Versicherungen

Gutes Jahr für die Mannheimer Inter

Das Management der Mannheimer Versicherungsgruppe Inter über das Geschäftsjahr 2022, den Wechsel an der Spitze - und was es von Versicherungs-Start-ups hält

Von 
Alexander Jungert
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Mannheim. Bei Roberto Svenda und seinen beiden Kollegen Sven Koryciorz und Michael Schillinger liegt seit Anfang Juni noch mehr auf dem Schreibtisch. Denn nach dem überraschenden Abschied von Vorstandssprecher Michael Solf bei der Mannheimer Inter-Versicherungsgruppe haben sich die drei Manager dessen Aufgaben aufgeteilt.

Warum Solf freigestellt worden ist - dazu gibt es auch beim Jahresgespräch der Inter keine offiziellen Angaben. Das sei ein Thema des Aufsichtsrats, sagt Svenda und hebt hervor: „Die Trennung erfolgte in bestem Einvernehmen. Das ist ein völlig normaler Prozess.“ Nach Informationen dieser Redaktion soll es zwischen Solf, der seit Anfang 2019 an der Spitze der Inter war, und den Aufsichtsräten „nicht mehr gepasst“ haben. Der Vorstand besteht künftig aus drei statt aus vier Mitgliedern. „Wir haben das früher auch schon zu dritt gemacht“, erklärt Svenda.

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Zur Inter-Gruppe gehören die Sparten Krankenversicherung, Lebensversicherung und Allgemeine Versicherung. Die Beschäftigtenzahl am Mannheimer Stammsitz in der Oststadt ist 2022 unter die Marke von 1000 gefallen, was der Vorstand mit natürlicher Dynamik und Fluktuation erklärt. Deutlich mehr als 70 Prozent der Beschäftigten arbeiten mobil. Nach einer Betriebsvereinbarung müssen sie lediglich einen Tag pro Woche vor Ort sein. Ein Gebäude der Inter ist nahezu komplett vermietet, weil die Flächen nicht mehr gebraucht werden.

Die Inter Versicherungsgruppe beschreibt das vergangene Geschäftsjahr 2022 als gut. Der Jahresüberschuss ist mit knapp 25 Millionen Euro besser ausgefallen als gedacht, auch die gebuchten Bruttobeiträge erhöhten sich (siehe Tabelle). Dieser Zuwachs kommt sowohl aus dem Kompositgeschäft (Schaden- und Unfallversicherung) als auch von der Sparte Krankenversicherung.

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Das bereits seit vielen Jahren über dem Branchenschnitt liegende Kapitalanlageergebnis entwickelte sich erneut positiv und lag mit 340 Millionen Euro um 48,4 Millionen Euro deutlich über den Erwartungen. Das Management führt das auf die „alternativen Anlagen“ zurück. „Sie sind die Renditetreiber“, sagt Sven Koryciorz. Darunter fallen Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen (Private Equity), nicht-notierte Unternehmensdarlehen (Private Debt) sowie Immobilien-Fonds. Der Anteil alternativer Anlagen variiert je nach Sparte; in der Spitze machen sie bis zu 30 Prozent aus. Den größten Anteil haben klassische Zinsträger wie Anleihen mit langen Fälligkeiten.

Lange Bearbeitungszeiten

Die Inter Krankenversicherung hat im Geschäftsjahr 2022 erneut ein „sehr gutes Ergebnis“ erwirtschaftet, an dem die Versicherungsnehmer im Zuge der Überschussbeteiligung prozentual weit stärker profitierten als in den vergangenen Jahren. Im vergangenen Winter sorgte die private Krankenversicherung allerdings für Ärger bei Kundinnen und Kunden. Einige berichteten von „unglaublich langen Bearbeitungszeiten“ bei Erstattungen.

Hinter den Kulissen war wohl einiges zusammengekommen: Der allgemein hohe Krankenstand in der Bevölkerung erhöhte die Anzahl der Einreichungen - gleichzeitig waren viele Beschäftigte der Inter krank, die die Formulare eigentlich bearbeiten sollten. Fachkräfte waren auf dem Arbeitsmarkt schwer zu bekommen. Auch mit der Digitalisierung schien es nicht 100-prozentig zu laufen. Die Inter verschickte Hunderte Entschuldigungsbriefe.

Tatsächlich ist die Versicherungsgruppe bis heute dabei, den Bearbeitungsstau zu beseitigen. Laut Svenda will man im Herbst ein „Standardmaß“ erreicht haben. „Die Kundenbeschwerden sind deutlich zurückgegangen.“ Weil Personal nach wie vor schwer zu finden sei, habe man sich zusätzliche Kräfte bei Dienstleistern eingekauft.

Dass in den vergangenen Jahren immer mehr Versicherungs-Start-ups auf den Markt gekommen sind, bereitet dem Inter-Management keine schlaflosen Nächte. „Es sind durchaus interessante Ansätze dabei“, sagt Svenda. Aber wirkliche Konkurrenz sei das keine, zumal Kunden vor allem bei der Krankenversicherung auf Unternehmen setzten, die schon lange auf dem Markt seien und auch entsprechende Beratung anbieten könnten. Aus seiner Sicht leiden Start-ups unter strengen Regularien der Banken- und Versicherungsbranche, die zudem ausländische Investoren abschrecken.

Für 2023 erwartet der neue Vorstandssprecher eine Ergebnisentwicklung auf Vorjahresniveau. Die Umstellung der IT-Landschaft - die Inter hat über die vergangenen Jahre einen zweistelligen Millionenbetrag investiert - soll bis 2025 abgeschlossen sein.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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