Mannheim. Erst die Corona-Pandemie, dann der Russland-Ukraine-Krieg mit all seinen Folgen wie Energiekrise und steigenden Preisen – die Sorgen bei den Verantwortlichen der Stadt und des Einzelhandels waren groß. Wie und in welchem Ausmaß könnten die schwierigen Rahmenbedingungen Auswirkungen auf die Mannheimer Innenstadt und ihre Attraktivität haben? Wie die am Montag vorgestellten Ergebnisse der Passantenbefragung „Vitale Innenstädte“ zeigen, waren die Sorgen unbegründet.
Zumindest nach der Bewertung derjenigen, die in die Innenstadt gekommen sind und an der Passantenbefragung teilgenommen haben, ist die Mannheimer Innenstadt attraktiv – um nicht zu sagen: so attraktiv wie noch nie in den zehn Jahren, seitdem die Erhebung durchgeführt wird. Mit der Note 2,2 wird die Gesamtattraktivität bewertet, wobei auch die bislang schlechtesten Werte – 2014 und 2016 mit 2,7 – nie wirklich schlecht waren.
Neben der weltpolitischen Lage beeinflussen viele innerstädtische Angelegenheiten wie der Verkehrsversuch, Baustellen und Umleitungen die Erreichbarkeit der City – sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene. „Gerade nach der massiven Kritik in der Innenstadt ist es fast überraschend, dass der Wert nicht nur nicht schlechter geworden ist, sondern sogar gesteigert wurde“, resümierte der Vorsitzende der Werbegemeinschaft City, Lutz Pauels.
Zufrieden mit Einkaufsangebot
Was hat nun dafür gesorgt, dass die Attraktivität der City im Vergleich zum letzten Mal noch einmal zugelegt hat? Darauf kann bei der Pressekonferenz am Montag niemand eine Antwort geben. „Das ist Spekulation“, erklärte Wirtschaftsbürgermeister Michael Grötsch. Interessant bei der Gesamtbewertung ist, dass viel mehr Befragte die Note „sehr gut“ (27,1 Prozent) gaben als beim letzten Mal (10,3 Prozent).
Fast zwei Drittel besuchen die Innenstadt täglich oder wöchentlich. „Wer kommt, besucht relativ viele Geschäfte und hält sich entsprechend lange auf“, erklärte Nicolaus Sondermann, Senior Projektmanager beim IFH. Etwa die Hälfte der befragten Besucher bleibt länger als zwei Stunden. Das überrascht insofern nicht, wenn man auf die Anlässe blickt, warum die Menschen in die Innenstadt kommen: Mehr als zwei Drittel kommen zum Bummeln und Einkaufen, fast die Hälfte wegen der Gastronomie. Besonders an Samstagen verbinden viele Gäste beides. Das Durchschnittsalter der Besucher liegt bei 41,6 Jahren.
Das Einzelhandelsangebot bekommt insgesamt die Note 2,1, in fast allen Warengruppen wird das Angebot eher positiv bewertet. 82 Prozent sind mit den Einkaufsmöglichkeiten in der City eher oder sehr zufrieden, wobei es bei den sehr Zufriedenen einen Anstieg von mehr als zehn Prozentpunkten gibt. Nur 2,3 Prozent waren unzufrieden.
Eine Benchmark, also einen Spitzenwert, erreicht Mannheim in keiner Kategorie innerhalb der Ortsgröße, zu der auch Aachen, Bielefeld, Bonn, Braunschweig, Chemnitz, Erfurt, Freiburg, Karlsruhe, Kassel, Krefeld, Lübeck, Mönchengladbach, Rostock und Wuppertal gehören. Beim Angebot an Gastronomie, Freizeit- und Kultur, Veranstaltungen und Einzelhandel liegt Mannheim jedoch über dem Durchschnitt aus all den genannten Städten.
Stadt hat Sauberkeitsoffensive gestartet
Was Fußgänger-, Fahrrad- und Autofreundlichkeit sowie Parkmöglichkeiten angeht, schneidet Mannheim innerhalb der Ortsgröße unterdurchschnittlich ab. Gleiches gilt für Sicherheit, Grünflächen und Sauberkeit – ein Dauerthema in Mannheim. Hier sieht Sondermann trotzdem „keinen Grund zur Panik“. Die Bewertung hänge stark von der persönlichen Wahrnehmung ab. Großen Nachholbedarf sehen die Befragten bei Orten zum Verweilen und Freunde treffen.
„Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht“, sagte IHK-Präsident Manfred Schnabel. „Dass die Erreichbarkeit der Innenstadt mit allen Verkehrsarten entweder unter dem Durchschnitt oder gerade so als durchschnittlich bewertet wird, gibt indes Anlass zur Sorge.“ Mannheim sei auf Besucher aus dem Umland angewiesen, die sehr häufig mit dem eigenen Fahrzeug kämen.
Sowohl Stadt als auch Handel wollen bei den kritisierten Punkten ansetzen. Die Stadt hat eine Sauberkeitsoffensive gestartet, die Streifen des Ordnungsdienstes werden ausgeweitet, und einen Schub erhofft man sich durch die Bundesgartenschau. „Es muss ein Ziel sein, dass man beim nächsten Mal unter die Note zwei kommt. Ich glaube, da haben wir ganz gute Chancen“, sagte Pauels. Schnabel forderte: „Wir müssen die Innenstadtwirtschaft stärken, indem die Rahmenbedingungen für die Unternehmen deutlich verbessert werden, insbesondere bei der Erreichbarkeit.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Innenstadt-Befragung: Eine wichtige Gruppe fehlt