kilometer sind fertiggestellt. Der Abschnitt von Wallstadt bis Philippsburg befindet sich seit dem dritten Quartal 2023 im Bau. Es seien insgesamt bisher 30 von 42 Kilometern fertiggestellt.
Auch zwei weiter Freileitungsprojekte in der Region sind im Planfeststellungsverfahren: einmal die Strecke von Urberach in Hessen über Weinheim und Altlußheim bis zum Karlsruher Stadtteil Daxlanden. Hier ist die Strecke zwischen Weinheim und Daxlanden noch im oder vor dem Planfeststellungs- oder Anzeigeverfahren. Mit dem Projekt wollen Amprion und TransnetBW die Übertragungskapazität zwischen Frankfurt und Karlsruhe von 220 Kilovolt auf 380 Kilovolt erhöhen. Der Trassenkorridor soll dabei hauptsächlich dem Verlauf der bereits bestehenden Stromleitungen folgen.
Die andere Freileitungsstrecke verläuft zwischen Bürstadt und der BASF, die ebenfalls in diesem Stadium steckt. Hier will Amprion die Transportkapazität des Netzes von 220 Kilovolt auf 380 Kilovolt erhöhen.
Und noch ein weiteres Netzausbauprojekt läuft aktuell in der Region. Zwischen Övelgönne in Hamburg und Bürstadt will Amprion eine Trasse neu bauen, in diesem Fall jedoch per Erd- und Seekabel. So sollen Offshore-Windparks in der Nordsee bis in die Region verbunden werden. Auch dieses Projekt steckt aktuell im oder vor dem Planfeststellungsverfahren.
Auf den Leitungen nähe Rheinau und Lampertheim werden außerdem von Amprion neue Kabel aufgelegt, die Masten in nähe Lampertheim ein Stück erhöht.
Zum Netzausbau kommen auch neue Umspannwerke hinzu, wie zum Beispiel das Umspannwerk Mannheim-Ost auf der Gemarkung Heddesheim. Daran zeigt sich auch, dass einige Projekte nicht unumstritten sind. Eine Bürgerinitiative protestiert gegen das Vorhaben und informiert auf der Website www.umspannwerk-nein.de dagegen. Das Projekt bringe für die Gemeinde Heddesheim keinen Mehrwert, sondern nur für die Stadt Mannheim, heißt es da.
Bis wann sollen die Projekte fertiggestellt sein?
Ultranet soll nach Angaben der Bundesnetzagentur 2026 in Betrieb genommen werden. Das Freileitungsprojekt zwischen Uberach und Daxlanden soll nach aktueller Planung 2031 an den Start gehen, das Projekt zwischen Bürstadt und der BASF 2029. Für das große Projekt zwischen Övelgönne und Amprion steht noch kein Termin für die Gesamtinbetriebnahme fest.
Wieso werden die Projekte umgesetzt?
Der Ausbau ist wichtig, um den durch erneuerbare Energien erzeugten Strom in ganz Deutschland zu verteilen, erklärt Anne Frentrup von Amprion. Beispielsweise werde im Norden viel Windenergie produziert, während der Süden mehr auf Solar setze. „Der eingespeiste Strom muss zukünftig über weitere Strecken vom Erzeuger zum Verbraucher transportiert werden“, erklärt Frentrup. Das betont auch Ruchser: Die Projekte seien wichtig, um die Versorgungssicherheit des Stromnetzes in Baden-Württemberg zu gewährleisten. Außerdem können so laut Ruchser große Mengen Strom aus erneuerbaren Energien verlustarm über weite Strecken transportiert werden.
Wer steckt hinter den Projekten? Wer ist für die Instandhaltung verantwortlich?
Auftraggeberin der Projekte ist die Bundesnetzagentur. Im Prinzip stecken zwei Übertragungsnetzbetreiber hinter den Projekten in der Region: TransnetBW und Amprion. TransnetBW betreibt das Strom-Übertragungsnetz in Baden-Württemberg und gehört hauptsächlich zum EnBW-Konzern, aber auch der Bund hat Anteile an der Firma. Amprion ist auch ein Übertragungsnetzbetreiber. Es gehört hauptsächlich der M 31 Beteiligungsgesellschaft, hinter der sich verschiedene Versorgungswerke und Finanzinvestoren verbergen. Aber auch die RWE hält Anteile an Amprion. Für die Instandhaltung sind ebenfalls die Übertragungsnetzbetreiber zuständig.
Wie viel kostet der Ausbau und wer trägt die Kosten?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Die Netzbetreiber schätzen die Kosten regelmäßig im sogenannten Netzentwicklungsplan (NEP). Für den NEP werden verschiedene Szenarien entworfen, wie sich der Stromverbrauch und die Stromerzeugung in Deutschland in den kommenden Jahren entwickeln könnte. Daraus ergibt sich, wo ein Netzausbau möglich oder nötig ist, so Frentrup. Nach Berechnungen im NEP 2037/2045 sei von einem Investitionsvolumen von circa 320 Milliarden Euro bis 2045 für ganz Deutschland auszugehen, erklärt Ruchser.
Aus dem NEP kommen bestimmte Projekte dann ins Bundesbedarfsplangesetz. Das bilde die gesetzliche Grundlage für die Planung der Netzbetreiber, so Frentrup. Die Feinplanung der Projekte laufe dann über einzelne Genehmigungsverfahren. Laut Bundesnetzagentur zahlen die Verbraucher die Kosten über die Netzentgelte, die Teil des Strompreises sind. Die Netzbetreiber legen also die Kosten auf alle Stromverbraucher in Deutschland um.
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