Wirtschaft

Amazon kommt - vorerst - nicht nach Viernheim

Der Versandriese Amazon kommt nicht nach Viernheim - zumindest vorerst nicht. Das hat ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt. „Wir haben aktuell andere Möglichkeiten gefunden."

Von 
Martin Schulte
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Mai 2021: Die Arbeiten am Pfenning-Gebäude beginnen. © bernhard kreutzer

Viernheim. Der Versandriese Amazon kommt nicht nach Viernheim - zumindest vorerst nicht. Das hat ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt. „Wir haben aktuell andere Möglichkeiten gefunden, unser bestehendes Netzwerk in der Region zu optimieren“, sagte er. Man suche derzeit einen Untermieter für die Halle an der Viernheimer Lilienthalstraße.

Diese Redaktion hatte im Mai 2021 über die vollmundige Ankündigung von Amazon berichtet, das neue Verteilzentrum bringe mindestens 100 neue Arbeitsplätze nach Viernheim. „Wir schaffen Arbeitsplätze und engagieren uns für gute Zwecke in der Gemeinde“, sagte damals ein Amazon-Sprecher. Außerdem sei mit weiteren neuen Jobs bei externen Zustellern zu rechnen.

Dass aus dieser vermeintlichen Erfolgsgeschichte für Viernheim nichts wurde, ist uns erst aufgefallen, als das große Firmenlogo plötzlich von den Außenfassaden verschwunden war. Das Unternehmen selbst hat darüber nicht informiert.

Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher weiter, für eine Übergangszeit suche das Unternehmen nach Möglichkeiten, den Standort zu vermieten. Die Untervermietung sei eine verbreitete Praxis im Immobilienbereich. Man könne dadurch seine Verpflichtungen im Zusammenhang mit einem bestehenden Gebäude reduzieren, das aktuell nicht dem unmittelbaren Bedarf von Amazon entspreche, aber zu einem späteren Zeitpunkt in Betrieb gehen könne. Die Untervermietung sei daher lediglich eine Zwischenlösung, die auch viele andere etablierte Unternehmen nutzen, um ihr Immobilienportfolio effizienter zu verwalten. Ein Sprecher sagte zudem, man sei in Bezug auf die Viernheimer Immobilie an langfristige Mietverträge gebunden.

Bürgermeister erfährt zufällig von der Situation

Bürgermeister Matthias Baaß hatte die Pläne von Amazon 2021 noch vorsichtig begrüßt. Über die aktuelle Entwicklung hat ihn das Unternehmen nicht informiert. Baaß: „Im Zuge der Eröffnung des Standorts der Firma Picnic Mitte August 2023 in unmittelbarer Nachbarschaft des Amazon-Standorts war mir aufgefallen, dass Amazon nicht in Betrieb ist. Deswegen haben wir damals nachgefragt und erhielten die Mitteilung, dass der Standort Viernheim, obwohl fertig ausgebaut, im Moment nicht in Betrieb geht, da sich die Gesamtplanungen geändert hätten und eine Betriebsaufnahme vorerst nicht nötig sei.“

Die großen Amazon-Logos in der Lilienthalstraße sind abmontiert, die Halle steht leer. © Martin Schulte

Die Stadtverwaltung stünde mit Amazon auch aktuell in Kontakt, abhängig von den weiteren Entscheidungen der Unternehmensleitung sei eine Betriebsaufnahme weiter jederzeit möglich. Es gebe also keine grundlegend ablehnende Haltung zu einer Betriebsaufnahme, im Moment finde diese aber nicht statt, so der Bürgermeister weiter.

Gepaart mit der Hoffnung auf neue Arbeitsplätze war 2021 die Freude über die Beseitigung eines riesigen Leerstands im nordöstlichen Gewerbegebiet Viernheims. Das Logistik-Unternehmen Pfenning hatte seine Hallen vor acht Jahren verlassen und war nach Heddesheim umgezogen. Seitdem haben immer wieder andere Unternehmen die Hallen genutzt, meist für logistische Zwecke.

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Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung erfuhr wie alle anderen erst durch unsere Nachfrage von der aktuellen Entwicklung. „2021 war das eine gute Nachricht für Viernheim, jetzt ist eine schlechte daraus geworden“, sagte Daniel Schäfer dieser Redaktion. Jeder Leerstand, ganz gleich ob beim Innenstadt-Einzelhandel oder im Gewerbegebiet, sei eine schlechte Botschaft für die Stadt, gerade auch im Hinblick auf die Gewerbesteuer-Einnahmen.

Sein Amtskollege bei der CDU, Volker Ergler, sagte, die Entscheidung eines Unternehmens in der freien Marktwirtschaft sei grundsätzlich zu akzeptieren. Allerdings bedauere er, dass aus den neuen Arbeitsplätzen zunächst nichts wurde und dass der Leerstand nun doch nicht beseitigt werden konnte. „Die Frage ist jetzt, was dort passiert“, sagte FDP-Fraktionssprecher Tobias Gieding. „Ein dauerhafter Leerstand wäre nicht gut.“

Redaktion Reporter.

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