Justiz

Schleuserprozess in Mannheim: Vier Gefängnisstrafen verhängt

Weil sie Arbeiter mit gefälschten ID-Karten aus Ländern wie Usbekistan oder Kasachstan beschäftigt haben, müssen drei Männer nach ihrer elfmonatigen U-Haft im Gefängnis bleiben.

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Vor dem Mannheimer Landgericht ist am Donnerstag das Urteil gefallen. © picture alliance/dpa

Mannheim. Vier Haftstrafen zwischen vier und zwei Jahren – eine davon zur Bewährung ausgesetzt. In dem Prozess wegen Einschleusens illegaler Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern sind am Donnerstagnachmittag am Mannheimer Landgericht die Urteile gefallen. Die drei seit elf Monaten in U-Haft sitzenden angeklagten Männer bleiben im Gefängnis – wegen Fluchtgefahr.

Anders als die Verteidigungsteams geht die Große Wirtschaftsstrafkammer von einer Bande im juristischen Sinne aus – allerdings erst ab Januar 2022. Bei der mündlichen Begründung der einzelnen Strafzumessungen führt die Vorsitzende Richterin Christiane Loos aus: Das Gericht sieht den faktischen Geschäftsführer jener zwei Mannheimer Unternehmen, die Arbeiter mit gefälschten ID-Karten aus Ländern wie Usbekistan, Kasachstan oder Tadschikistan beschäftigt beziehungsweise verliehen haben, als „Kopf“ und „Hauptprofiteur“. Nicht bestätigt habe sich, dass der 39-Jährige seine Leute, die zwar legal einreisten, aber illegal auf Baustellen arbeiteten, wie „ein Sklaventreiber“ behandelte und ausbeutete.

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Schleuserprozess in Mannheim: Verteidiger fordern milde Urteile

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Allerdings offenbarte die Beweisaufnahme, dass bei Krankheit keine Lohnfortzahlung gezahlt wurde und so manche der über einen Vermittler geholten Ausländer schwarz und damit ohne Sozialabgaben eingesetzt wurden. Dass die Wirtschaftsstrafkammer im Gegensatz zu den von der Staatsanwältin geforderten sechs Jahren und acht Monaten lediglich vier Jahre für angemessen hält, begründet Loos mit dem frühen Geständnis und der Bereitschaft zur kooperativen Aufklärung. Neben der Gefängnisstrafe ordnet das Gericht Wertersatz in Höhe von 1,4 Millionen Euro an. In seinem „letzten Wort“ hatte der Hauptangeklagte erklärt, auf ein von der Staatsanwaltschaft bereits beschlagnahmtes Grundstück verzichten zu wollen.

Schon nach einigen Monaten war die einzige Frau unter den vier Angeklagten aus der U-Haft entlassen worden. Der nicht vorbestraften Betriebswirtin, der Beihilfe zur Last gelegt wird, hält das Gericht zugute, dass die freischaffende Lohnbuchhalterin in die Machenschaften „hineingerutscht“ ist und aufgrund ihres Verliebtseins in den Firmenchef verknüpft mit einer emotionalen Verstrickung nicht den Absprung fand. Außerdem sei ihr „Beuteertrag“ gering gewesen. Anders als die drei verurteilten Männer muss die 53-Jährige die verhängte zweijährige Haftstrafe nicht im Gefängnis absitzen – sie wurde auf Bewährung ausgesetzt.

Auch wenn das Gericht bei den aus Algerien stammenden Brüdern, die in der Türkei die gefälschten ID-Karten besorgten, jeweils minder schwere Fälle zugrunde legt, betragen die Strafen drei Jahre und acht Monate. Beziehungsweise glatt drei Jahre für den Jüngeren, der später in das Geschäft eingestiegen ist. Negativ haben sich die stattlichen Vorstrafen ausgewirkt, insbesondere die des älteren Bruders. Ihm wendet sich die Vorsitzende Richterin mit den Worten zu: „Sie sind unbelehrbar!“

Der Anwalt des jüngeren Beschaffers gefälschter ID-Karten hat gegen das Urteil in Namen seines Mandanten Revision angekündigt. Die Staatsanwaltschaft will noch überlegen, ob sie die deutlich milderen Urteile als gefordert akzeptiert oder angreift.

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