Viernheim. Trödeln, staunen, kaufen: Schon 30 Minuten vor dem offiziellen Beginn füllt sich die Ladenzeile. Der Antikmarkt im Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) ist eine Institution – seit mehr als 20 Jahren. Zweimal im Frühjahr und zweimal im Herbst treffen sich Anbieter, Sammler und kauffreudige Besucher im bekannten Viernheimer Einkaufstempel.
„Nostalgia“ hieß die Messe nicht immer, doch soll der Name die Richtung weisen: „Die Marke wird wiedererkannt, es geht um mehr als Antiquitäten“, sagt Jannis Thörmann. 1972 saß der Veranstalter beim Vorgänger-Unternehmen noch an der Kasse, bevor er es schließlich übernahm. Seit 2011 ist Thörmann mit Ehefrau Kristina deutschlandweit unterwegs. 35 Messen und Kinderflohmärkte planen sie jedes Jahr, ihre „Mischung“ besteht aus Retro, Vintage und Design-Klassikern.
Es geht um die Vernetzung untereinander
Auch in Viernheim sieht man sich nicht als „beliebigen Antiquitätenmarkt“. Es geht um eine Plattform – und um Vernetzung. Wenn Gleichgesinnte sich finden, vergrößert sich nämlich nicht nur die Sammlung, manchmal entstehen Ideen. So geschah es im Juli 2023, als Thörmann in Gelnhausen „Alles uff die Gass“ brachte. Beim gleichnamigen verkaufsoffenen Sonntag begegnete er Wolfgang Korte, von Freunden nur „Wolly“ genannt. Auch Korte ist passionierter Sammler, allerdings von Schallplatten.
Schnell kam man zusammen, so dass die Messe im RNZ seit diesem Jahr um ein Segment reicher ist. „Die Interessen der Zielgruppen überschneiden sich“, weiß Jannis Thörmann. Wer sich für Antiquitäten interessiert, hat oft auch ein Faible für Platten – und umgekehrt. Auch wenn die Besucher der kombinierten Antik- und Plattenbörse im Schnitt über 50 sind, so zeigt sich dazwischen die Jugend: „Hip-Hop und Heavy verkaufen sich gut“, berichtet Michael Fischer. Der Frankfurter ist Wollys „rechte Hand“ und stets mit ihm auf Tour – 20 Mal jährlich, vor allem in Süddeutschland. 2000 Platten besitzt der Sammler, regelmäßig sortiert er aus. Auch Duplikate bietet Fischer in Viernheim an.
Gar nicht mal groß sei dieses Portfolio, mancher Kunde bringe es auf bis zu 30 000 Scheiben. Für Händler wie Besucher gilt das RNZ mit seinen 3000 Quadratmetern Verkaufsfläche als vorzügliche Adresse: Während Thörmann die Lage am Dreiländereck lobt, sieht Wolly das „etwas andere Publikum“. „Nicht immer die gleichen Leute“ wühlten sich durch die 18 bis 40 Kilogramm schweren Plattenkisten. Beliebt sind seltene Privatpressungen und Top-Raritäten als Neu- und Second-Hand-Ware. Fan-Souvenirs wie Bücher, Autogrammkarten, Zeitschriften und Poster runden das Angebot ab.
Gegenstände für den Haushalt aus Frankreich
Viel los ist an diesem Samstag auch bei Sönke und Yvonne Elbeshausen. Ihre Gegenstände für den Haushalt stammen großteils aus Frankreich. Dort frequentieren die Händler bis zu 80 Messen im Jahr, von der Bretagne bis in die Normandie, „nur nicht in Paris“.
So finden sich im Sortiment Gerätschaften aus verschiedensten Berufen. „Wir zeigen den Menschen Dinge, die sie gar nicht mehr kennen“, erklären die Standbetreiber. Ob alte Lettern für Plakatdruckereien, Fischerkugeln aus Glas oder die Sodaflasche aus den 1920er Jahren: Die Palette erweist sich als Blickfang. „Ecken und Kanten darf es haben, entscheidend sind Herz und Leidenschaft“, heißt die Devise der „Brocanteure“, was im Deutschen dem „Edel-Trödler“ entspricht. Wer sich nicht sicher ist, ob die Waren ihr Geld wert sind, erhält eine Hilfestellung.
Jürgen Löfke und Siegfried Beil sind als unabhängige Sachverständige vor Ort. „Auch mitgebrachte Dinge können begutachtet werden“, verraten die Organisatoren. Die Dienstleistung ist im Eintrittspreis enthalten. Besonders beliebt sei die „zweite Meinung“ seit dem Boom von „Bares für Rares“, als Trödeln und Schätzen die Massen erreichte. „Manches Produkt geht immer“, wissen die Messeveranstalter.
Silber, Schmuck und Porzellan sind gefragt, auch bei Daniela Fani. Ihr Stand ist ansonsten im HessenCenter präsent, in Viernheim hat sie Premiere. Der Absatz von Uhren und Edelsteinen läuft gut. Allgemein rückläufig ist der Verkauf von Möbeln. Nur drei der 120 Antik-Aussteller bieten Wohninventar. Händler, Veranstalter und Besucher geben positive Rückmeldungen. Im RNZ lockt nach Ansicht vieler die Atmosphäre. „Hier lässt sich ein ganzer Tag verbringen“, wirbt Jannis Thörmann. Bekannt ist die Messe durch Social Media und einen Szene-Klassiker: Das „Sammler-Journal“ ist nach wie vor Anlaufpunkt für sämtliche Flohmarkt- und Trödelhändler. Die nächste Antikbörse im RNZ findet am 12. Januar statt.
Weitere Informationen unter www.nostalgia-markt.de
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