Einzelhandel

Galeria Viernheim: Warum Betriebsrat und Gewerkschaft ein Jobangebot an die Mitarbeiter kritisieren

Für die Galeria-Filialen in Viernheim und am Heidelberger Bismarckplatz ist das Aus beschlossen. Nur wenige Mitarbeiter können auf einen Verblieb im Konzern hoffen. Oder rettet noch eine andere Handelskette die Standorte?

Von 
Christian Schall
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Bei einer Protestaktion vor knapp drei Wochen haben die Beschäftigen von Galeria in Viernheim gegen die Schließung protestiert. © Bernhard Kreutzer

Viernheim/Heidelberg. Für zwei Filialen des Kaufhauskonzerns Galeria in der Region ist das Aus zum 31. Januar 2024 beschlossen. Trotzdem hoffen die Beschäftigten im Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum und am Bismarckplatz in Heidelberg, dass es an den Standorten vielleicht doch noch weitergeht. Wie realistisch die Chancen dafür sind, ist schwer zu sagen. Denn gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - so ist es aus dem Betriebsrat zu hören - ist nie begründet worden, warum die Filialen auf der Streichliste stehen.

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Sollte es eine zu hohe Miete sein, ließe sich zumindest in Viernheim eventuell noch etwas erreichen. Wie berichtet, gehört die dortige Ladenfläche der Immobilien-Investmentgesellschaft Redevco von Familie Brenninkmeyer, die vor allem durch die von ihren Vorfahren gegründete Modekette C&A bekannt ist und zu den reichsten Familien Europas gehören soll. Sofern die Besitzer nicht schon eine Lösung für die Nachfolge haben, würden nach der Räumung durch Galeria ab Februar etwa 11 000 Quadratmeter Fläche leerstehen und entsprechende Mieteinnahmen ausbleiben. Das Heidelberger Kaufhaus am Bismarckplatz ist dagegen Eigentum der österreichischen Signa-Gruppe, der auch die Kaufhauskette gehört. Dass die Immobilie zum Verkauf angeboten wird, deutet darauf hin, dass das Unternehmen andere Pläne hat.

Greift die Kette aachener zu?

Möglicherweise greift in Heidelberg und Viernheim ein anderes Unternehmen zu, das schon fünf Galeria-Häuser in Coburg, Cottbus, Nürnberg, Frankfurt und Leverkusen vor der Schließung bewahrt: das Modehaus aachener, das bundesweit Bekleidungshäuser betreibt und hinter dem die TEH Textilhandel GmbH aus Dortmund steht. Doch zu einzelnen Standorten könne man sich zurzeit nicht äußern, erklärte Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Göbel auf Anfrage. Bis Ende des Monats solle das Filialportfolio bekannt sein. „Dort, wo wir Nachmieter von Galeria werden, erhalten alle aktuellen Mitarbeiter des Standorts ein Angebot, für aachener tätig zu werden“, so Göbel.

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Ihrem Schicksal ergeben wollen sich die Galeria-Mitarbeiter jedenfalls nicht. „Sicher ist nur, dass die Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze kämpfen werden“, sagt Horst Gobrecht. Der für den Handel bei Verdi Südhessen zuständige Gewerkschaftssekretär hat die Viernheimer Belegschaft als „eine der kämpferischsten in Hessen“ kennengelernt. Das habe sich in der Vergangenheit stets bei Tarifauseinandersetzungen gezeigt. Auch derzeit geht es laut Verdi im Konzern um Tarifverhandlungen, die von Protesten begleitet werden. Doch im Vordergrund steht der Erhalt der Arbeitsplätze.

Laut Verdi gibt es in Viernheim Kündigungsbegehren gegen mehr als 90 Beschäftigte. Fast alle sollen ihren Arbeitsplatz verlieren, nur wenigen sei eine Versetzung in eine andere Filiale in Aussicht gestellt worden. „Pflichtmäßig hat man den Kollegen Jobs angeboten“, erzählt Betriebsratschefin Kerstin Kujau. „Das macht das Unternehmen, weil es dazu verpflichtet ist. Doch die wenigsten sind dazu bereit.“

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Wie sie und Gobrecht berichten, sei einer Mitarbeiterin, die in Viernheim wohnt, eine Stelle bei Galeria in Saarbrücken angeboten worden, also etwa 130 Kilometer vom Wohnort entfernt. „Wer so etwas macht, hat entweder keine Ahnung, was im Einzelhandel bezahlt wird, oder macht es nur zum Schein“, kritisiert Gobrecht. Das Angebot sei nicht nur unzumutbar, der Gewerkschaftssekretär fürchtet auch „Kettenreaktionen“ - wenn nämlich an Standorten, die fortgeführt werden sollen, Mitarbeiter ihren Job verlieren, weil sie noch nicht so lange dem Unternehmen angehören wie die Kollegen, die dorthin versetzt werden.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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