Wettbewerbsfähigkeit

IHK Rhein-Neckar fordert Politik zum Handeln auf

Hohe Energiekosten, steigende Steuerbelastung und immer mehr Regulierung: Viele Unternehmen auch aus der Region kritisieren die Standortbedingungen in Deutschland. Die IHK meint: So kann es nicht bleiben

Von 
Christian Schall
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Die IHK sieht die Wirtschaft in der Region und in Deutschland insgesamt im Nachteil gegenüber anderen Ländern. © Bernhard Zinke

Mannheim. Hohe Energiekosten, steigende Steuerbelastung, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und immer mehr Regulierung: Viele Unternehmen auch aus der Region kritisieren die Standortbedingungen in Deutschland. Aus Sicht der IHK Rhein-Neckar und ihres Präsidenten Manfred Schnabel erlebt das Land in den vergangenen Jahren einen deutlichen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, der sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine beschleunigt habe. „Wir brauchen dringend eine ,Wirtschaftspolitische Agenda 2030‘“, fordert Schnabel. „Wir müssen an die strukturellen Probleme ran.“

Im Standortranking des Mannheimer ZEW sei Deutschland 2006 noch auf Rang neun von 21 Ländern gewesen. Im vergangenen Jahr stand Platz 18. Besonders schwach seien die Werte bei Steuern, Regulierung, Energie und Arbeitskosten. Diese betrugen 2022 pro Arbeitsstunde 39,50 Euro - die siebthöchsten Arbeitskosten in der EU. Der Durchschnitt liegt bei 30,50 Euro.

„Schleichender Abstieg“

Nicht viel besser schneide Deutschland im Standortranking des International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne ab. Hier rutschte das Land zuletzt innerhalb eines Jahres sieben Plätze auf Rang 22 ab. Die langfristige Entwicklung ist Auslöser für Schnabels Forderung nach der Agenda. 1999 wurde Deutschland, auf Platz 13 liegend, vom Wirtschaftsmagazin „Economist“ als „Kranker Mann Europas“ bezeichnet.

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Daraus habe die Politik die richtigen Konsequenzen gezogen. „Durch mutige Reformen und die Tatkraft der Unternehmen hat dieses Land Wettbewerbsfähigkeit wiedergewonnen und einen langen Aufschwung erlebt, der uns resilient für die Krisen in den 2000er Jahren gemacht hat“, sagt Schnabel. Einen solchen Aufbruch brauche man jetzt wieder. Seit 2014 berichteten Unternehmen von einem „schleichenden Abstieg“. Eine Folge der Entwicklung: „Die großen Unternehmen verlagern, die mittleren verkaufen und die kleinen schließen“, sagt der IHK-Präsident. Als Beispiel nennt er die Verlagerung einer Ammoniaklinie bei der BASF ins Ausland.

Die Agenda, die Schnabel am Mittwochabend auch beim IHK-Sommerfest in Ladenburg mit rund 700 Gästen thematisiert hat, empfiehlt der Politik, die Komplexität von Wirtschaft zu verstehen und zu berücksichtigen. „Alles hängt mit allem zusammen und ist so gesehen systemrelevant“, so Schnabel. Als Beispiel nennt er Handel, Gastronomie und Dienstleistungen in Innenstädten. Politische Eingriffe, die das nicht berücksichtigten, richteten massiv und dauerhaft Schaden an.

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Wichtig sei, dass der Staat seinen „ureigensten Aufgaben“ wie Infrastruktur, Bildung oder digitale Verwaltung nachkomme. Hier liege „vieles im Argen, das die Politik nicht anfasst“. Viele Firmen ächzten unter einer überbordenden Regulatorik. Als Beispiel nennt er das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das viel Aufwand bedeute und in zwei Jahren durch ein EU-Gesetz obsolet werde. Die Regulatorik müsse zwischen den föderalen Ebenen in Deutschland und international abgestimmt sein. Gegen den Fachkräftemangel brauche es mehr als Zuwanderung. Deutschland habe im OECD-Vergleich die geringste durchschnittliche Jahresarbeitszeit. „Mehr Minijobber müssen in Teilzeit, mehr Teilzeitkräfte vollzeitnah arbeiten.“

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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