Mannheim. Der Vorsitzende der ARD, SWR-Intendant Kai Gniffke, hat angesichts gesellschaftlicher Spannungen den hohen Stellenwert der Medien für die Demokratie betont.
„Wir Medien haben aktuell besonders den Auftrag, den Brennstoff für unsere Demokratie zu liefern“, sagte Gniffke bei der Diskussionsveranstaltung "Raus aus der Krise" des „Mannheimer Morgen“ und der Reiss-Engelhorn-Museen (rem) am Dienstag in Mannheim. Diesen Bedarf hätten auch die großen Demonstrationen vom Wochenende gegen Rechtspopulismus und für Demokratie gezeigt.

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Gniffke betonte in der von MM-Chefredakteur Karsten Kammholz und MM-Nachrichtenchefin Madeleine Bierlein moderierten Diskussion, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine Meinungen vorgebe, sondern dabei helfe, die Argumente zu schärfen.
Die Ministerpräsidenten können sich auf die Zahl der Sender verständigen und dann setzen wir das auch um.
„Es ist unsere Aufgabe, für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen“, so Gniffke. Ein wichtiger Bestandteil für Zusammenhalt sei Kultur, aber beispielsweise auch Sport wie Berichte über regionale Fußballvereine wie den Waldhof Mannheim oder die Handball-EM.
Mit Blick auf die in der vergangenen Woche veröffentlichten Empfehlungen des Expertenrates zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sagte Gniffke: „Es soll keine Abstriche am Auftrag geben.“ Der Zukunftsrat habe aber deutlich gemacht, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verstärkt und schneller um Digitalisierung kümmern und dabei junge Menschen ansprechen solle.

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Bei den oftmals kritisierten Strukturen von ARD und ZDF gibt es Gniffkes Angaben zufolge bereits erste Reformerfolge. So werden beispielsweise innerhalb der ARD-Sender Kompetenzzentren etwa zu journalistischen Themenfeldern wie Gesundheit gegründet und Verwaltungsaufgaben zentralisiert.
Dem Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die Anzahl der öffentlich-rechtlichen Sender deutlich zu reduzieren, entgegnete Gniffke: „Die Ministerpräsidenten können sich auf die Zahl der Sender verständigen und dann setzen wir das auch um.“
Die Struktur sei in den Rundfunkstaatsverträgen der Bundesländer festgeschrieben und könne auch nur dort geändert werden. „Wenn Sie weniger Radiosender haben möchten, machen Sie es“, habe er auch im Gespräch mit Markus Söder gesagt.
Allerdings kann der Rundfunkstaatsvertrag nur einstimmig von den Ländern geändert werden. Aber es sei auch aus demokratischen Aspekten nicht sinnvoll, einfach die Axt an die Struktur zulegen. „Wir müssen uns bewusst machen, dass diese Demokratie akut bedroht ist. Darum kämpfe ich auch für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.“
Wir müssen uns bewusst machen, dass diese Demokratie akut bedroht ist
Der Vorsitzende der Geschäftsführung der HAAS Mediengruppe, die auch den „Mannheimer Morgen“ herausgibt, Florian Kranefuß, hatte zuvor in seinem Eingangsstatement auf das manchmal schwierige Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medien wie Tageszeitungen verwiesen.
„Wir Medien in Deutschland stehen vor ganz gewaltigen Herausforderungen. Wir bewegen uns mit Vollgas ins Digitale“, sagte Kranefuß. Dort seien die künftigen Nutzerinnen und Nutzer, die an journalistische Inhalte herangeführt werden müssten.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk aber auch private Medienunternehmen seien wichtig für die Demokratie und das ganze Land, so Kranefuß. „Doch die Balance in dem Dualen System ist aus dem Gleichgewicht geraten.“
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk entwickele immer wieder seine Mediatheken weiter, das sei sehr positiv. „Wir Verlage halten es aber für problematisch, dass sie neue Apps auf den Markt bringen und dort Textangebote machen, die mit den Sendungen der TV-Anstalten nichts mehr zu tun haben.“ Das sei Aufgabe der privaten Medien.
Auch der Blick auf Reichweiten der Programme bei den Öffentliche Rechtlichen ist für Florian Kranefuß schwierig. Zudem seien die TV- und Hörfunkanstalten auch im Werbemarkt präsent und machten mit Rundfunkgebühren subventioniert der privatwirtschaftlichen Medienlandschaft Konkurrenz. Das sei mit dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu vereinbaren.
Unser Land braucht gerade jetzt einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine starke privatwirtschaftliche Medienlandschaft
Kranefuß betonte: „Unser Land braucht gerade jetzt einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine starke privatwirtschaftliche Medienlandschaft.“ Dies müsse bei anstehenden Reformen bedacht werden.
ARD-Chef Gniffke hingegen sieht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht als größte Konkurrenz für private Medienunternehmen. „Es ist nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der den privatwirtschaftlichen Medienunternehmen das Leben schwer macht“. Vielmehr seien es die großen Plattformen wie Google und TikTok, die Werbeerlöse abgreifen würden.
Aber auch für die ARD gehe es darum, mit Streamingdiensten wie Amazon und Netflix wettbewerbsfähig zu sein. „Wir müssen auf Augenhöhe mit den großen Techkonzernen kommen“, sagte Gniffke. „Netflix wird noch in diesem Jahrzehnt unseren heißen Atem im Rücken spüren.“ Schon jetzt sei die ARD-Mediathek im Deutschland erfolgreicher als Amazon. Zudem sei es schwierig, wenn Algorithmen etwa aus China die Inhalte in Deutschland bestimmen. „Das ist nicht unsere Vorstellung von Demokratie."
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