Energie

Darum ist auch Mannheim süchtig nach Wasserstoff

Ist Wasserstoff nur eine fixe Idee oder löst er unsere Probleme bei der Energiewende? In Mannheim und der Metropolregion Rhein-Neckar ist die Antwort darauf klar. Was Experten davon halten

Von 
Walter Serif
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Die Metropolregion will eine Infrastruktur für Wasserstoff aufbauen. Die BASF spielt bei diesen Plänen eine große Rolle. © Uwe Anspach

Mannheim. Alle reden von der Energiewende - doch in der Praxis gibt es in Deutschland da auch Verständnisprobleme. Viele setzen zum Beispiel die Stromwende mit der Energiewende gleich. Aber das ist ein Trugschluss, auf den Karsten Glöser von der Hochschule Kaiserslautern bei der Veranstaltung des Verbands Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik - kurz VDE - in Mannheim hinweist.

Eine wirkliche Energiewende gibt es in Deutschland nicht

„In Wirklichkeit haben wir nur eine Stromwende, das heißt in diesem Bereich produzieren wir mehr als die Hälfte unseres Verbrauchs aus regenerativer Energie“, sagt der Wissenschaftler und legt nach: „Wir müssen aber auch in den Sektoren Wärme und Verkehr weg vom Kohlenstoff, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen“, so der Experte.

Und in der Tat, die Zahlen lügen nicht. Im Wärmebereich betrug der Anteil regenerativer Energien 2023 nur 18,3 Prozent. „Und im Verkehr sind wir sogar ein Totalausfall“, resümiert der Wissenschaftler mit Blick auf die Statistik, die da nur 7,3 Prozent ausweist. Bedenkt man, dass gegenwärtig die Debatte darüber heiß läuft, ob das geplante Verbrenner-Aus in Stein gemeißelt ist, sind die Perspektiven eher düster.

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Auch die Befürworter der Energiewende wissen natürlich, dass nicht jeden Tag die Sonne scheint und der Wind bläst. Außerdem lässt sich der Strom nur schlecht speichern. Dabei hat Werner von Siemens, praktisch der Godfather des VDE, schon im 19. Jahrhundert darüber nachgedacht, wie wir die schmutzige CO2-Schleuder Kohle durch Wasserstoff ersetzen können.

Besonders Industriestandorte wie Mannheim oder Ludwigshafen benötigen Wasserstoff

Wasserstoff? Selbst im Land der Erfinder und Tüftler haben es neue Technologien schwer. Der VDE-Südwest will beim Thema Wasserstoff „Expertise statt Dogmen und Ideologie“ anbieten. Nachdem das Gas aus Russland aus bekannten Gründen als Energieträger ausgefallen ist, sucht Deutschland verzweifelt nach Alternativen, damit aus der Strom- eben eine Energiewende werden kann. Eine davon fasziniert - und das ist eher selten - die Fachwelt und die Politik gleichermaßen: Wasserstoff. Der Stoff aus dem die Träume sind und nach dem auch die Metropolregion süchtig ist.

Verständlich, besonders die großen Industriestandorte entlang des Rheins wie Mannheim oder Ludwigshafen brauchen ihn. Die BASF wäre da natürlich der größte Abnehmer. Ohne den Einsatz von Wasserstoff in gewaltigen Mengen, das sieht der Wissenschaftler Glößer jedenfalls so, wird’s nichts mit der Dekarbonisierung. Wasserstoff ist für ihn kein „Champagner der Energiewende“, den es nur zu besonderen Anlässen gibt, wie Skeptiker meinen.

Ein Projekt: Abfüllzentrum für Wasserstoff auf der Friesenheimer Insel in Mannheim 

Die Metropolregion hat schon im vergangenen Jahr eine Bedarfsstudie erstellt. Demnach braucht die Metropolregion rund sieben Terawattstunden (TWh) Wasserstoff bis 2045. Das wären auf Deutschland hochgerechnet fünf Prozent des Gesamtverbrauchs. 90 Prozent davon würden auf die Industrie entfallen. Zweitgrößter Abnehmer wäre der Verkehr für Lastwagen, Busse, Müllfahrzeuge, den Schienenverkehr und die Binnenschifffahrt.

Wie viele Projekte die Metropolregion inzwischen antreibt, zeigt Stefan Rößler vom Verband Metropolregion Rhein-Neckar bei seiner Präsentation. Das reicht vom Hochdruck-Abfüllzentrum für Wasserstoff auf der Friesenheimer Insel in Mannheim bis zum Ausbau der vielen Wasserstofftankstellen, die es in der Zukunft geben soll.

Metropolregion seit rund vier Jahren Wasserstoff-Modellregion

Dass sich so viel tut, liegt auch daran, dass Geld in die Hand genommen wird. Die Metropolregion ist seit rund vier Jahren Wasserstoff-Modellregion. Bund und Länder haben rund 40 Millionen Euro bereitgestellt für die Projekte „H2 Rivers“ beziehungsweise H2 Rhein-Neckar“. Weitere Millionen kommen von anderen Partnern wie den Städten Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg, hinzu investieren neben der BASF auch der Walldorfer Softwarekonzern SAP und die Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaften.

Der Traum lautet: Wir bauen eine Infrastruktur für Wasserstoff auf. Er soll zentral bei der BASF produziert und dann in der Region verteilt werden. Nur: Zunächst einmal braucht die BASF ihren Wasserstoff selber. Ohne Importe im großen Stil wird es also nicht gehen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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