Handel

Viernheimer City-Gemeinschaft sagt verkaufsoffenen Sonntag ab

Am Kerwe-Wochenende in Viernheim wird es in diesem Jahr keinen verkaufsoffenen Sonntag geben. Die City-Gemeinschaft erklärt die Absage mit der geringen Resonanz der Geschäftsleute in der Innenstadt

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Wolfram Köhler
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Die Schau „Auto-Mobil“ 2019 als Publikumsmagnet für den verkaufsoffenen Sonntag: Zahlreiche Besucher bummeln durch die Rathausstraße. © Othmar Pietsch

Viernheim. Das Kerwe-Wochenende in der Viernheimer Innenstadt bringt Anfang November traditionell viel Farbe ins herbstliche Grau. Dazu tragen die Fahrgeschäfte hinter dem alten Rathaus bei. Und das Brauchtum des Kerwevereins. Aber auch der Sonntagsverkauf der Einzelhändler rund um die Fußgängerzone. Doch die Öffnung der Läden fällt in diesem Jahr weg. „Es wollten sich zu wenige Geschäfte beteiligen“, teilt Alexandra Thomas von der City-Gemeinschaft auf Anfrage dieser Redaktion mit. Die Zahl der möglichen Teilnehmer habe bei einer Umfrage nicht einmal im zweistelligen Bereich gelegen. Deshalb habe die Interessenvertretung der Inhaber schweren Herzens entschieden, auf die Aktion zu verzichten.

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„Es wird immer gesagt, die Innenstadt sei tot. Wir wollten das nicht noch befeuern und einen weiteren Imageschaden abwenden“, erklärt Thomas den Schritt. Gleichzeitig gibt sich die Betreiberin des Teeladens Artee kämpferisch. Der verkaufsoffene Sonntag sei damit „nicht beerdigt“. Im kommenden Frühjahr wolle man sich im Kollegenkreis zusammensetzen und über die Zukunft dieses Formats sprechen. Dass es zurückkommt, will Alexandra Thomas zumindest nicht ausschließen.

Zunächst aber richtet sich der Blick der Geschäftsleute auf das Weihnachtsgeschäft. Das wollen sie jetzt nutzen, um bei ihren Kunden zu punkten. Die „Lebendige Adventszeit“, an der sich viele Einrichtungen in Viernheim beteiligen, soll nach Vorstellung der City-Gemeinschaft noch mehr als bisher zu einer Plattform für die Einzelhändler werden. „Es wird an fast jedem Tag in der Vorweihnachtszeit an unterschiedlichen Standorten eine Aktion geben“, sagt Thomas.

Exemplarisch nennt sie das Schmücken der Weihnachtsbäume und das Glühweinfest zum ersten Advent, das Weihnachtsgewinnspiel und den Weihnachtsmarkt. Die Sprecherin betont das „breite Spektrum“ an Attraktionen. Sämtliche Kooperationspartner in Viernheim – auch die Geschäftsleute – seien angeschrieben worden, um die „Lebendige Adventszeit“ mit eigenen Beiträgen aufzuwerten.

Bürgermeister Baaß würdigt Veranstaltung „Taste and Meet“

Aber auch zu den anderen Jahreszeiten setzt die City-Gemeinschaft nach Auskunft von Thomas auf „neue Formate“, um Werbung in eigener Sache zu machen. Ein besonders erfolgreiches war aus ihrer Sicht „Taste and Meet“. Mitte Juli, an einem Freitagabend, präsentierte sich die Innenstadt als eine Art Probiermeile. Bei der Premiere konnten die Besucher an 20 Stationen vor allem Wein, aber auch Secco, Bier und Gin verkosten. Dazu gab es Live-Musik – und ausgiebig Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Auch Bürgermeister Matthias Baaß würdigt „Taste and Meet“ rückblickend als „tolle Veranstaltung“. Es sei eine Qualität der City-Gemeinschaft, immer zu überlegen, ob ein Veranstaltungsformat noch passe. „Wenn es nicht genügend Interesse am verkaufsoffenen Sonntag gibt, macht es keinen Sinn dies an Kerwe fortzusetzen. Besser etwas Neues mit mehr Zuspruch!“, findet der Viernheimer Rathauschef.

Nicht anders sieht dies der städtische Wirtschaftsförderer Alexander Schwarz. „Wir wollen positive Emotionen wecken. Mit ,Taste and Meet’ haben wir das hervorragend hinbekommen.“ Schwarz glaubt, das betont er im Gespräch mit der Redaktion, mit vergleichbaren Aktionen könne dies auch gelingen. Der Wirtschaftsförderer denkt an das Oktoberfest bei „Küchen mit Biss“ vom vergangenen Wochenende. Und – wie Alexandra Thomas – an die „Lebendige Adventszeit“.

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„Wir haben insbesondere die Samstagvormittage im Blick“, sagt er, ohne Details zu nennen. Es sei bereits einiges in Planung. Alexander Schwarz hängt schon deshalb nicht an den verkaufsoffenen Sonntagen, weil sie in der Vergangenheit kaum die erhofften Umsätze eingebracht hätten. Und bei einer so geringen Teilnehmerzahl, wie sie sich aktuell abgezeichnet habe, seien solche Aktionen sogar eher kontraproduktiv für das Image der City. Schwarz berichtet, dass die sonntägliche Geschäftsöffnung am 10. November vom Magistrat bereits genehmigt war. Der Vorstand der City-Gemeinschaft habe den Antrag dann aber wieder zurückgezogen. „Es waren alle rechtlichen Auflagen erfüllt“, betont der Wirtschaftsförderer. Dazu gehört in Hessen etwa, dass der Sonntagsverkauf an eine andere örtliche Veranstaltung geknüpft ist, die gegenüber der Ladenöffnung im Vordergrund steht und sie in ihrer Magnetwirkung sogar übertrifft.

Termin im Frühjahr für Händler attraktiver

Auch ist ein enger räumlicher und zeitlicher Bezug zwischen den Ereignissen herzustellen. So dürfe das Rhein-Neckar-Zentrum etwa nicht wegen der Kerwe in der Innenstadt öffnen, erklärt Schwarz. Die Regeln genau einzuhalten, sei enorm wichtig, weil es immer wieder Klagen wegen der verkaufsoffenen Sonntage gebe. Wenn per Eilentscheidung am Freitag zuvor die Absage komme, sei das der „Super-Gau“ für die Geschäftsleute. In anderen Kommunen sei das schon vorgekommen.

Verkaufsoffene Sonntage gab es in Viernheim über lange Zeit – oft sogar zweimal pro Jahr. Einen Einschnitt bedeutete allerdings die Corona-Pandemie. Seit 2020 fehlt die Schau „Auto-Mobil“ im Frühjahr als Anlass. Und auch beim Kirchweihfest fiel die Sonntagsöffnung dreimal aus. Im Jahr 2022 boten die Innenstadt-Geschäfte mit einem Aktionstag am Samstag ein Alternativprogramm. Grund war das 25-jährige Bestehen des Kerwevereins, das man gemeinsam nachfeiern wollte. „Aber das hat nur mäßig funktioniert“, erinnert sich Alexandra Thomas. Deshalb sei die City-Gemeinschaft 2023 wieder für ein Jahr zum Sonntagsverkauf zurückgekehrt.

Dass die Resonanz diesmal außerordentlich gering war, hat nach Einschätzung von Thomas mehrere Gründe. Generell stehe der Kerwe-Sonntag bei den Händlern „nicht so hoch im Kurs“, weil einige privat in das Fest eingebunden seien. Aber es gebe auch Geschäftsleute, die nicht in Viernheim ansässig seien und deshalb ein eher geringes Interesse hätten. Eine Sonntagsöffnung im Frühjahr sei für die meisten Einzelhändler attraktiver, weiß die Vertreterin der City-Gemeinschaft aus Erfahrung. Grundsätzlich aber habe jedes Mitglied und jeder Geschäftsinhaber immer seine eigenen saisonalen Interessen.

Für welche Aktion auch immer sich die Händler entscheiden: Auf eine „gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und City-Gemeinschaft“ könnten sie sich stets verlassen, betont Alexandra Thomas. „Wir versuchen gemeinsam, das Beste für die Geschäfte und die Bevölkerung herauszuholen“, fügt sie hinzu. Trotz der schwierigen Lage mit Leerständen und Geschäftsschließungen in der Innenstadt bleibe das Ziel der Interessengemeinschaft bestehen, Bestandskunden zu pflegen und neue Kunden zu gewinnen. „Daran arbeiten wir.“

Redaktion

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