Nordweststadt II

Bürger planen an Baugebiet in Viernheim mit

Die Stadt Viernheim geht bei der Entwicklung des Baugebiets Nordweststadt II neue Wege. Bürger werden dazu eingeladen, ihre Wünsche und Ideen mit einzubringen

Von 
Sandra Usler
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Timo (Mitte) regt die Teilnehmer der Ortsbegehung zum Nachdenken über das künftige Baugebiet Nordweststadt II an. © Sandra Usler

Viernheim. Ein Quartier mit Einfamilienhäusern oder mit sozialem Wohnungsbau, mit eigener Grundschule und Kindergarten, mit vielen Fahrradwegen und wenig Autoverkehr? In die Planung des möglichen Baugebiets Nordweststadt II fließen die Wünsche, Ideen und Anregungen der Viernheimer Bürger ein. Mit einer Planungswerkstatt haben die Verantwortlichen den zweiten Schritt der Bürgerbeteiligung gemacht.

75 Personen machen mit

Zum Auftakt fand eine öffentliche Veranstaltung statt, bei der Grundstückseigentümer, Anwohner aus der Nordweststadt und interessierte Bürger den aktuellen Stand erfuhren und Fragen an die Planer richten konnten. Für die Planungswerkstatt wurde eine Beteiligungsgruppe aus 75 Personen gebildet. Diese Gruppe setzte sich aus Interessensvertretern der Stadtgesellschaft, Eigentümern der Grundstücke sowie Bürgern aus den Gruppen Familien und Alleinerziehende mit Kindern unter sechs Jahren, Familien und Alleinerziehende mit Kindern über sechs Jahre, Singles und Paare ohne Kinder unter 45 Jahre, Singles und Paare ohne Kinder über 45 Jahre und Anwohnern aus dem näheren Umfeld des Baugebiets zusammen.

Die Planungswerkstatt startete mit einem Spaziergang an der Grenze des Baugebiets entlang und durch das Wohngebiet Nordweststadt. Nicht nur Teilnehmer der Werkstatt nahmen an der Begehung teil. Timo Buff vom Büro Sippel und Buff, Netzwerk für Planung und Kommunikation, gab den Teilnehmern verschiedene Fragestellungen mit auf den Weg – um die Situation für das künftige Baugebiet in den Blick zu nehmen. Berücksichtigt wurden Aspekte wie Grünflächen, Wegeführung, Mobilität oder Kindertagesstätten.

„Dabei geht es bei der Nahversorgung unter anderen darum, ob ein Lebensmittelmarkt in der Nordweststadt auch ausreichen würde für das größere Gebiet oder noch Bedarf ist für ein zweites Geschäft“, erklärte der Erste Stadtrat Jörg Scheidel die Fragestellungen.

Beim Spaziergang wurde auch deutlich, dass das städtebauliche Konzept der Nordweststadt gut funktioniert – solange Bereiche des Wohngebiets gut beleuchtet sind. Dunkle Plätze, die rückseitig zu den Häusern nicht einsehbar sind, erwiesen sich als nicht optimal. Solche Erkenntnisse werden für das Neubaugebiet berücksichtigt.

Vier Thementische

Ins Detail ging es dann bei der Planungswerkstatt. Der Beteiligungsgruppe wurde der aktuelle Planungsstand erläutert – ähnlich wie bei der Infoveranstaltung zum Auftakt. Zur Mitarbeit an der weiteren Planung waren vier Thementische vorbereitet. Jede Gruppe bearbeitete alle vier Themengebiete und konnte Vorschläge machen und darüber diskutieren.

Beim Punkt „Städtebau und Wohnformen“ war die angedachte Bebauung zur Lärmreduzierung ein Thema: Mehrgeschossige Häuser sollen als Riegel an der Autobahn entlang gebaut werden zum Schallschutz für das restliche Wohngebiet. „Diese Planung wurde durchweg gut angenommen“, berichtete Stadtrat Scheidel, „als Wunsch kam auf, diesen Riegel über das gesamte Gebiet zu verlängern“.

Beim Thema „soziale Infrastruktur“ beschäftigten sich die Bürger damit, Sportstätten oder eine Mehrzweckhalle zu bauen, damit es mehr Möglichkeiten für Vereine gibt. Auch eine Kindertagesstätte oder eine Schule waren Themen. „Für eine mögliche Grundschule ist der Kreis Bergstraße zuständig“, betonte Scheidel, dass diese Entscheidung nicht die Stadt treffen könne.

In den Part „Mobilität und Verkehr“ flossen viele Ideen zum Parken im Gebiet ein, aber auch die Hauptwegeführung wurde diskutiert: Sind zwei Straßen durch das Wohngebiet besser als eine Hauptstraße? Die Bürger wünschten sich auch einen Radweg am äußeren Gebietsrand entlang, der auch schnelleres Fahren erlaubt.

Zur Freiraumplanung kamen die Teilnehmer ins Gespräch über die Anordnung der Grünflächen. „Bei einer Baugebietsentwicklung wird es immer die Diskussion geben, ob nun zu wenig oder zu viel Grün vorhanden ist“, weiß der Baudezernent, dass in der Planung ein guter Mittelweg gefunden werden muss. Einig waren sich die Beteiligten bei der Frage der Entwässerung. Das Niederschlagswasser solle möglichst im Gebiet bleiben. „Das war ein sehr intensiver Nachmittag und Abend, die Werkstattteilnehmer haben ohne große Pause durchgearbeitet“, bedankte sich der Erste Stadtrat nach der Planungswerkstatt bei allen, die sich beteiligt hatten.

Weitere Schritte

Im neuen Jahr erfolgen die Auswertung der Planungswerkstatt und die Einarbeitung in das Konzept durch die Planer und die Mitarbeiter der Verwaltung. „Auch ein Austausch mit der Jugendförderung ist geplant, um die jungen Viernheimer nach ihren Ideen zu befragen“, erklärt Scheidel.

Alle Ergebnisse werden voraussichtlich bis zum Sommer 2024 dem Magistrat und dem Parlament präsentiert. „Alle Entscheidungen über das Baugebiet treffen immer noch die Stadtverordneten“, betont der Erste Stadtrat. Die Wünsche und Fragen der Mandatsträger fließen ebenfalls in die Planungen ein.

Für den Prozessabschluss der Bürgerbeteiligungsphase ist eine Infoveranstaltung zur frühzeitigen Beteiligung geplant. Hier werden öffentlich alle Anregungen vorgestellt. „Das ist Grundlage für den Entwurf des Bebauungsplans Nordwest II“, erklärte Scheidel.

Freie Autorin

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