Viernheim. Bürgermeister Matthias Baaß, die Betriebsratsvorsitzende von Karstadt Viernheim, Kerstin Kujau, und der Verdi-Gewerkschaftssekretär für Südhessen, Horst Gobrecht, hatten zu einer Versammlung ins Bürgerhaus eingeladen, um über den Stand der geplanten Schließung der Galeria-Filiale im Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) zu informieren. Außerdem wurde über weitere Aktivitäten gesprochen. Alle drei zeigten sich bei ihren Ausführungen beeindruckt von der überwältigenden Resonanz an diesem Termin. Mit über 250 Anwesenden war der große Saal des Bürgerhauses sehr gut gefüllt.
Auch zahlreiche Viernheimer Kommunalpolitiker waren ins Bürgerhaus gekommen, um so ihre Solidarität mit den Beschäftigten auszudrücken. CDU-Stadtverordneter Volker Ergler und Daniel Schäfer von der SPD-Fraktion ermutigten die Betroffenen, ihre Anliegen weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen. Es sei schon außergewöhnlich, dass das Personal trotz der drohenden Schließung Tag für Tag freundlich und kompetent seiner Arbeit nachgehe.
Matthias Baaß ließ zu Beginn seine bisherigen Aktivitäten Revue passieren. „Ich habe schon mehrfach Briefe an das Unternehmen geschrieben und warte bis heute auf Antworten. Das ist einfach kein Umgang miteinander. Die Beschäftigten haben durch Verzicht ihren Beitrag geleistet, um Karstadt zu retten, das Ergebnis ist bekannt“, so das Stadtoberhaupt.
Mit dem Vermieter, dem international agierenden Immobilieninvestor Redevco, dem auch das C&A-Haus im RNZ gehört, hat Baaß ebenfalls Kontakt aufgenommen. „Von dort wurde mir geschrieben, dass man mittlerweile schon drei Angebote für eine Verlängerung des Mietvertrags an Karstadt unterbreitet habe, aber noch auf Antwort warte. Eine Schließung kann wohl nicht am Mietobjekt liegen.“
Kerstin Kujau sah im großen Zuspruch der Versammlung die beste Motivation, den Kampf weiter fortzuführen. „Für uns alle ist eine Welt zusammengebrochen, als Viernheim auf der Streichliste auftauchte. Hier geht es schließlich um mehr als nur um einen Arbeitsplatz. An der Entscheidung hängen Familien und Schicksale. Jeder hat in den vergangenen Jahren auf viel Geld verzichtet, um die Filiale zu erhalten. Es hat nichts geholfen. Dabei ist das Haus im Rhein-Neckar-Zentrum gut frequentiert und verfügt über eine attraktive Lage.“
Auch Verdi-Vertreter Horst Gobrecht ließ kein gutes Haar an der Konzernleitung. „Die Nachricht, welche Filialen von einer Schließung betroffen sein werden, wurde in einer Telefonkonferenz kurz und bündig abgehandelt. Man musste schon genau hinhören, um festzustellen, wo dichtgemacht werden soll. Auch bei Kündigungen geht man ohne Empathie vor, nicht einmal ein Wort das Dankes an die Mitarbeiter ist gefallen. Umso mehr gilt unser Dank der Stadt und Bürgermeister Baaß für die tolle Unterstützung.“
Bei der Unterschriftenaktion, die erst seit wenigen Tagen läuft, haben bereits über 2000 Menschen ihr Unverständnis zur Schließung bekundet. Demnächst will man die Briefe in der Essener Konzernzentrale übergeben. Mehrere Bürgermeister aus der Metropolregion hatten ebenfalls Solidaritätsbekundungen übermittelt. „Ich habe Schreiben aus Heddesheim, Wald-Michelbach, Ladenburg, dem Gorxheimer Tal, Birkenau, Abtsteinach, Brühl und Hirschberg erhalten. Weitere dürften noch folgen“, listete Baaß die Unterstützer auf.
Der Lindenfelser Gemeindechef Michael Helbig war sogar nach Viernheim gekommen, um seine Unterstützung zu bekunden. „Ich habe schon seit Jahren enge und emotionale Verbindungen zum Kaufhaus, war zu Zeiten von Hertie dort als Ferienhelfer beschäftigt. Das Rhein-Neckar-Zentrum ist für mich auch heute noch Ziel bei Einkäufen, und wenn ich hier in die Reihen schaue, dann sehe ich viele bekannte Gesichter.“ Auch Helbig ließ kein gutes Haar an der Konzernspitze, „denn es gibt leider nicht mehr viele ehrbare Kaufleute in so großen Unternehmen. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg im Kampf um den Erhalt der Viernheimer Filiale.“
Es gab auch mehrere Wortmeldung von den Zuhörern, die allesamt für den Erhalt von Karstadt Viernheim plädierten. Eine Lösung, wie die Schließung verhindert werden könnte, hatte allerdings niemand parat. Für Baaß war es am Ende aber klar, weiter Gegenwehr zu leisten, „denn steter Tropfen höhlt den Stein“.
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