Mannheim. Der Oftersheimer Hans Stang, 94, hat fast 40 Jahre lang bei Südkabel in Mannheim gearbeitet. Für den Interview-Termin zum 125. Geburtstag von Südkabel ist Stang extra auf das Werksgelände gekommen.
Herr Stang, wie fühlt es sich an, wieder auf dem Südkabel-Gelände zu sein?
Hans Stang: Natürlich werden bei mir viele Erinnerungen wach. Wenn ich an die Feier zum bestandenen Meisterbrief denke, bin ich immer noch aufgeregt. Und das Wichtigste: Im Werk habe ich meine spätere Frau kennengelernt.
Wann sind Sie zu Südkabel gekommen?
Stang: 1955, mit 27 Jahren. Ich kam aus Hessen, meine Eltern waren damals schon verstorben. Nach dem Gesellenbrief in einem Offenbacher Unternehmen wollte ich etwas Neues beginnen. Ich habe erfahren, dass in Mannheim bei Südkabel ein Schlosser gesucht wird - ein Presseschlosser an der Bleipresse. Nach dem erfolgreichen Vorstellungsgespräch hatte mir Südkabel ein Zimmer in Neckarau vermittelt, nicht weit weg vom Firmengelände. So bin ich ins Kabelwerk gekommen. Wenn mir damals einer gesagt hätte, dass es 38 Jahre werden. . . ich hätte es nicht geglaubt.
An was aus Ihrer Anfangszeit erinnern Sie sich?
Stang: Das Kabelwerk hatte von den Bomben des Zweiten Weltkrieges viel abbekommen. Einige Gebäude waren noch beschädigt. Nach und nach wurden diese Kriegsschäden beseitigt. Was mich persönlich angeht: Einige Kollegen waren mir wenig wohlgesonnen, weil ich kein Mannheimer war. Vielleicht hatten sie Angst, dass ich ihnen als „Fremder“ die Arbeit wegnehme oder sie überflügle, keine Ahnung. Jedenfalls bin ich ins Kabelwerk „hineingewachsen“ und durfte viele neue Menschen kennenlernen.
Was folgte als Nächstes?
Stang: Mir wurde nahegelegt, den Industriemeister zu machen. Dreieinhalb Jahre lang neben der eigentlichen Arbeit. Die Fortbildung zum Meister war in Ludwigshafen. Ich bin immer mit meiner grünen BMW Isetta hingefahren. Das alles war manchmal schon anstrengend. Glücklicherweise habe ich vom Kabelwerk viel Unterstützung erhalten - in jeder Hinsicht. Schließlich habe ich mit guter Note bestanden und war unheimlich stolz darauf. Als Meister sollte ich alles kennenlernen und in jeder Abteilung für eine bestimmte Zeit arbeiten.
Gelernter Schlosser
- Hans Stang wurde am 12. Oktober 1928 geboren und stammt aus Offenbach.
- Stang arbeitete von 1955 bis 1993 bei Südkabel in Mannheim.
- Eingestellt wurde er als gelernter Maschinenschlosser, später machte er seinen Industriemeister.
- Stang lebt mit seiner Frau in Oftersheim, das Paar hat eine Tochter.
- Heute erledigt er noch gerne „Hausmeistertätigkeiten“ in der Wohnung. „Es ist mir nie langweilig gewesen, und heute als Rentner erst recht nicht.“
Ihre Hauptarbeit war im Kabelsaal…
Stang: Genau. Wir stellten papierisolierte Hochspannungskabel her. Bei papierisoliertem Kabel besteht die Isolierungsschicht aus in Öl getränktem Papier, über das schwach kupfer-legiertes Blei nahtlos aufgepresst wird. Dieser Bleimantel bietet Schutz gegenüber dem Eindringen von Feuchtigkeit und ist relativ korrosionsunempfindlich.
An was mussten Sie sich gewöhnen?
Stang: An das Drei-Schicht-System. Überhaupt an die Nachtschicht. Wenn ich in der Fastnachtszeit abends zur Arbeit ging, vergnügten sich die anderen Leute. Das hat mir nicht gepasst. Aber auch daran habe ich mich gewöhnt. Nachtarbeit muss eben sein, das ist in anderen Berufen genauso.
Jetzt müssen Sie unbedingt noch die Geschichte erzählen, wie Sie Ihre Frau kennengelernt haben.
Stang: Meine spätere Frau hat in der Schwachstrom-Abteilung gearbeitet, also bei den Telefonkabeln. Sie ist mir gleich aufgefallen, als sie bei Südkabel angefangen hat. Den Chefs ist es nicht entgangen, dass ich mich immer in der Nähe aufgehalten habe (lacht). Eines Tages fragte ich sie, ob wir an einem Samstagabend zum Maskenball gehen wollen. So sind wir uns mit der Zeit nähergekommen. Es folgte der Umzug nach Oftersheim bei Schwetzingen in eine gemeinsame Wohnung. Im Jahr 1962 haben wir geheiratet.
Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen?
Stang: Tatsächlich haben wir bereits während meiner aktiven Zeit einen Kegelclub gegründet und gemeinsam viele Ausflüge unternommen. Nach Berlin, nach Dresden, nach Budapest. Es hat sich eine starke Gemeinschaft gebildet. Heute kegeln wir zwar nicht mehr, treffen uns aber noch jeden Monat. Leider sind schon viele verstorben, die ich gekannt habe. Wir sind noch zu zehnt.
Südkabel feiert 125. Geburtstag. Was wünschen Sie dem Unternehmen?
Stang: Dass es gut fortbesteht. Denn ich habe Südkabel viel zu verdanken.
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