Karstadt-Streik stößt in Viernheim auf offene Ohren

Viernheim. Die Belegschaft der Galeria-Filiale im Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum hat sich noch längst nicht mit der Schließung ihres Kaufhauses abgefunden. Seit die Entscheidung über die Zukunft der Niederlassungen in Deutschland bekannt geworden ist, regt sich Widerstand. Das Viernheimer Haus soll am 31. Januar dicht machen, so der aktuelle Stand der Dinge. Am Samstag hatten über 20 Angestellte und ehemalige Mitarbeiter bei einem Streik ihr Anliegen kundgetan und Unterschriften gesammelt.

„Karstadt Viernheim soll weiterleben!“ und „Wir kämpfen mit Herz für die Galeria und die Mitarbeiter!“ steht auf den Plakaten. Die meisten Passanten wissen natürlich längst Bescheid und beteiligen sich gerne an der Unterschriftenaktion. Die Forderungen sind an die Geschäftsführung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH in Essen gerichtet: „Ich bin als Kunde der Viernheimer Filiale nicht nur überrascht, sondern auch verärgert, dass Sie diese Niederlassung zum 31. Januar 2024 schließen wollen. Denn seit vielen Jahren kaufe ich hier ein und weiß, was ich dort erhalte: Waren guter Qualität, freundliche Bedienung und kompetente Beratung“, steht in dem Schreiben.

Kerstin Kujau, Betriebsratsvorsitzende von Karstadt Viernheim, bezweifelt, ob die Konzernspitze aktuell noch der richtige Ansprechpartner ist. Sie würde die Unterschriften lieber direkt an den Eigentümer des Hauses schicken. „Meiner Meinung nach hängt sehr viel vom Vermieter ab, der sicher an einer weiteren Nutzung interessiert sein dürfte.“ Mit ihm gelte es, schnellstmöglich Gespräche zu führen. „Der Mietvertrag läuft noch bis 2025. Leider ist uns nicht bekannt, wem die Immobilie derzeit gehört, weshalb wir nicht direkt Kontakt aufnehmen können“, bedauert Kerstin Kujau.

Verständnis für die Sorgen

Die Unterschriftensammlung läuft sehr gut, viele Menschen in der Region kennen die Problematik. Schnell wird zum Stift gegriffen und der Protestbrief mit dem Absender versehen und unterschrieben. „Natürlich gibt es auch Leute, die einen Bogen machen, wenn sie uns sehen“, berichtet Kerstin Kujau. Aber auch das müsse man akzeptieren. „Die Meisten zeigen aber Verständnis für unsere Sorgen und setzen sich für den Erhalt von Karstadt im Einkaufszentrum ein“, schildert sie ihre Erfahrungen während der Protestaktion.

Von der Schließung des Traditionskaufhauses wären etwa 90 Beschäftigten betroffen. „Ich denke dabei nicht nur an die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund ihres Alters nur schwer einen neuen Job finden würden. Sondern auch an die Jungen, denen man die Zukunftsperspektive nehmen würde,“ beschreibt die Gewerkschafterin die Sorgen und Nöte im Kollegenkreis.

Auch zahlreiche Kunden schütteln nur verständnislos mit dem Kopf, wenn sie auf die Causa Galeria angesprochen werden. „Ich will, dass Karstadt im Rhein-Neckar-Zentrum offen bleibt. Eine Schließung wäre für alle Beteiligten blöd, denn es würde mir irgendwas fehlen“, nimmt eine ältere Viernheimerin kein Blatt vor den Mund.

Auch ein Ehepaar unterschreibt sofort, „denn wir sind langjährige Kunden und gehen hier gerne einkaufen. Hier findet man fast alles, was man braucht.“ Sicher könnte man aber auch über eine Umstrukturierung nachdenken, um Karstadt für die Zukunft fit zu machen, überlegen die beiden.

Viernheims Bürgermeister Matthias Baaß, Betriebsratsvorsitzende Kerstin Kujau und Horst Gobrecht, Verdi-Gewerkschaftssekretär Südhessen, berufen nun eine Versammlung ein, um die Schließung der Galeria Karstadt zu verhindern. Eingeladen zu dem Treffen sind alle, die sich für den Erhalt des Kaufhauses einsetzen wollen: Politiker, Beschäftigte, aber auch Kunden und alle Viernheimer, die sich wünschen, dass das Haus offen bleibt.

„Die Karstadt-Filiale im Rhein-Neckar-Zentrum wird von vielen Viernheimern aufgesucht“, stellt Bürgermeister Baaß fest. Gerade der Mix aus unterschiedlichen Abteilungen und Dienstleistungen unter einem Dach zeichne das Kaufhaus aus und mache es bei vielen Kunden attraktiv. „Eine Schließung wäre ein großer Verlust“, hofft Baaß auf ein Umdenken an entscheidender Stelle.