Mannheim. Eigentlich sollten in dem am 24. Februar vor dem Mannheimer Landgericht gestarteten Wirtschaftsstrafprozess um erschlichene Subventionen in Millionenhöhe bei Coronahilfen die Plädoyers gehalten werden. Es kam anders. Die Verteidigung des in U-Haft sitzenden Anwaltes stellte umfangreiche Anträge mit der Forderung, den Laptop eines als Zeuge vernommenen Buchhalters auszuwerten. Außerdem sollen die offenbar erst vor einer Woche „geknackten“ Datenträger des mitangeklagten Geschäftsmannes forensisch ausgeleuchtet werden.
Bereits Ende April hat der in Spanien verhaftete Unternehmer ein Geständnis abgelegt und ausgesagt, das betrügerische Konzept mit jenem Anwalt ausgetüftelt zu haben, der als „prüfender Dritter“ die Anträge auf Coronahilfen eingereicht und gesteuert hat. Der Endfünfziger, der zugab, Hauptprofiteur gewesen zu sein, schilderte den Erwerb von Firmen, insbesondere nicht mehr aktiver GmbH-Hüllen, um diese mit „gefakten“ Angaben für die staatlichen Antragsbedingungen passend zu machen. Von erfundenen Briefköpfen, generierten Mailadressen, falschen Unterschriften, unkorrekten Konten samt Exceltabellen war die Rede. Laut Anklage sollen mit dem Vortäuschen pandemiebedingter Umsatzeinbrüche von 23,6 Millionen zu Unrecht beantragten Euro dreieinhalb Millionen ausgezahlt worden.
Prozess um Coronahilfen in Mannheim: Anwalt bestreitet Kenntnis von kriminellen Machenschaften
Der Jurist, der bis zu seiner Verhaftung in Heidelberg als Anwalt tätig gewesen ist, bestreitet vehement, in den Tatplan des ihn belastenden Mandanten eingeweiht gewesen zu sein. Mit einer minutiös vorbereiteten Erklärung warf der dem Unternehmer vor, ihn belogen, getäuscht und benutzt zu haben. Der von zwei Kollegen betreute Anwalt verlas Mails und Chats, die belegen sollen, dass er von nur noch auf dem Papier existierenden Firmen keine Ahnung hatte.
Bei mir lief alles ordnungsgemäß ab
Der Angeklagte zitierte Schriftverkehr, in dem der Unternehmer gegenüber dem Rechtsanwalt so getan hatte, als würde er mit Firmen-Geschäftsführern, die es längst nicht mehr gab, in Kontakt stehen oder bei diesen fehlende Unterlagen anmahnen. „Bei mir lief alles ordnungsgemäß ab“, so der für die Corona-Hilfsanträge zuständige Jurist. Verwundert erkundigt sich der Beisitzende Richter, wieso der Angeklagte nicht misstrauisch wurde, als die Bewilligungsbehörden in der Kanzlei bei rund 200 Anträgen jedes Mal wegen falscher IBAN-Nummern nachfragten. Nein, dazu habe er keine Überprüfungen angestellt, so die Erwiderung.
Wortgefechte unter den Anwälten vor dem Mannheimer Landgericht
Dass in manchen Prozessen die Staatsanwaltschaft verbal scharf attackiert wird, ist kein seltenes Phänomen. Es kommt aber auch vor, dass sich die jeweiligen Anwaltsteams untereinander Wortgefechte liefern. Und so wirft die Verteidigung des geständigen Unternehmers den Kollegen des Mitangeklagten vor, Beweisanträge zu stellen, die eigentlich „Ermittlungsaufträge“ seien und dies in „Prozess-Verschleppungsabsicht“.
Schließlich dürften die geforderten forensischen Auswertungen mannigfacher Datenträger Wochen dauern und obendrein kein bisschen zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen. Das sehen die Rechtsbeistände des angeklagten Anwaltes allerdings komplett anders.
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