Mitbestimmung

GKM-Betriebsrat wehrt sich vor Gericht gegen Gehaltskürzung

Immer wieder beschäftigt die Vergütung von Arbeitnehmervertretern die Justiz – auch beim Großkraftwerk Mannheim (GKM) wird darum gestritten

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Der GKM-Betriebsratsvorsitzende klagt gegen seinen Arbeitgeber. © rinderspacher

Mannheim. Im November vor 70 Jahren ist das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft getreten. Eine Erfolgsgeschichte. Gleichwohl fordern Arbeitsrechtler Reformen. Beispielsweise bei der Entlohnung von Betriebsräten. Prozesse, in denen darum gestritten wird, wie viel diese verdienen dürfen, sorgen für schlagzeilenträchtige Debatten.

Keine „Co-Manager“

Nach einem spektakulären Verfahren wegen drastischer Gehaltskürzung, das der Betriebsratsvorsitzende des Energiekonzerns Vattenfall vor dem Hamburger Arbeitsgericht gewonnen hat, läuft in der Metropolregion eine ähnliche Klage: Der freigestellte BR-Chef des Grosskraftwerks Mannheim (GKM) wehrt sich, dass seit Juni bei seinen Bezügen massiv der Rotstift angesetzt wird.

Dass Betriebsratstätigkeit als Ehrenamt gilt und die Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip weder benachteiligen noch begünstigen darf, ist in der Öffentlichkeit eher unbekannt. Um nachzuvollziehen, was für eine Firmenlaufbahn ohne (freigestelltes) Engagement in der Personalvertretung naheliegend wäre, werden interne Karrieren von Vergleichspersonen herangezogen.

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Es war die VW-Affäre, die offenbarte, dass in manch einem Konzern Betriebsräte wie Spitzenmanager bezahlt werden: Der einstige BR-Chef bekam in einem Spitzenjahr knapp 750 000 Euro überwiesen. Damit beschäftigte sich das Landgericht Braunschweig und kam im September 2021 zu dem Schluss: Die Vergütung von Betriebsräten gleich „Co-Managern“ sei genauso unzulässig wie eine zugrunde gelegte „Sonderkarriere“.

Darauf beruft sich das Großkraftwerk Mannheim. Das Urteil sei zum Anlass genommen worden, die Bezüge des Betriebsratsvorsitzenden „rechtlich zu überprüfen“, teilt ein GKM-Sprecher dieser Redaktion mit. Bislang sei der BR-Chef wie „eine Führungskraft“ entlohnt und mit einem Dienstwagen ausgestattet worden. Dieses „Vergütungspaket“ solle dem Braunschweiger Richterspruch angepasst werden.

Der Anwalt des Betriebsratsvorsitzenden, Dietrich Growe, will sich zu dem schwebenden Verfahren nicht äußern. Er verweist lediglich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die von dem Braunschweiger Urteil „deutlich“ abweiche. Und Verdi-Gewerkschaftssekretär Angelo Bonelli beschränkt sich auf die Erklärung, dass ein beauftragter Gutachter das strittige Gehalt als „rechtlich in Ordnung“ erachtet hätte. Außerdem lässt er durchblicken, dass noch ganz andere Konflikte im Spiel seien. Hinter vorgehaltener Hand ist von heftigen Auseinandersetzungen wegen Überstunden die Rede.

Zu dem in Hamburg entschiedenen Fall gibt es Parallelen: Sowohl beim Energiekonzern Vattenfall wie beim GKM haben Facharbeiter als langjährig freigestellte Betriebsräte Karriere gemacht. Bereits vor zwei Jahren kürzte Vattenfall die Brutto-Jahresbezüge des BR-Vorsitzenden von zuletzt 165 000 Euro auf ein Grundgehalt von monatlich 5444 Euro. Zu Unrecht, wie das Hamburger Arbeitsgericht am 1. September 2022 entschied.

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Das Urteil hebt darauf ab, dass sich die Geschäftsführung mehrfach damit auseinandersetzte, welche Karrieresprossen samt Vergütung der BR-Vorsitzende ohne Freistellung erreicht hätte. Vattenfall, so die 9. Kammer, sei dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Maschinenschlosser „mindestens in Richtung eines Anlageleiters“ entwickelt hätte. Solcherart Bewertungen, verknüpft mit Lohnerhöhungen, könnten später nicht einfach gekippt werden. Bleibt abzuwarten, ob die Berufungsinstanz dies genauso sieht – jedenfalls will der Konzern das Urteil anfechten.

Bei dem am Mannheimer Arbeitsgericht laufenden Prozess dürfte entscheidend sein, ob der GKM-Betriebsratsvorsitzende schlüssig zu belegen vermag, dass keine „unwirksame Begünstigung“ vorliegt, wie das GKM argumentiert. Der gelernte Dreher macht geltend, dass ihm der frühere Vorstand eine Führungsposition offeriert habe – ein Angebot, dessen Verbindlichkeit der Arbeitgeber in Zweifel zieht. Nach gescheitertem Gütetermin ist für den März eine Kammerverhandlung terminiert. Hinter den Kulissen, so ist zu hören, laufen Gespräche für eine außergerichtliche Einigung.

Freie Autorin

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