Landgericht

Prozess um Pennystocks geht weiter

Debatte über die Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen sowie die Frage nach einer „Interessensverquickung“

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Seit dem 13. Februar findet am Landgericht Mannheim ein langwieriger Wirtschafts-prozess um Pennystocks statt. © Roland Schmellenkamp

Mannheim. Sechseinhalb Monate läuft nun schon am Mannheimer Landgericht der Wirtschaftsprozess um betrügerische Marktmanipulation in Zusammenhang mit kanadischen Billigaktien, sogenannten Pennystocks. Ein Ende der zähflüssig verlaufenden Beweisaufnahme in häufig angespannter Atmosphäre ist nicht in Sicht. Von den drei angeklagten ehemaligen Geschäftspartnern sitzen zwei seit dem letztjährigen Februar in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft geht von satten Millionengewinnen aus, die durch gezielte Einflussnahme auf Aktienkurse, außerdem durch trickreiche Täuschungsmanöver erzielt worden sein sollen. Diese Vorwürfe bestreiten die Finanzakteure – alle drei Mitte bis Ende Dreißig. Allerdings hat der 37-Jährige, der sich auf freiem Fuß befindet, bereits ein Teilgeständnis abgelegt.

Für die Angeklagten, die Gesellschaften für Finanzkommunikation betrieben haben, geht es um viel. Nicht nur strafrechtlich, auch finanziell. Und deshalb versuchen die fünf Rechtsanwälte und eine Kollegin, mit jeweils ihrem persönlichen Mandanten im Blick, die Glaubwürdigkeit von Aussagen zu erschüttern.

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Beispielsweise als am Freitag noch einmal jene Mitarbeiterin der in Frankfurt ansässigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, BaFin, geladen ist, die Strafanzeige erstattet hat. Kaum, dass die Anhörung der mit Rechtsbeistand angereisten BaFin-Ermittlerin beginnt, hagelt es seitens der Verteidigung Anträge, außerdem Rügen, wenn diese abgelehnt werden.

Und so kommt es, dass eine Sitzungsunterbrechung auf die andere folgt – weil die Vierte Große Wirtschaftsstrafkammer Beschlüsse herbeiführen muss. Beispielsweise zur Zulässigkeit von Fragen, die den Berater der Zeugin betreffen. Offenbar hat diesen Beistand die BaFin beauftragt wie bezahlt, was die Anwälte irritiert. Das Gericht befindet hingegen, dass solcherart Interna nicht zur Sache beitragen.

Ein juristischer Schlagabtausch entzündet sich an dem Selbstverständnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Die Verteidigung beanstandet, dass die BaFin mehrere Rollen übernehme – die einer Ermittlungsbehörde und gleichzeitig einer Gutachterbehörde. Darin wittern die Anwälte eine „Interessensverquickung“. Der Ton ist harsch an diesem mit Unterbrechungen gespickten Sitzungstag. „Bei allem Respekt, was eine Verteidigung ausmacht“, moniert der Staatsanwalt, dürfe „kein solches Theater “ mit Fragen inszeniert werden, die „bis in die Unendlichkeit“ diskutiert werden könnten. Die Vorsitzende Richterin spricht von „Prozessverschleppung“, ein Anwalt kontert, „vier, fünf kritische Fragen könnten ja wohl keinen Prozess verschleppen“. Bei der Befragung der Zeugin will die Verteidigung „den Klüngel innerhalb der BaFin“ offen legen. Immer wieder geht es darum, welche der internen Ermittlungsergebnisse an welche anderen Behörden weitergegeben wurden.

Großteil mit Hypothek belegt

Jene zwei Anwälte, die jeweils eine der Finanzgesellschaften der Angeklagten mit Sitz in Heidelberg und Walldorf vertreten, halten sich weitgehend zurück. Aber auch bei den sogenannten Einziehungsbeteiligten steht viel auf dem Spiel. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung können Firmengewinne, die Marktmanipulationen überhaupt erst ermöglichten, abgeschöpft werden. Ohnehin ist ein Großteil von Vermögenswerten bereits mit Sicherungshypotheken belegt worden.

Freie Autorin

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