Landgericht Mannheim

Beweise aus Corona-Betrug in Mannheimer Kleingarten verbrannt

Im Prozess wegen Millionenbetrugs bei Corona-Teststationen berichtet der Angeklagte, wie er belastende Dokumente vernichtete

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Der Angeklagte, dem Millionenbetrug vorgeworfen wird, betrieb in Mannheim und sechs weiteren Standorten in Baden-Württemberg Corona-Teststationen. © dpa

Mannheim. Vor einer großen Wirtschaftsstrafkammer geht es am Mannheimer Landgericht nicht zum ersten Mal um Millionenbetrug in Zusammenhang mit Corona-Bürgertests während der Virus-Pandemie. Auf der Anklagebank sitzt seit 6. November ein 34-Jähriger, der in Mannheim und an sechs weiteren baden-württembergischen Standorten sowohl allein als auch mit Kooperationspartnern Bürgerteststationen betrieben hat.

So manches erinnert in dem aktuell laufenden Prozess an bereits abgeschlossene Verfahren: Dass beispielsweise das Abrechnen nicht erbrachter Tests aufflog, als die Kassenärztliche Vereinigung (KV) vertiefte Kontrollen einführte und bei Auffälligkeiten eine Auszahlungssperre verhängte. So hat auch Kadir B. im Februar 2022 die laut Anklage zu Unrecht geltend gemachten 545 000 Euro nicht mehr überwiesen bekommen. Davor sind freilich 1,69 Millionen Euro geflossen. Der in Untersuchungshaft sitzende Mittdreißiger zeigt sich geständig und kooperiert. Sein Verteidiger Alexander Klein hat der Kammer nicht verbrannte Ordner mit Unterlagen übergeben.

Dem Gericht schildert Kadir B., wie er Dokumente samt „frisierter“ Namenslisten in Flammen aufgehen ließ. Nachts habe er die in einer Garage gestapelten, prall gefüllten Ordner im Auto von Ludwigshafen zu jener Kleingartenanlage an Mannheims Stadtrand gebracht, wo der Vater ein Schreberhäuschen mit Areal besitzt.

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Zeuge bekam bis zu 7,50 Euro pro Test vergütet

Auf einer Wiese, wo schon mal mit Lagerfeuer gefeiert werde, seien so ziemlich alle Dokumente der Teststationen verbrannt worden. „Wie lange hat das gedauert?“ , erkundigt sich die Vorsitzende Richterin Christiane Loos und erfährt, dass die Entsorgungsaktion der besonderen Art nach Einbruch der Dunkelheit begonnen und vor der Morgendämmerung geendet hat. Erstaunlicherweise sollte das nächtliche Feuer keinerlei Aufsehen erregen.

Bei der Beweisaufnahme gilt zu klären, wie sich die Kooperation mit jenen Partnern abspielte, die Sub-Akteure waren und an Kadir B. Rechnungen stellten, weil dieser gegenüber der KV als Dienstleister auftrat. Der Organisator einer Covid-Station in Mosbach berichtet als Zeuge, dass er von dem Angeklagten zunächst fünf Euro steigend bis 7,50 Euro von jenen 11,50 Euro erhielt, die der Staat damals pro Test vergütete. Weil die Kassenärztliche Vereinigung im Februar 2022 Überweisungen an Kadir B. stoppte, sei er, eigentlich Gastronom, „auf Kosten sitzen geblieben.“ In seiner Aussage wird deutlich, dass es zum Ende der Geschäftsbeziehung Stress und Streit gegeben hat.

So manche Ungereimtheiten ploppen auf: Beispielsweise wie auch solche Personen auf Listen mit getesteten Männern und Frauen kamen, obwohl sie bei Befragungen angeben, in dem jeweiligen Bürgertestzentrum nie gewesen zu sein.

Dass Virus-Testungen ein Riesengeschäft waren, legen die Schilderungen des Angeklagten nahe: „Wir hatten fast immer riesige Warteschlangen“, so Kadir B. , der in Mannheims City an der Breiten Straße täglich von 7 bis 23 Uhr eine solche Station betrieb - gegenüber einer frequentierten Spielhalle, die am Einlass Covid-Tests verlangte. Der Prozess ist bis 19. Dezember terminiert, könnte aber auch früher enden.

Freie Autorin

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