Die siebenjährige Zoé gilt als Sonnenschein: „Sie ist eine Frohnatur und der lachende Inbegriff für Freude und Lebenslust“, sagt Zoés alleinerziehende Mutter Tamina Singh. Sie ist selbst immer wieder erstaunt, was für eine kleine Kämpfernatur ihre Tochter doch ist: „Sie hält sich unheimlich tapfer.“ Dabei hat das Mädchen allein in den vergangenen vier Monaten an die 30 Operationen hinter sich gebracht. Ein Teil des Darms und der komplette Magen mussten entfernt werden. Zoé kämpft mit den Folgen eines sehr seltenen Geburtsfehlers, dessen Ursache unbekannt ist.
Seit Beginn des Jahres auf Intensivstation
Mit der schweren Behinderung hatte die Kleine trotz einiger Belastungen schon ganz gut umgehen gelernt. Doch Anfang des Jahres bestand plötzlich wieder Lebensgefahr. Die Kinderchirurgen im Uniklinikum Mannheim (UMM) konnten zum Glück helfen. Doch seitdem liegt das Kind auf der Intensivstation.
Kloakenekstrophie & Spenden
Die heute siebenjährige Zoé wurde mit einer Kloakenekstrophie (KE) geboren.
Die Ursache für das Entstehen einer der seltensten und am schwierigsten zu behandelnden Fehlbildungen ist unbekannt.
Die Behandlung umfasst eine Reihe von chirurgischen Eingriffen in der Universitätsmedizin Mannheim (UMM).
Der Aufruf „Hilfe durch schwere Zeiten“ bei GoFundMe hat bislang 2227 vom Spendenziel 7500 Euro eingebracht.
Internetseite: www.gofundme.com/f/hilfe-durch-schwere-zeiten. pj
Das macht auch seiner Zwillingsschwester Mila zu schaffen. „Es ist schwierig für sie, weil Zoé schon so lange im Krankenhaus ist, und der Schulwechsel ohne Zoé hat sie besonders traurig gemacht“, berichtet die 26-jährige Mutter. Als ob das alles nicht schon genug gewesen wäre, melden die Vermieter Eigenbedarf an. Im bisherigen Wohnort Edingen-Neckarhausen lässt sich trotz größter Bemühungen und nach Angaben von Tamina Singh rund 100 Bewerbungen keine neue Wohnung finden. Sie habe sich in Edingen „sehr wohl gefühlt“. Doch sei das vorübergehende Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft angesichts der dramatischen Lage nicht länger möglich gewesen. Deshalb lebt die kleine Familie jetzt in Neustadt an der Weinstraße und damit ganz in der Nähe von Zoés und Milas Großeltern.
Hält das Auto durch?
Dafür hat sich die räumliche Entfernung zum UMM leider verdoppelt. Das will und muss Tamina Singh in Kauf nehmen: „Wenn Zoé hoffentlich Ende des Jahres entlassen werden sollte, braucht sie ihre eigenen vier Wände.“ Im Telefongespräch wirkt die junge Frau gefasst. Doch sie ist natürlich fix und fertig: „Ich versuche nur noch zu gucken, dass die Kinder und ich überleben“, beschreibt Tamina Singh ihre tägliche Grenzerfahrung.
Das fängt schon an, wenn sie sich morgens ins Auto setzt. Jedes Mal bangt sie, ob es die Fahrt nach Mannheim noch einmal übersteht. „Es müsste eigentlich dringend in die Werkstatt oder ausgetauscht werden“, erklärt die gelernte Altenpflegerin. Die Reparatur von Bremsen und Stabilisatorstange soll insgesamt rund 1500 Euro kosten. Weil sie ihren Beruf derzeit nicht ausüben kann, fehlt es jedoch vorne und hinten an Geld.
„Ich bin unbezahlt von der Arbeit freigestellt, die Krankenkasse zahlt mir aber nur einen Teil meines Einkommens zurück“, teilt Tamina Singh mit. Sie lebt getrennt von ihrem Mann. Die täglichen Belastungen durch die schwere Behinderung Zoés hätten auch dazu beigetragen, dass die Beziehung in die Brüche gegangen sei. „Da bleibt leider sehr viel auf der Strecke“, seufzt die aus Böhl-Iggelheim stammende Pfälzerin.
In Zeiten der Inflation sei es obendrein „sehr schwer geworden, unseren Lebensunterhalt zu bestreiten, da uns monatlich mehr als 600 Euro fehlen“. Sie bekommt derzeit kein Pflegegeld mehr, hat hohe Spritkosten für die täglichen Klinikfahrten und unter anderem den Verdienstausfall zu verschmerzen. Ihre berufstätigen Eltern helfen, wo sie können. Auch Freunde unterstützen sie. Dennoch raten ihr gute Bekannte dazu, einen Spendenaufruf im Internet zu starten. „Ich mache das ungern, aber sie haben gesagt: Probier’s einfach aus, du hast Hilfe nötig“, erzählt Tamina Singh. Freundinnen helfen ihr, sich dazu durchzuringen.
GoFundMe lässt hoffen
Und siehe da: Über GoFundMe, die größte soziale Crowdfunding-Plattform der Welt, verbreitet sich die Seite „Hilfe durch schwere Zeiten“ mit der Geschichte von Zoé. Unschöne Kommentare aus dem Netz steckt Tamina Singh weg, denn sie darf trotz allem wieder mehr Hoffnung schöpfen: „Dank fleißigem Teilen hat sich jemand gefunden, der die Wand im neuen Kinderzimmer gestalten möchte“. Träume doch Zoé von Dino-Motiven rund um ihr Bett zuhause. „Ich will, dass sie sich pudelwohl und sicher fühlt, wenn sie irgendwann hoffentlich wieder nach Hause kann“, schreibt die Mutter auf der Plattform, über die sich Menschen in Not Hilfe von Mitmenschen einholen können. Jede Spendenaktion wird nach Angaben von GoFundMe überprüft, um sicherzustellen, dass die Spenden zweckmäßig eingesetzt werden.
Zwillingsschwester muss viel wegstecken
Auch Schwester Mila soll sich ein Wunschzimmer gestalten dürfen: „Sie muss im Moment einfach so stark sein und legt viel Rücksicht und Verständnis an den Tag.“ Immerhin dürfen sich die naturgemäß eng verbundenen Zwillinge inzwischen wieder sehen. Doch haben alle drei noch einen langen Genesungsweg mit vielen Operationen vor sich. „Mein größter Wunsch ist es, meine Tochter wieder zuhause zu haben“, sagt Tamina Singh. Dass das UMM-Personal auf der Intensivstation „mit viel Herzblut einen richtigen tollen Job leistet“, macht ihr alles etwas leichter. „Sie versuchen dort einfach alles, um meine Tochter bestmöglich zu versorgen, und ich bin so froh, Zoé gut aufgehoben zu wissen“, sagt Tamina Singh.
Dankbar ist sie aber auch für bislang 62 Spenden im Wert von insgesamt mehr als 2200 Euro, die sie dem Ziel von 7500 Euro näherbringen. Das soll den Lebensunterhalt für Zoés Familie einige Monate lang entlasten und die Autoreparatur finanzieren. Damit die kleine Kämpferin am Ende gewinnt.
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