Arbeitsrecht - Streit um gekündigten Betriebsrat / Waren interne Rundschreiben der Auslöser?

Gewerkschaft attackiert SAP

Von 
Matthias Kros
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Blick auf das SAP-Logo am Stammsitz Walldorf. © Rinderspacher

Walldorf.

Im Fall des gekündigten Betriebsratsmitglieds bei dem Softwarekonzern SAP hat sich die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) hinter den von ihr vertretenen Betroffenen gestellt und scharfe Kritik an der Geschäftsführung geübt. „Juristisch betrachtet liegt der Fall relativ einfach“, behauptet Martin Gerhardt, Leiter der CGM-Rechtsabteilung in Stuttgart. „Ein Kündigungsgrund liegt nicht vor.“ Im Kündigungsschreiben fänden sich hierzu keine Ausführungen und auch sonst seien ihm keine offiziellen Aussagen bekannt, auf die SAP die Kündigung stützen wolle.

Am 14. Oktober vor Gericht

Der Softwarekonzern hatte dem langjährigen Betriebsratsmitglied Anfang August außerordentlich und fristlos gekündigt. Über Gründe hält sich das Unternehmen öffentlich bedeckt. Es handele sich um eine „Individualentscheidung“, wiederholte ein Sprecher am Montag lediglich. Sie stehe nicht im Zusammenhang mit dem Amt als Betriebsrat. Einzelheiten werden vermutlich erst am 14. Oktober bekannt, wenn sich das Arbeitsgericht Mannheim in einem Gütetermin mit dem Fall befasst. Das Betriebsratsmitglied hat hier auf Wiedereinstellung geklagt.

Gerhardt von der CGM vermutet, dass die Kündigung betriebspolitische Gründe hat und im Zusammenhang mit verschiedenen Informationsrundschreiben stehen könnte, die das Betriebsratsmitglied häufiger verfasst habe. Diese seien auch deswegen bei der Belegschaft auf großes Interesse gestoßen, „weil sie Informationen und Meinungen enthielten, die von der offiziellen Linie der Unternehmensführung abwichen“, so der Gewerkschafter.

So etwas werde in Betrieben mit „langjährig gefestigten betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen“ heute als „selbstverständlich“ hingenommen. „Bei der Unternehmensführung der SAP hingegen nicht“, so Gerhardt. In der jüngeren Vergangenheit habe es sogar mehrfach Versuche gegeben, dem jetzt gekündigten Betriebsratsmitglied die „betriebsübliche Kommunikation mit den Arbeitnehmern zu erschweren oder zu untersagen“. Das sei „rechtlich unzulässig“, ist der Gewerkschaftsvertreter überzeugt.

Gerhardt hält es sogar für möglich, dass mit der Kündigung „zusätzlich eine Disziplinierung der übrigen Betriebsratsmitglieder“ angestrebt ist. „Wir sehen jedenfalls eine Dimension betroffen, die Belange der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretung sowie der Tätigkeit von Gewerkschaften im Betrieb tangiert.“ Man werde alles daran setzen, der Wiedereinstellungsklage zum Erfolg zu verhelfen. Diesen klaren Rückhalt hatte der betroffene Betriebsrat von den übrigen Mitgliedern des Gremiums zuletzt nicht erfahren. Der zuständige siebenköpfige „Ausschuss für personelle Maßnahmen“ (PEM) des Betriebsrats hatte der Kündigung mit einer Mehrheit von vier zu drei Stimmen sogar zugestimmt, was die Voraussetzung für die Kündigung war.

Zustimmung „unüblich“

Eine solche Zustimmung werde schon im wohlverstandenen Eigeninteresse der Betriebsratsmitglieder „üblicherweise nicht erteilt“, wundert sich Gerhardt. „Wie die Kollegen, die ihre Zustimmung im PEM-Ausschuss mehrheitlich erteilt haben, diese nicht nur vor der übrigen Belegschaft, sondern auch vor sich selbst rechtfertigen können, bleibt aus unserer Sicht ein Rätsel.“

Die CGM ist keine klassische DGB-Gewerkschaft und sieht sich selbst als Alternative zur mächtigen IG Metall, welche ihr vor Jahren die Tariffähigkeit gerichtlich absprechen wollte. Mittlerweile ist der Gewerkschaftsstatus der CGM aber rechtskräftig.

Hohe Hürden

  • Für eine Kündigung von Betriebsratsmitgliedern gibt es in Deutschland hohe Hürden. Eine ordentliche fristgemäße Kündigung ist nur im Fall einer Betriebsschließung möglich.
  • Möglich ist eine außerordentliche fristlose Kündigung, wenn eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt. Das könnten etwa Diebstahl, Tätlichkeiten gegen Vorgesetzte oder politische Agitation sein.
  • Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat der Kündigung zustimmt.

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