Mannheim. Philipp Burkhardt ist begeistert von seinem Beruf. Seit 2021 führt er zusammen mit seinem Vater Peter die Metzgerei Burkhardt auf dem Waldhof, die einst sein Großvater gegründet hatte. Der 31-Jährige macht nach dem Abitur eine Ausbildung zum Metzger, danach sattelt er noch den „Betriebswirt des Handwerks“ und den „Food Store Manager“ drauf. „Ich war damals der einzige von 150 Schülern in meiner Jahrgangsstufe, der sich für eine handwerkliche Ausbildung entschieden hat“, erzählt er.
Eigentlich wollte er selbst auch erst studieren, doch die Liebe zum Fleischerhandwerk war größer. „Das macht einfach Spaß, vor allem kann man sehr kreativ sein.“ So experimentiert der Junior viel, zuletzt hat er an einer Walnusssalami getüftelt, die er im Urlaub gegessen hatte. Seine Experimentierfreude und sein handwerkliches Können haben ihm bereits etliche Preise eingebracht, so wurde er unter anderem fünf Mal hintereinander in Frankreich zum Deutschen Weißwurst-Meister gekrönt. Trotz bayerischer Konkurrenz.
Weniger Fleischkonsum
- Laut Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald liegt die Anzahl an Betrieben, die Fleischer als Hauptberuf haben, aktuell bei 35. Vor zehn Jahren waren es 38, vor 15 Jahren 52.
- Auszubildende zum Fleischer oder zur Fleischerin gibt es nur wenige. 2018 waren es mit zehn vergleichsweise viele, ansonsten schwankt die Zahl zwischen zwei und sechs Auszubildenden.
- Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland sinkt seit Jahren. 2022 lag er nach den Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums bei 52 Kilogramm. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 61 Kilogramm. sba
Dass der Beruf anstrengend ist, er schon morgens um fünf Uhr mit seinem Vater in der Wurstküche steht, schreckt ihn nicht ab. Im Gegenteil. „Für mich ist das normal, ich bin in den Beruf hineingeboren worden.“ Auch im Verkauf ist er gerne und bewusst. „Ich finde es wichtig, seine Kundinnen und Kunden zu kennen und eine Beziehung aufzubauen.“
An Kundschaft mangelt es also nicht. Wer Mannheims Metzger anruft und fragt, wie das Geschäft läuft, bekommt als Antwort: gut, sehr gut. „Die Stammkundschaft weiß uns zu schätzen, das macht mich stolz“, sagt beispielsweise Werner Päuser. Die Metzgerei auf der Rheinau haben seine Eltern aufgebaut, 1980 hat Werner Päuser seine Ausbildung begonnen, bereits mit 19 Jahren macht er seinen Meister. Auch Patrick Friedel betont: „Über einen Mangel an Kundschaft kann ich nicht klagen.“ Der 44-Jährige hat erst vor vier Jahren den elterlichen Betrieb in Seckenheim übernommen, er hatte zunächst Lebensmitteltechnologie studiert und war in der Lebensmittelindustrie tätig.
Verkaufspersonal fehlt
„Wir brauchen nicht die Totenklage über das Handwerk zu singen“, findet Horst Trautmann, der in Feudenheim seine Metzgerei betreibt. Auch er hat das Geschäft von seinen Eltern übernommen, und nun steht sein 21-jähriger Sohn Jan in den Startlöchern für die Nachfolge. Er absolviert gerade eine Ausbildung zum Metzger in Karlsruhe.
Trotzdem drückt der Schuh, und das an gleich mehreren Stellen. „Die Bürokratie, es wird immer mehr, eigentlich müsste man jemanden haben, der nur den Papierkram erledigt“, seufzt Horst Trautmann. Dann das Personal. Oder vielmehr das fehlende Personal. Fachverkäuferinnen werden händeringend gesucht. Auf Anzeigen meldet sich allerdings: niemand.
Für Uwe Schlenker aus Sandhofen war das Anfang des Jahres der Grund, seine Metzgerei zu schließen. „Das hatte keine wirtschaftlichen Gründe, die letzten drei, vier Jahre waren mit die besten“, erklärt der 60-Jährige. Doch am Ende fehlten acht Verkäuferinnen. „Die Kundschaft hatte Tränen in den Augen, als sie erfahren hat, dass wir zumachen und nur noch der Partyservice ein paar Jahre weiterläuft“, sagt Uwe Schlenker.
Neben der Bürokratie und den Personalnöten sind es steigende Kosten, die das Handwerk belasten. „Wir haben unsere Preise um zehn Prozent angehoben, das ist noch human und deckt längst nicht alle Preiserhöhungen ab“, sagt Markus Fehrenbacher (38), der zusammen mit seinem Bruder Stefan (44) die zwei Filialen der Fehrenbacher-Metzgerei in Feudenheim und auf dem Lindenhof betreibt. Zu den Kostenfaktoren zählen in erster Linie die Strompreise, aber auch die Wurstdosen, da habe es einen Preisaufschlag von 120 Prozent gegeben, bei den Papiertüten seien es zuletzt 90 Prozent gewesen.
Einer Herausforderung, der sich die Metzgerläden schon länger stellen, ist die der Konkurrenz durch Discounter. Die Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald appelliert deshalb an die Verbraucher, lieber mehr für Fleisch und Wurst zu bezahlen und dafür weniger zu konsumieren. „Das, was man dem Körper zuführt, sollte Qualität haben, und das ist das, was die Metzgereien produzieren“, sagt Rolf Koch, Leiter des Geschäftsbereichs Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer.
Nur noch drei Azubis
„Keine Massentierhaltung, keine Skandale, keine Ausbeutung“, versprechen Philipp Burkhardt und sein Vater. Sie bekommen ihr Fleisch von bäuerlichen Familienbetrieben aus dem Odenwald und dem Hohenlohischen. Fehrenbacher setzt auf Fairfleisch in Radolfzell. „Die Tiere werden artgerecht gehalten, kein Antibiotikum im Futter, keine Massentierhaltung in engen Ställen“, betont Markus Fehrenbacher.
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Mit den Fehrenbacher-Brüdern, Philipp Burkhardt, Patrick Friedel und vielleicht bald Jan Trautmann gibt es eine Riege junger Metzger in der Stadt. „Die Läden laufen gut, doch was kommt danach?“, bangt Rüdiger Pyck um den Nachwuchs. Er führt die Fleischer-Innung Rhein-Neckar als Obermeister an und sieht die Attraktivität des Berufs schwinden. In diesem Jahr zählt die Statistik der Handwerkskammer gerade drei Metzgerlehrlinge. Die Konsequenz: Die Berufsschulen in Mannheim und Sinsheim wurden vor zwei beziehungsweise einem Jahr geschlossen, wie Pyck erzählt. Jetzt ist die Gewerbeschule Karlsruhe-Durlach für Mannheim zuständig. „Die Fahrerei kann mit ein Grund sein, dass sich junge Leute dann für andere Berufe entscheiden.“
Am Ende geht’s sowieso nicht ohne Leidenschaft. Auf die Frage, wo er seine Zukunft sieht, erklärt Markus Fehrenbacher: „Wo? Na hier, in der Wurstküche!“
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