Justiz

Millionenbetrug mit Corona-Teststation? Nächster Prozess in Mannheim startet

Am Mannheimer Landgericht startet ein weiterer Prozess um möglichen Abrechnungsbetrug während der Pandemie. Schon mehrfach beschäftigten "Potemkinsche Dörfer" die Justiz

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Das Bundeskriminalamt schätzt, dass mit manipulierten Testzentren während Corona 1,2 Milliarden Euro zu Unrecht abgerechnet wurden. © Moritz Frankenberg/dpa

Mannheim. Die Corona-Pandemie liegt hinter uns. Im März 2023 endete die Maskenpflicht. Juristisch ist der kollektive Ausnahmezustand aber keineswegs abgeschlossen. Nach Schätzungen des Bundeskriminalamtes sind mit manipulierten Virus-Analysen zu Unrecht 1,2 Milliarden Euro kassiert worden. An vielen Gerichten sind bis heute Betrugsverfahren in Zusammenhang mit Testzentren anhängig. Ein solcher Prozess beginnt an diesem Mittwoch auch am Mannheimer Landgericht.

Einem Mann, der bereits in Untersuchungshaft sitzt, wird zur Last gelegt, vom Juni 2021 bis März 2022 an sieben Standorten in Baden-Württemberg, darunter auch Mannheim, Covid-Teststationen betrieben und darüber sogenannte Bürgertests abrechnet zu haben, die es in dem geltend gemachten Umfang gar nicht gab. Die angeklagten Leistungen, von denen ein Großteil erschlichen sein soll, sind happig: Laut Staatsanwaltschaft hat der Mittdreißiger insgesamt 1,69 Millionen Euro abgerechnet und auch überwiesen bekommen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) muss wohl Verdacht geschöpft haben - jedenfalls ist im Februar 2022 der Abrechnungsbetrag von mehr als einer halben Million Euro gesperrt worden. Eine große Wirtschaftsstrafkammer hat 13 Verhandlungstage bis weit in den Dezember terminiert - was für eine aufwendige Beweisaufnahme spricht.

Nicht wenige Betrüger konnten vor ihrer Verhaftung abtauchen

Es ist am Mannheimer Landgericht nicht der erste Prozess rund um Abrechnungsbetrügereien bei Corona-Bürgertests, die ein umfangreiches Ausleuchten der Vorwürfe erfordern. In jenem Verfahren, das besondere Aufmerksamkeit auf sich zog, weil ein ehemaliger Mannheimer Fasnachtsprinz auf der Anklagebank saß und der überraschend verstorbene Kompagnon ein bekannter Apotheker war, sind 80 Zeugen befragt worden. „Sie haben sich in einer gesellschaftlichen Notsituation als Kriegsgewinnler bereichert“, erklärte der Vorsitzende Richter, als er bei der Urteilsverkündung die verhängte fünfjährige Haftstrafe begründete.

Dass nicht wenige Betrüger, die mit fiktiven Corona-Schnelltests samt angeblicher Sachkosten enorm Kasse gemacht hatten, vor ihrer Verhaftung abzutauchen vermochten, sollte sich in so manchen Prozessen offenbaren, auch am Mannheimer Landgericht. Beispielsweise saß ein Mann aus Ludwigshafen allein auf der Anklagebank, weil vier der Beschuldigten einer fünfköpfigen Gruppe Deutschland verlassen hatten. Allerdings wurden zwei der Kumpels in Ägypten aufgespürt, dort festgenommen und nach Deutschland geflogen. In ihrem Prozess stellte sich das Mannheimer Corona-Testzentrum „Impuls“ als „Potemkinsches Dorf“ heraus, wie es der Kammervorsitzende formulierte. Alle drei wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt - von bis zu sechs Jahren.

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So unterschiedlich sich die bislang am Mannheimer Landgericht verhandelten Tricksereien rund um Abrechnungen von Virus-Analysen auch erwiesen, unisono galt: Angeklagte hatten das aufgrund der Pandemie zunächst unbürokratische Anmeldesystem für Bürgerteststationen dreist ausgenutzt. Aufgeflogen waren die Manipulationen samt gefälschten Urkunden für angeblich geschultes Personal erst, als die KV „vertiefte Kontrollen“ einführte.

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