Mannheim/Essen. Für den einen oder anderen bei Galeria Karstadt Kaufhof dürfte es sich anfühlen wie ein merkwürdiges Déjà-vu: Wie mehrere Medien, beispielsweise das „Handelsblatt“, am Dienstag mit Verweis auf Verhandlungskreise berichteten, soll der US-Investor Richard Baker die angeschlagene Warenhauskette übernehmen - und damit ein alter Bekannter. Denn Baker hatte Kaufhof vor ein paar Jahren schon einmal gekauft: 2015 übernahm er die Warenhäuser vom Handelskonzern Metro, bevor er sie dann im Jahr 2019, reichlich heruntergewirtschaftet, an René Benkos Signa-Gruppe weiterreichte. Dort lief es bekanntlich nicht viel besser: Die aktuelle Insolvenzrunde ist die dritte innerhalb weniger Jahre.
Schafft es Baker also im zweiten Anlauf, die Warenhauskette in eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft zu führen? Mit an Bord hat er dieses Mal jedenfalls offenbar einen Mann, der nicht nur in Mannheim als Präsident des Fußballclubs SV Waldhof, sondern bei Galeria Karstadt Kaufhof ebenfalls schon gut bekannt ist: Bernd Beetz. Er war vor einigen Jahren eine Weile lang Aufsichtsratschef bei Kaufhof.
SV-Waldhof-Präsident Beetz ließ eine Anfrage über die Beweggründe seines Engagements bei Galeria unbeantwortet
Eine offizielle Bestätigung dafür, dass ein Konsortium um Bakers Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und Unternehmer Beetz den Zuschlag für die Kaufhauskette bekommen hat, gab es am Dienstag nicht. Ein Sprecher von Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus wollte entsprechende Berichte auf Anfrage nicht kommentieren - und verwies auf eine Pressekonferenz von Galeria am Mittwoch. Auch SV-Waldhof-Präsident Beetz ließ eine Anfrage dieser Redaktion über die Beweggründe seines Engagements bei Galeria unbeantwortet.
Durch Bakers eher unglückliche Vorgeschichte bei Kaufhof dürfte die Nachricht bei den Beschäftigten unterdessen erst einmal mit Skepsis aufgenommen werden. Das damalige Engagement des Investors bei der Warenhauskette war darüber hinaus nicht der einzige Ausflug in die deutsche Handelslandschaft, den der US-Investor vorzeitig wieder beendete: Parallel zu seiner Zeit bei Kaufhof versuchte sich Baker mit einem in Nordamerika erfolgreichen Konzept und eröffnete in Deutschland sechs Luxusmarken-Outlets Saks Off 5th - darunter auch eins in Heidelberg. Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt, so dass Mitte 2019 alle Standorte nach nur drei Jahren geschlossen wurden.
„Nicht alles, was zum Beispiel in den USA funktioniert, läuft auch hier in Deutschland gut“, gibt auch Sabine Möller zu bedenken. Sie ist Gewerkschaftssekretärin bei Verdi und im Bezirk Rhein-Neckar für den Fachbereich Handel zuständig. Auf die Berichte zu den neuen Eigentümern bei Galeria Karstadt Kaufhof reagiert sie am Dienstag erst einmal zurückhaltend. „Ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist, hängt sehr stark vom Konzept des künftigen Besitzers ab“, sagt sie. „Versteht er, was ein Warenhaus bieten muss? Wie gut kennt er den deutschen Handel? Das muss man erst einmal sehen.“ Entscheidend ist aus Sicht der Gewerkschaftssekretärin außerdem, dass der künftige Eigentümer die Arbeitsplätze in den Warenhäusern nicht nur erhält, sondern auch neue schafft. „Mit der jetzigen Personaldecke ist es für die Beschäftigten oft nicht möglich, wirklich für die Kunden da zu sein, sie richtig zu beraten und zu bedienen. Das muss sich unbedingt verbessern, damit die Kaufhäuser wieder attraktiver werden“, glaubt Möller. „Ich hoffe, dass ein künftiger Besitzer darauf seinen Fokus legt.“
Ob sich diese Hoffnung erfüllt, bleibt jedoch abzuwarten. Bis die rund 12 800 Beschäftigten des Unternehmens Klarheit über ihre Zukunft haben, dürfte es in jedem Fall noch eine Weile dauern. Denn wie viele der derzeit noch 92 Filialen weitergeführt werden, ist völlig offen. Das gilt auch für die Standorte in der Metropolregion Rhein-Neckar in Mannheim, Heidelberg, Speyer und Viernheim. Entscheidend dafür sind die jetzt anstehenden Verhandlungen mit den Eigentümern über die Miete.
Bernd Beetz
- Der in Mannheim aufgewachsene Bernd Beetz ist bei der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof kein Unbekannter: Während des Zusammenschlusses von Galeria Kaufhof und Karstadt in den Jahren 2018 und 2019 war er Aufsichtsratschef von Kaufhof.
- Der 73-jährige Unternehmer und Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim sammelte über viele Jahre Erfahrung im Luxus- und Konsumgütersegment. Bis 2012 leitete Beetz elf Jahre lang den US-Kosmetikkonzern Coty, der Parfümmarken wie Adidas, Calvin Klein und Joop im Portfolio hat. Zuvor war er beim französischen Luxusunternehmen LVMH für die Marke Christian Dior verantwortlich, davor zwei Jahrzehnte in unterschiedlichen Positionen beim US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble.
- Zudem ist er Unternehmer im Luxus- und Konsumgütersegment. Seit Jahren lebt der fünffache Vater in der Schweiz.
Laut dem „Handelsblatt“-Bericht sind am stärksten die Standorte gefährdet, deren Immobilien noch Signa-Gesellschaften gehören und für die bislang Mieten gezahlt wurden, die deutlich über dem Marktniveau liegen. Das Blatt nennt, neben fünf weiteren Häusern, explizit Heidelberg. Sollte die Filiale in der Hauptstraße tatsächlich schließen müssen, hätte Heidelberg in kurzer Zeit beide Galeria-Standorte verloren. Erst im Januar hatte das Kaufhaus am Bismarckplatz als Konsequenz aus der letzten Galeria-Insolvenz für immer geschlossen.
Nach dieser Bewertung sähe es auch für das Kaufhaus am Mannheimer Paradeplatz nicht gut aus. Dort beträgt die Miete etwa 20 Prozent des Umsatzes - viel zu viel, um auf Dauer wirtschaftlich zu arbeiten. Allerdings ist das operative Geschäft in Mannheim zuletzt recht gut gelaufen. Nach Angaben von Filialgeschäftsführer Niko Rauch hat sich der Umsatz im dritten Jahr in Folge positiv entwickelt. Laut „Handelsblatt“ strebt Galeria-Insolvenzverwalter Denkhaus je nach Filiale eine Umsatzmiete von sieben bis elf Prozent an, bei gut laufenden Filialen dürfe es auch mehr sein.
Wie geht es nun weiter bei der Warenhauskette? Die letzte Entscheidung über eine Übernahme durch einen neuen Eigentümer trifft am Ende die Gläubigerversammlung von Galeria Karstadt Kaufhof. Sie wird am 28. Mai in der Messe Essen zusammenkommen, um dann über den Insolvenzplan abzustimmen. (mit dpa)
Richard Baker
- Neben Bernd Beetz will die US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners des Unternehmers Richard Baker die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. Die auf Einzelhändler ausgerichtete Beteiligungsgesellschaft NRDC wurde 2005 gegründet. Anfangs verkaufte Baker über NRDC Verkaufsflächen an Wal-Mart.
- Der 58-Jährige verfügt über die Mehrheit an den Ketten Hudson Bay Company (HBC) und Saks Fifth Avenue, die in den USA und Kanada zahlreiche Warenhäuser betreiben. NRDC hatte 2008 HBC, das nach eigenen Angaben Nordamerikas ältestes Unternehmen ist, gekauft. 2015 übernahm HBC Galeria Kaufhof und behielt das Unternehmen bis zur Fusion mit Karstadt und der Komplettübernahme durch die Signa-Gruppe 2019. Damals verließ HBC den europäischen Markt wieder.
- Baker hat drei Kinder und setzt sich als Philanthrop für die Förderung psychischer Gesundheit ein.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Einstieg von Waldhof-Mannheim-Präsident Bernd Beetz bei Galeria: Große Zweifel bleiben