Serie - Der ehemalige BASF-Arbeitsdirektor und Mister Metropolregion engagiert sich in Hamburg für Ohnsorg-Theater und Elbphilharmonie  

Was macht … Eggert Voscherau?

Von 
Bettina Eschbacher
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Eggert Voscherau © Voscherau

Hamburg/Sylt. „Was machen Sie denn heute so?“, wird Eggert Voscherau gerne gefragt. Dann antwortet er ganz locker mit „Nichts“. Und ergänzt höchstens noch: „Ich setze mich in meinen Garten und lese ein Buch.“ Eggert Voscherau, hoch angesehener Arbeitsdirektor und Aufsichtsratschef der BASF und „der“ Mister Metropolregion, dessen Engagement überhaupt erst die Region zusammengeführt hat– dieser charismatische, energiegeladene Macher im tiefenentspannten Ruhestand? „Ja, das haben mir viele nicht geglaubt“, sagt der 75-Jährige.

Voscherau ist von der Pfalz in seine alte Heimat Hamburg gezogen, in den Sommermonaten leben er und seine Frau Sarah auf Sylt. „Die Kombination von Hamburg und Sylt ist ein Traum.“ Kein Wunder, dass sich ständig Besuch bei Voscheraus ansagt. In den vergangenen Wochen seien sie nur wenige Tage alleine gewesen. „Das müssen wir jetzt begrenzen, sonst wird das Stress“, sagt er lachend.

Aus Pflicht wird Genuss

Einmal im Monat kommt das Ehepaar Voscherau in den Süden und übernachtet im Deidesheimer Hof, um sich mit Freunden zu treffen, zum Beispiel im Wanderkreis der Mannheimerin und ehemaligen „FAZ“-Journalistin Ulla Hoffmann. „Wir lieben die Pfalz und haben noch einen engen Kontakt dahin.“ Und da seine Frau Engländerin ist, besucht das Ehepaar häufig die Verwandten dort. „Das Leben bietet mehr als die Arbeit für eine Firma“, sagt Voscherau. „Und wenn man in den Siebzigern ist, sollte man sich darauf konzentrieren, was man in den letzten 40, 50 Jahren zu wenig gemacht hat.“ Zurück in den Norden habe es ihn vor allem wegen seines Bruders Henning Voscherau gezogen. Doch dann, 2016, starb der frühere Hamburger Bürgermeister. „Das war ein Weckruf.“ Sein Bruder habe sein Leben lang verreisen wollen, „und plötzlich war er tot.“

Dabei sei er sich immer schon mit seiner Frau einig gewesen, dass spätestens mit Anfang 70 aus „Pflicht Genuss wird“. Dass er im Ruhestand ganz andere Dinge tun werde, als in den Jahrzehnten als mächtiger Manager. „Mir war immer klar, dass die Tätigkeit in so einer privilegierten Position wie bei der BASF auf Zeit ist.“ Während dieses „Pflichtjobs“, musste seine Frau zurückstecken, jetzt wolle er ihr das mit gemeinsamer Zeit zurückgeben. Die professionelle Dressurreiterin hatte für seine Karriere das Turnierreiten aufgegeben und sich darauf konzentriert, Pferde auszubilden.

Auf eines ist Voscherau besonders stolz: „Wir haben uns beide nie verführen lassen von den Dingen, die ein solcher Job bietet.“ Er kenne viele in ähnlichen Positionen, die nicht von dem „Erste-Reihe-Syndrom“ loskämen, weil sie den Bedeutungsverlust – von einer wichtigen Persönlichkeit zum Pensionär – nicht verkrafteten. „Wir waren uns einig, dass wir dazu nicht gehören´“, sagt Voscherau.

So seien die Kontakte zur BASF nur noch freundschaftlicher Natur, von geschäftlichen Dingen halte er sich fern. Kein Wort zur Entwicklung des Chemiekonzerns mit neuem Vorstandschef – das gehöre sich nicht.

Auch bei seinem Herzensprojekt sei es ihm gelungen loszulassen, erklärt Voscherau: Die Entwicklung der Metropolregion Rhein-Neckar verfolge er zwar weiterhin, ohne aber „von der Seitenlinie hineinzugrätschen“. Kritik klingt nur leise an: „Die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft könnte intensiver sein.“ Sein größter Wunsch wäre, „dass die Region endlich den Rhein als Lebensader und nicht als Trennungslinie begreift“.

Das mit dem Nichtstun stimmt aber doch nicht so ganz. Voscherau ist in Hamburg als Aufsichtsrat im Ohnsorg-Theater aktiv – „mit fester Überzeugung, dass die Plattsprache erhalten bleiben muss.“ Er kommt aus einer Künstlerfamilie, sein Vater war Schauspieler am renommierten Hamburg Thalia-Theater, sein Onkel am Ohnsorg-Theater.

So hat es sich auch ergeben, dass er sich im Förderkreis der Elbphilharmonie einbringt, ebenso bei internationalen Theater- und Musikfestivals. „Alles Funktionen, die man unter Genuss betrachten kann und nicht unter Pflicht“, betont der Hanseate. Die Kultur habe ja seine Jugend geprägt. Mit Sylt verbindet Voscherau zum Beispiel Kindheitserinnerungen an „ganz wunderbare“ Urlaube mit der Familie. In den fünfziger Jahren habe sich die kreative Elite Deutschlands in Hamburg versammelt und auf Sylt die Theaterferien verbracht, erinnert er sich. So kam es, dass er als Junge berühmte Künstler wie Hans Albers, Anneliese Rothenberger und Gustaf Gründgens erlebte.

Mit seinem Lebensmittelpunkt im Norden kehrt Voscherau nun im Ruhestand zu seinen Wurzeln zurück.

Der ausgebildete Kaufmann Eggert Voscherau



  • Eggert Voscherau wurde am 11. Mai 1943 in Hamburg geboren. Sein 2016 verstorbener Bruder Henning Voscherau war SPD-Politiker und lange Jahre Erster Bürgermeister Hamburgs.
  • Als ausgebildeter Kaufmann trat er 1966 in die BASF ein. Ab 1996 gehörte er dem Vorstand an, 2001 wurde er zum Arbeitsdirektor und zum Standortleiter Ludwigshafen bestellt, 2003 zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden. Voscherau galt in der Belegschaft als äußert beliebt.
  • 2008 ging Voscherau in den Ruhestand, um 2009 den Vorsitz des BASF-Aufsichtsrates zu übernehmen. 2014 verabschiedete ihn die Hauptversammlung mit stehenden Ovationen.
  • Als Präsident des Bundesarbeitgeberverbands Chemie gestaltete Voscherau von 2005 bis 2013 die Tarifpolitik der Branche mit.
  • Außerdem war Voscherau Mitglied in der Rürup- und der Hartz-Kommission, die bis 2003 wegweisende Reformen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik entwarfen. Er hält die vielkritisierten Reformen heute noch für richtig und wirkungsvoll.
  • Zum Antreiber für eine geeinte Region wurde er als Chef der Zukunftsinitiative Metropolregion Rhein-Neckar. Legendär ist sein Brandbrief 2003 an alle Entscheider, in denen er mit deutlichen Worten zu mehr Engagement aufrief.
  • 2005 wurde das Rhein-Neckar-Dreieck in den Club der europäischen Metropolregionen aufgenommen. Voscherau war natürlich dabei, als die engere Kooperation der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz mit einem Staatsvertrag besiegelt wurde.
  • Hoch angesehen als Mister Metropolregion zog sich Voscherau 2007 aus dem Einsatz für die Region zurück, mahnte aber immer wieder zu besserer Zusammenarbeit. 

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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