Viernheim. Daniel Werner ist sprachlos. Viernheims stellvertretender Stadtbrandinspektor hat am Abend des 1. Mai den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr bei einem Wohnungsbrand in der Mainstraße geleitet. Die Bewohnerin, eine 86-jährige kam dabei ums Leben. Das sei schon tragisch genug, sagt Werner im Gespräch mit dieser Redaktion. Dass aber die Einsatzkräfte von einigen der etwa 100 Umstehenden massiv behindert, beschimpft und bedroht wurden, mache ihn tatsächlich fassungslos.
Einsatz in Viernheim: Frau stirbt bei Brand in Mehrfamilienhaus
Die Wohnung befindet sich im 3. Stock eines Mehrfamilienhauses in der Mainstraße, ein Komplex der Viernheimer Baugenossenschaft. Nach den Schilderungen des Einsatzleiters geht der Alarm am Mittwochabend um 21.04 Uhr ein. Die Feuerwehr ist in der gegebenen Frist von unter zehn Minuten vor Ort. Weitere zehn Minuten dauert es, bis die Einsatzkräfte in die Wohnung vorgedrungen sind, und sie die einzige Bewohnerin auffinden.
Sie ist bereits nicht mehr bei Bewusstsein. Sie wird geborgen, auf der Straße Notarzt und Sanitätern übergeben, die sofort und noch auf der Straße mit der Reanimation beginnen. Aber sie können die Seniorin nicht mehr ins Leben zurückholen. Sie stirbt noch während der Rettungsmaßnahmen. Ihre Wohnung ist durch den Brand extrem verraucht.
Gaffer beschimpfen Einsatzkräfte aufs Übelste - und drohen Gewalt an
Wie Daniel Werner weiter schildert, widersetzen sich mehrere der Umstehenden den Aufforderungen der Einsatzkräfte, auf die andere Straßenseite zu wechseln. Sie stehen den Rettern im Weg. Nicht nur das. Immer werden die Einsatzkräfte auf das Übelste beschimpft, ihnen wird Gewalt angedroht. „Dazu kam es aber Gott sei Dank nicht“, so Einsatzleiter Werner.
In einer Einfahrt des Komplexes stehen drei oder vier Personen. Zwei Sanitäter bitten sie, den Platz freizugeben, weil dort ein Drehleiter-Fahrzeug der Feuerwehr platziert werden muss. Die Personen weigern sich und beschimpfen die Sanitäter. Auch sie drohen mit Gewalt.
„Das habe ich mitbekommen und sofort mehr Polizei angefordert“, sagt Werner. Erst die Besatzungen dreier Streifenwagen kann für Ruhe und Ordnung sorgen. „Dann konnten wir endlich ungestört unsere Arbeit machen.“ Werner auf die Frage, was die Leute aufgebracht habe: „Da ist zum einen die generelle Entwicklung zu zunehmender Schaulust, zu egoistischem Verhalten. Im speziellen Fall wollten mehrere Menschen in ihre anliegenden Wohnungen. Sie wollten nicht verstehen, dass das nicht geht, und haben gepöbelt.“
So ein großes Potenzial aggressiver Störer hat er noch nicht erlebt in Viernheim. Einige der Umstehende sind offenkundig stark alkoholisiert. Der 1. Mai.
29 Menschen müssen bei Brand in Viernheim Wohnungen verlassen
Weil schon von weitem eine riesige schwarze Rauchsäule über dem Westen der Stadt zu sehen ist, alarmiert Werner noch auf der Anfahrt die Weinheimer Kollegen nach. Vor angekommen setzt er die Feuerwehr das benachbarten Lampertheimer Stadtteils Hüttenfeld in Gang. Am Ende sind rund 60 Feuerwehr-Leute vor Ort sowie etwa 40 medizinische Helfer.
In dem betroffenen Gebäudeteil wohnen 29 Menschen. Alle, die zu Hause sind, müssen raus. Sie kommen bei Verwandten und Bekannten unter. Als der Brand gelöscht ist, können sie wieder zurück.
Werner beschreibt die Brand-Wohnung als total vermüllt, als eine typische Messi-Bude. Das erschwert Vordringen und Löscharbeiter noch dazu. Und es ist gefährlich. „In solchen Wohnungen wissen wir nicht, wo wir hintreten sollen. Es sind überall Glutnester, und es kann immer etwas Gefährliches herumliegen. In einer solchen Wohnung in der Sudetenstraße hatte ein Kollege einmal plötzlich ein Messer im Knie.“
Wegen Gaffer: Polizei zeigt verstärkt Präsenz bei Brand in Viernheim
Die Feuerwehr-Leute werden gefragt, warum es so lange gedauert hat, bis sie da waren. Dafür hat der Einsatzleiter sogar Verständnis. „Wenn es in einem Haus brennt, in dem ich wohne, kommen mir Minuten wie Stunden vor. Ich erkläre immer, dass wir eine Freiwillige Feuerwehr sind. Wir müssen erst zur Wache, dann zum Einsatzort. Aber wir waren im Zeitrahmen.“

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Der Sprecher des Polizeipräsidiums Südhessen in Darmstadt Bernd Hochstädter bestätigt die Angaben Werners gegenüber dieser Redaktion grundsätzlich. Die verstärkte Präsenz seiner Kollegen hat ihr Ziel nicht verfehlt. Die Feuerwehren der Metropolregion Rhein-Neckar solidarisieren sich in einem umfangreichen Beitrag auf Facebook mit ihren Viernheimer Kollegen und verurteilen die Störungen auf Schärfste. Auch Viernheims Ersten Stadtrat Jörg Scheidel sowie der Bergsträßer Landrat Christian Engelhardt verurteilen das skandalöse Verhalten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Feuerwehr in Viernheim beschimpft - "Fürchterliche Verrohung"