Lernmobil

Wenn Dialekt zum Problem wird

Plauderstunde zum Thema „Heimat finden in Viernheim“ fördert viele Geschichten zutage

Von 
Othmar Pietsch
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Dilek Ökmener-Sülük (2.v.r.) und Gerhard Mandel (3.v.r.) lassen zum Thema „Heimat finden in Viernheim“ Vernemer, Viernheimer und Noigeplackte zu Wort kommen. © Othmar Pietsch

Viernheim. Diskussionen und Gesprächsrunden müssen nicht langweilig sein. Bestes Beispiel dafür war die lockere und unterhaltsame Plauderei beim Lernmobil mit dem Thema „Geschichten aus aller Welt: Heimat finden in Viernheim“, bei der Vernemer, Viernheimer und Noigeplackte zu Wort kamen. Unter der Leitung von Gerhard Mandel sorgten Begebenheiten und Anekdoten der Neuankömmlinge und der Einwohner für beste Unterhaltung.

Dilek Ökmener-Sülük, Leiterin des Projekts Viernheim Connected, das den Apostelplatz als Ort der Begegnung und des Dialogs zusätzlich beleben möchte, freute sich bei der Begrüßung über das volle Stiftungshaus. „Es ist wichtig, dass sich Menschen zuhören und über ihre Erfahrungen austauschen. Nur so kann ein Miteinander gelingen. So machen wir Viernheim zu einem Ort, an dem sich alle zuhause fühlen können.“

Gleich sechs Viernheimer hatten ihre Teilnahme zugesagt. Und die Mischung war perfekt. Neben den beiden Ur-Viernheimern Wolfgang Jäger und Klaus Niebler, die sich deshalb Vernemer nennen dürfen, zählten noch die Ex-Kölnerin Antje Gärtner, die Iranerin Mahsoome Fadaie, Zeynep Vatanci aus der Türkei und der Ukrainer Maxim Tkach zur Runde.

Sprache ist das A und O für die Integration

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Sprachprobleme gab es dabei nur selten, denn der gesamte Abend wurde auf Deutsch gestaltet. Alle waren sich einig, dass die Sprache das A und O für eine funktionierende Integration und ein gedeihliches Miteinander ist. So weit so gut, wäre da nicht der Dialekt. „Ich liebe Dialekte, sind sie doch ein Stück Heimatverbundenheit. Natürlich ist es für Zugezogene schwer, damit zurechtzukommen, auch was das Schreiben und Lesen betrifft“, gestand Moderator Gerhard Mandel ein.

Da konnte Antje Gärtner nur zustimmend nicken, die als Kind mit dem Zug in Mannheim angekommen ist. „Das erste, was ich nach dem Aussteigen hörte, war die Durchsage ,Die Leute, die wo einen Dackel verloren haben‘ in misslungenem Hochdeutsch. Auch ,Wem ghörschdt donn du?‘ war schon ein kleiner Kulturschock“. Auch der Versuch, beim Bäcker einen Pflaumenkuchen zu kaufen, schlug fehl. In Viernheim heißt der nämlich Quetschekuche und in Köln Prummetaat, was wirklich nichts miteinander gemein hat.

Wolfgang Jäger, Spross einer Bäckerfamilie und mit einer Noigeplackten verheiratet, warf den Begriff „Schneggenudel“ in den Raum. Solche Bezeichnungen hätten schon den Flüchtlingen während und nach dem Krieg Probleme bereitet, „obwohl es Deutsche waren. Für Zugezogene aus dem Ausland ist der Dialekt natürlich eine echte Herausforderung. Allerdings sind diese Menschen eine Bereicherung, auch für unsere Vereine.“ Davon ist auch Klaus Niebler überzeugt, „auch wenn der Begriff Noigeplackte etwas negativ rüber kommt. Aber die Vernemer Sproch is halt e bissl derb.“

Zeynep Vatanci aus der Türkei hat ihre kulturellen Wurzeln in Viernheim neu belebt, dabei viele Herausforderungen und schöne Momente erlebt. Die Ankunft auf dem Flughafen Frankfurt war spannend wegen der Umgebung, der fremden Sprache und später den neuen Nachbarn. Mittlerweile ist Viernheim zur neuen Heimat geworden.

Maxim Tkach hat seine ersten Kontakte im Sprachunterricht geknüpft, später bei der Arbeit und hat jetzt viele Freunde hier. In Viernheim fühlt er sich wohl, mag er doch kleine Städte. Und was war seine erste Frage nach der Ankunft? „Wo gibt’s hier Bier zu kaufen?“, lautete die spontane Antwort.

Ansprechpartner hilft in vielen Bereichen

Die Perserin Mahsoome Fadaie hatte das Glück, mit Herbert Friedel einen kompetenten Ansprechpartner zu finden. „Anfangs habe ich mich gefragt, was ich hier eigentlich mache, die Sprache war das Problem. Herbert ist danach zu einem guten Freund geworden, der uns viel geholfen hat.“ Mittlerweile arbeitet sie beim Lernmobil und hilft anderen Geflüchteten, in Viernheim Fuß zu fassen.

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