Baugebiet

Viernheimer Bauwillige warten auf Nordweststadt 2

Das Baugebiet Nordweststadt 2 in Viernheim ist schon lange geplant, aber immer noch nicht beschlossen. Die Stadtverordneten sollen nun über die Bebauung entscheiden, über die in Viernheim gestritten wird

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Sandra Usler
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Anschließend an die bestehenden Häuser sollen das Baugebiet Nordweststadt 2 realisiert werden. Viele Viernheimer warten seit Jahren auf den Baustart. © Sandra Usler

Viernheim. „Eigentlich wollten wir dort unser Eigenheim bauen, das Elternhaus für unsere Kinder…“ - Albert Wohland deutet auf dem Stadtplan auf das Grundstück im Nordwesten von Viernheim, das sein Vater vor rund 50 Jahre erstanden hat. Mit dem Bau in der Nordweststadt 2 kam die Familie aber erstmal nicht zum Zug - die Stadt hatte anderen Baugebieten den Vorzug gegeben. Albert Wohlands Vater schaute sich nach einem Alternativgrundstück in der Nordweststadt 1 um und baute dort.

Akten und Unterlagen dokumentieren den Kampf

Seitdem kämpfen der Sohn und dessen Mitstreiter in der „IG Nordweststadt 2“ darum, dass das Baugebiet wie ursprünglich geplant umgesetzt wird. Akten, Unterlagen, Dokumente, Zeitungsartikel und Leserbriefe zur Entwicklung des Baugebiets hat die IG aufbewahrt. Auch die jüngsten Veröffentlichungen der Initiative „Nordweststadt 2 - Lebensqualität Viernheim“ sind abgelegt. Deren Aktivitäten finden die Befürworter ein Stück weit heuchlerisch: „Alle Bewohner der heutigen Nordweststadt haben damals auf wertvoller Ackerfläche gebaut und ein Naherholungsgebiet zugebaut. Und genau das wollen sie jetzt für andere Viernheimer verhindern,“ fasst Wohland die Sichtweise zusammen.

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Fast alle Grundstücksbesitzer seien Viernheimer - die gern in ihrer Heimatstadt für sich, ihre Kinder und Enkel bauen würden. Was die IG nicht versteht: Seit Jahren sei klar, dass das Wohngebiet erweitert wird, die Initiative habe sich jetzt erst formiert, kurz vor der Aufstellung des Bebauungsplans durch die Stadtverordneten: „Da sind doch für die Stadt schon immense Kosten angefallen für die Planung und Konzepterstellung.“

Sollten sich die Stadtverordneten gegen die Weiterführung entscheiden, hat das ein finanzielles Nachspiel. „Die MVV Regioplan, die das Konzept entwickelt hat, führt zum Beispiel die Gespräche mit den Eigentümern zur Erschließung. Wenn die Erschließung nicht kommt, tragen wir diese Kosten,“ erläutert der Erste Stadtrat Jörg Scheidel auf Nachfrage dieser Redaktion.

Das gesamte Baugebiet Nordweststadt wurde unter Bürgermeister Baumgärtner in den 1970er-Jahren geplant und mit den Bauabschnitten Nordweststadt 1 und Nordweststadt 2 entwickelt. Seit 1976 ist das Areal im Flächennutzungsplan der Stadt Viernheim als Wohngebietsfläche ausgewiesen. „Es stand also vor dem Bau der ersten Häuser in der Nordweststadt fest, dass das zweite Baugebiet kommen wird“, betont Wohland. Das wurde allerdings nicht unmittelbar angeschlossen, wie es geplant war.

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Stattdessen setzte die Stadt im Lauf der Jahre erst Schmittsberg 1, Bannholzgraben 1, Schmittsberg 2 und dann Bannholzgraben 2 um. „Als IG haben wir in den 80er-Jahren schon darauf hingewiesen, dass eigentlich Nordwest 2 an der Reihe wäre. Und haben uns im Laufe der Jahre immer wieder gemeldet“, betont Wohland.

IG kann für Bedenken auch Gegenargumente liefern

Bei jedem neuen Bauvorhaben tauchten die gleichen Bedenken der Anwohner auf: verbauter Blick, Wegfall von Grünflächen, Baulärm und Verkehrslärm. „Aber man muss den dringend benötigten Wohnraum halt irgendwo bauen“, findet Wohland. Für jedes Argument, das nun gegen die Bebauung des Areals vorgebracht wird, habe die IG zwar Verständnis - könne aber gleichzeitig ein Gegenargument liefern.

Durch das Baugebiet würden wertvolle Ackerflächen für Landwirtschaft wegfallen, heißt es etwa. „Auf den Äckern ist zum größten Teil überhaupt nichts angebaut“, entgegnet Wohland.

Die Ultranet-Trasse sei in den Bauplänen berücksichtigt worden, zu Wohnhäusern sind mindestens 400 Meter Abstand geplant. „Die Masten, die bereits aktuell an der Autobahn entlang aufgestellt werden, haben weniger Abstand zu den anderen Wohngebieten“, sieht er die künftigen Bewohner von Nordwest 2 sogar besser gestellt. Der Erste Stadtrat erklärt dazu: „Der Abstand ist Vorgabe des Landes für Neubaugebiete, für bestehende Wohngebiet gilt die Vorgabe nicht.“

Die Gegner des Bauvorhabens befürchten, dass das letzte Naherholungsgebiet in Viernheim „zubetoniert“ werde. Das geplante Baugebiet umfasst rund 19 Hektar direkt am Wohngebiet, nördlich bleiben bis zum Wald noch ausreichend Acker- und Freilandflächen erhalten. „Es sind rund 25 Hektar, die als Naherholungsgebiet verbleiben“, sagt Scheidel, „diese Flächen werden tatsächlich auch eher für die Landwirtschaft genutzt als die Äcker im vorgesehenen Baugebiet.“

Albert Wohland berichtet, dass die Stadt mit den Grundstückbesitzern offen über das Baugebiet kommuniziert habe, frühzeitig über die anstehenden Schritte und auch Kosten informiert und die Zustimmung aller Eigentümer eingefordert. „Wenn viele Besitzer dagegen gewesen wären, hätte die Stadt doch die Planungen gar nicht weiterbetrieben“, ist Wohland überzeugt und setzt wie seine Mitstreiter darauf, dass der Bebauungsplan zeitnah aufgestellt wird. Die dann jahrzehntelange Verzögerung nimmt Albert Wohland immerhin mit Humor: „Wenn es so weit ist und gebaut werden kann, dann hat mein Vater für seine Urenkel gesorgt.“

Freie Autorin

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