Fußball

"Wunder Waldhof": Die unvergessenen Mannheimer Helden von 1983

Durch ein 3:3 beim MSV Duisburg stieg der SV Waldhof vor 40 Jahren in die Bundesliga auf. Unter Trainer Klaus Schlappner hatte sich ein eingeschworener Haufen gebildet, der zum Großteil aus Eigengewächsen bestand.

Von 
Andi Nowey
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Party nach dem Schlusspfiff: Die Waldhof-Spieler in Duisburg, unter anderem Fritz Walter (untere Reihe, 2. v. r.). © Imago

Mannheim. Mitte Mai ist die Zeit gekommen, in der die Entscheidungen in den Fußball-Ligen fallen. Das vielleicht wichtigste Datum in der Vereinsgeschichte des SV Waldhof bestätigt das. Es war am 14. Mai 1983, als die Mannheimer nach einem 3:3 im Wedaustadion beim MSV Duisburg den sensationellen Aufstieg in die Bundesliga feierten. Das „Wunder Waldhof“ war perfekt.

Fritz Walter, der in der Aufstiegssaison 21 Treffer beisteuerte, erinnert sich fast auf den Tag genau 40 Jahre später an den historischen Erfolg. „Es hatten sich einige Tausend Waldhof-Fans auf den Weg gemacht und sie haben uns extrem angefeuert. Überhaupt waren wir in dieser Zeit eine richtige Einheit zwischen Fans und Spielern“, sagt der heute 62-Jährige.

Klaus Schlappner, früherer Trainer des SV Waldhof Mannheim, steht im Jahr 2010  vor seinem Wohnhaus im südhessischen Einhausen. © Ronald Wittek/dpa

Vor den Feierlichkeiten hatte aber der Schweiß gestanden. Der MSV verlangte den Blau-Schwarzen vier Spieltage vor Saisonende alles ab. Ralf Heck (9.), Herbert Büssers (32.) und Roland Wohlfarth (52.) brachten das Heimteam dreimal in Führung. Stefan Knapp, der diesen Treffer noch heute als einen der wichtigsten seiner Karriere bezeichnet, sorgte für den ersten Ausgleich (12.). Ehrenspielführer Günter Sebert mit einem Freistoß ins linke Tordreieck (43.) und Paul Linz mit einem Distanzhammer (75.) glichen zwei weitere Male aus.

Sprungbrett für Fritz Walter

Fritz Walter ging an diesem denkwürdigen Tag zwar leer aus, hatte aber ansonsten in jener Saison den Grundstein für seine außergewöhnliche Bundesliga-Karriere gelegt - 1987 wechselte er zum VfB Stuttgart. „Ich hatte ein Jahr zuvor eine Achillessehnen-Operation. Da hat mir das Aufstiegsjahr richtig viel gebracht. Es hat auch einfach alles gepasst. Der Zusammenhalt war super und jeder hat gewusst, wie der Andere zu laufen hat“, erinnert sich Walter, der heute als Repräsentant eines Autohauses in Schwäbisch Gmünd tätig ist.

Als wir damals in Mannheim angekommen sind, war alles voll mit Leuten. Da waren Tausende
Fritz Walter Ehemaliger SVW-Spieler

Auch Klaus Schlappner „war zu dieser Zeit genau der richtige Trainer“, findet Walter. „Zusammen mit seinem Assistenten Klaus Sinn war das ein super Trainergespann.“

Nach sieben Spieltagen schon drei Niederlagen

Schlappner kommentierte damals bei aller Euphorie im Umfeld das Spiel in Duisburg erstaunlich nüchtern: „Die Mannschaft hat in der ganzen Runde tüchtig gespielt. Da und dort sahen wir heute in der Abwehr Fehler, über die wir reden müssen. Denn wir müssen bis zum Schluss engagiert spielen.“

Die Saison hatte für die Mannheimer gar nicht überzeugend begonnen. Nach sieben Spieltagen standen die Kurpfälzer nur auf Rang sieben und hatten bereits drei Niederlagen auf dem Konto. Dann aber starteten die Waldhof-Buben durch. In den 27 folgenden Partien gab es nur noch zwei Niederlagen.

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Dementsprechend selbstbewusst fuhren die Waldhöfer nach Duisburg und holten ihren noch fehlenden Punkt. Auf der Heimfahrt kreisten im Bus die Bierflaschen. Auch die eine oder andere Zigarre wurde angesteckt. „Als wir damals in Mannheim angekommen sind, war alles voll mit Leuten. Da waren Tausende“, berichtet Walter.

Schlappner war das egal, er bat sein Team tags darauf zum Training. Schließlich seien noch drei weitere Spiele zu absolviere und das Team habe noch eine Verantwortung gegenüber den anderen Mannschaften, betonte „Schlappi“.

Wie eine große Familie

Besonders machte den sportlichen Erfolg vor allem die Tatsache, dass die Aufstiegsmannschaft fast ausschließlich aus Eigengewächsen wie Günter Sebert, Ulf Quaisser oder Dimitrios Tsionanis bestand. Das Fundament bildete jene Mannschaft, die im Juni 1980 die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft mit dem legendären Trainer Kurt Kobberger gewonnen hatte.

Der SVW-Kader 1983

  • Torhüter: Walter Pradt, Uwe Zimmermann.
  • Abwehr: Pantelis Tsionanis, Günter Sebert, Roland Dickgießer, Oskar Bauer, Ulf Quaisser, Dimitrios Tsionanis, Dieter Schlindwein, Volker Kispert, Stefan Knapp.
  • Mittelfeld/Angriff: Wolfgang Böhni, Jürgen Fischer, Alfred Schön, Hans Hein, Karl-Heinz Bührer, Paul Linz, Jürgen Makan, Fritz Walter.
  • Trainer: Klaus Schlappner.
  • Co-Trainer: Klaus Sinn.

 

Roland Dickgießer, mittlerweile wie Sebert SVW-Ehrenspielführer, erklärte im „Kicker“ das besondere Erfolgsrezept des Teams, das das „Wunder Waldhof“ schaffte. „Schlappner und der ganze Verein legten sehr großen Wert auf familiären Zusammenhalt. Die Frauen und Kinder waren voll integriert. Man hat viel gemeinsam unternommen“, erzählte Dickgießer. „Das schuf einen wahnsinnigen Teamgeist.“

Sieben Jahre in der Bundesliga

Andere Zeiten. „Ein solcher Erfolg ist heute nicht mehr denkbar“, sagte der aktuelle Waldhof-Trainer Christian Neidhart in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den VfB Oldenburg. „Dazu hat sich der Fußball zu sehr verändert.“ Auch Fritz Walter sieht die Zweitliga-Meisterschaft mit dem SVW als etwas Einzigartiges an: „Durch das Bosman-Urteil wurde im Fußball alles aufgemacht und das hat beschleunigt, dass heute immer mehr Geld in die Profi-Mannschaften fließt.“

Der Fußball hat sich verändert und verändert sich weiter. Der SV Waldhof hielt sich nach dem Aufstieg 1983 bis zum Abstieg 1990 sieben Jahre lang in der Bundesliga. Die Helden von Duisburg bleiben allen SVW-Fans unvergessen.

Freier Autor Schwerpunkte: Mannheimer Kreisfußball, Kreisklassen A und B, Kreispokal, Waldhof-Legenden

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