Fußball-EM

Warum bei der EM so viele Sponsoren aus China zu sehen sind

Fünf von 13 Premiumsponsoren bei der EM in Deutschland kommen aus China. Für die UEFA ist das ungeachtet der politischen Spannungen und Menschenrechtsverletzungen höchst lukrativ. Aber was verspricht sich China davon?

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Florian Eisele
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„Vivo Player of the Match“ Antonio Rüdiger – das Unternehmen ist einer von zahlreichen chinesischen Sponsoren bei dieser EM. © Marcus Brandt/dpa

Als Antonio Rüdiger nach dem Spiel gegen Dänemark den Preis für den Spieler des Spiels annahm, war das der Schlussakkord eines denkwürdigen Spiels. Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich in einem packenden Spiel durchgesetzt. Zum Ablauf gehört es, dass der beste Spieler der Partie gekürt wird - und dass im Hintergrund eine Sponsorenwand zu sehen ist. Es handelt sich schließlich um den „Vivo Player of the Match“. Vivo wiederum ist ein chinesischer Handyhersteller und einer von mehreren Vertretern aus dem Land von Xi Jinping, wo Staat und Wirtschaft kaum voneinander zu trennen sind.

Fünf von 13 Premiumsponsoren kommen bei dieser Europameisterschaft aus dem Reich der Mitte. Der E-Autohersteller Byd, die Bezahlplattform Alipay, die Online-Handelsplattform Ali Express und der Elektrokonzern Hisense sind die anderen vier. Das ist ein Unternehmen mehr als noch bei der vorherigen EM 2021.

Die UEFA strebt einen Rekordumsatz von 2,4 Milliarden Euro an

Zum Vergleich: Drei der Elitesponsoren kommen aus Deutschland, drei aus anderen europäischen Ländern. Der US-Konzern Coca-Cola und die katarische Tourismusbehörde komplettieren das Feld. Die EM ist zu einem wichtigen Markt für China geworden.

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Ein großer Faktor ist für die UEFA natürlich das Geld, das die Unternehmen mitbringen. Martin Kallen, der Turnierleiter des Verbands, hatte Ende Januar beim Sportkongress Spobis einen Rekord angestrebt: Mehr als 2,4 Milliarden Euro Umsatz sollen und werden es wohl bei dieser EM in Deutschland sein. Das wäre deutlich mehr als beim bisherigen Rekordturnier 2016, als 1,9 Milliarden umgesetzt wurden. Den größten Teil des Kuchens macht das Sponsoring aus, das bei diesem Turnier bei knapp 600 Millionen Euro liegen soll.

Xi Jinping will China zur Fußballnation machen

Doch auch Chinas Wirtschaft hat ein großes Interesse daran, bei der EM präsent zu sein. Das weiß Markus Kurscheidt. Er ist Professor für Sport Governance und Eventmanagement an der Universität Bayreuth und sagt: „Dass chinesische Unternehmen sich bei der EM sichtbar machen, ist Teil einer politischen Strategie.“ Staatschef Xi Jinping ist selbst ein großer Fußballfan und erließ daher 2014 den „Soccerplan“. Dessen Ziel: China soll zur Fußballnation werden. Über Milliardenausgaben soll die heimische Liga gestärkt werden.

Über das Sponsoring bei großen Turnieren wiederum soll sich Chinas Wirtschaft als Hightech-Nation darstellen. „Man ist jetzt nicht mehr die Werkbank, sondern ein Technologie- und Dienstleistungszentrum.“ Das langfristige Ziel lautet zudem: Bis 2050 will China eine WM austragen.

Die Stars haben chinesischer Liga wieder den Rücken gekehrt

Der Plan ist bislang nur teilweise aufgegangen. Nachdem die eigene Liga zwischen 2017 und 2019 viele europäische Stars köderte, kam vor einigen Jahren ein empfindlicher Rückschlag, so Kurscheidt: „Im überhitzten Immobilienmarkt ist die Blase geplatzt - und die hat auch die Fußballclubs erfasst.“ Guangzhou Evergande, der einstmals größte Verein des Landes, lotste einst Weltmeister Fabio Cannavaro und brasilianische Stars wie Hulk in die Liga. Hauptsponsor war ein Bauunternehmen.

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Mittlerweile spielt der Klub in der 2. Liga. Abgehalfterte Stars, die im Karriereherbst noch viel Geld verdienen wollen, zieht es mittlerweile nach Saudi-Arabien. Was geblieben ist, ist die Begeisterung für den Fußball, so Kurscheidt: „In China haben die jungen Menschen schon immer stark nach Westen geschaut.“ Das gelte für Musik, Mode, Film - und mehr denn je für Fußball, nachdem das Experiment mit den eingekauften Stars nicht geklappt hat.

In Südamerika sieht man andere Bandenwerbung als in Asien oder Europa

Das führt dazu, dass chinesische Firmen bei der EM gewissermaßen in zwei Richtungen werben: einerseits, um ihren Bekanntheitsgrad auf dem Weltmarkt zu stärken, andererseits, um ihr Renommee beim chinesischen Publikum, das die EM an den Bildschirmen verfolgt, zu erhöhen. „Wer in China etwas auf sich hält, kauft sich zwar immer noch einen BMW. Aber wenn in den Stadien der Schriftzug eines chinesischen Autoherstellers zu sehen ist, ist das eine Aufwertung“, so Kurscheidt.

Die Bandenwerbung ist ohnehin international: Zuschauer in Europa bekommen andere Inhalte eingeblendet als jene, die aus Südamerika oder eben Asien zusehen. Der größte Wachstumsmarkt ist aber China, weswegen nicht nur die UEFA, sondern auch viele europäischen Topclubs das Land und seine Fans umgarnen. Angesichts der politischen Spannungen und den Vorwürfen bezüglich der Verletzung der Menschenrechte, denen sich China ausgesetzt sieht, ist das ein schmaler Grat.

Tiktok im Vergleich zur EM 2021 nicht mehr im Sponsorenpool

Ein kontrovers gesehenes chinesisches Unternehmen, das bei der EM 2021 noch dabei war, ist übrigens aus dem Pool der Premiumsponsoren ausgestiegen. Es handelt sich um Tiktok.

Stattdessen gibt es mittlerweile eine Partnerschaft zwischen dem DFB und dem Social-Media-Unternehmen. Auch der Deutsche Oympische Sportbund setzt auf Tiktok. Laut Kurscheidt gibt es dafür eine simple Erklärung: „Tiktok muss nun wirklich nicht bekannter werden. Dafür brauchen sie diese Partnerschaften, um Content zu generieren, an Storys zu kommen. Das geht jetzt schon eine Ebene tiefer.“

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