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Vor den Olympischen Spielen in Paris: Eine Stadt wird zur Sicherheitszone

Während der Olympischen Spiele in Paris wird der Zugang zu etlichen Bereichen eingeschränkt, täglich sind mindestens 30.000 Sicherheitsleute im Einsatz - besonderes Augenmerk liegt auf der Eröffnungszeremonie

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In der Nähe der Statue der Jeanne d’Arc (Hintergrund) befindet sich einer von mehreren Sicherheitskontrollpunkten in Paris. © David Goldman/dpa

Für die einen ist es ein enormes Sicherheitsrisiko, für die anderen das Versprechen eines unvergesslichen Spektakels im Herzen von Paris: Die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele am 26. Juli wird sich auf der Seine abspielen und über sechs Kilometer hinziehen. Erstmals in der Geschichte findet der Auftakt der sportlichen Großveranstaltung nicht in einem geschlossenen Stadion statt, sondern mitten in der Stadt.

160 Boote sollen 10 500 Athletinnen und Athleten über den Fluss bis zum Eiffelturm transportieren. Auf der gegenüberliegenden Tribüne auf dem Trocadéro-Platz nehmen rund 120 Monarchen, Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt Platz. An den Flussrändern können 326 000 Menschen dem Spektakel beiwohnen, die vorab Bezahltickets für den unteren und Gratis-Karten für den oberen Uferbereich erworben haben und deren Identität überprüft wurde.

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Was märchenhaft klingt, ist Sicherheitsexperten zufolge ein Alptraum in Sachen Absicherung. Das Organisationskomitee der Spiele, „fasziniert von der Schönheit einer außergewöhnlichen Zeremonie“, habe diese Frage „stark unterschätzt“, kritisierte Alain Bauer, Professor für Kriminologie, gegenüber dieser Redaktion. „Das Risiko ist seit München oder Atlanta bekannt, aber wird durch die internationalen Spannungen und die Konzentration der Bedrohungen vervielfacht.“ Diese gehen von externen dschihadistischen Netzwerken wie auch von internen „radikalisierten“ Bewegungen mit gesellschaftlichen oder umweltpolitischen Anliegen aus. Auch mit russischen Operationen zur Destabilisierung, wie Fake-News-Kampagnen im Internet, sei zu rechnen.

In Frankreich gilt die höchste Alarmstufe

Demgegenüber versichern die Verantwortlichen, dass sie die Gefahren im Blick haben. Seit dem Anschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau Ende März, den die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert hat, gilt in Frankreich die höchste Alarmstufe. Es gebe kein „Null-Risiko“, räumte der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez Ende Juni in einem Radiointerview ein. „Alles ist bereit, wir sind sehr zuversichtlich“, sagte er dennoch.

Werden zum Auftakt 45 000 Sicherheitsleute im Einsatz sein, so sind es in der übrigen Zeit bis zum Ende der Spiele am 11. August täglich 30 000 Polizisten und Gendarmen. Verstärkt werden sie durch ungefähr 18 000 Soldatinnen und Soldaten. Darüber hinaus wurden bis zu 26 000 Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen ausgebildet. Medienberichten, denen zufolge nicht genügend solcher Agenten gefunden wurden, widersprach Nuñez: Es gebe auch diesbezüglich keine Probleme. Polizisten und Gendarmen, die Urlaubssperre haben, erhalten Prämien von bis zu 1900 Euro pro Person. Dies wird zu den Gesamtkosten für die Sicherheit addiert, welche bislang unbekannt sind.

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Um alle Wettkampfstätten und andere viel besuchte oder sensible Orte werden weiträumige Sicherheitszonen errichtet. Mehrere Metrostationen bleiben daher geschlossen, auch der Autoverkehr wird stark eingeschränkt, die Stadt dadurch in eine Art Sicherheitsgebiet mit verschiedenen Niveaus verwandelt. Anwohner müssen sich vorab um Zugangscodes bemühen, um freien Durchgang zu bekommen. Fast eine Million Menschen, darunter Athleten, Trainer, Journalisten, Freiwillige und Sicherheitsleute, wurden Überprüfungen unterzogen. Mitte Juli informierte Innenminister Gérald Darmanin, dass 3512 potenzielle Gefährder keine Akkreditierung erhalten haben, unter ihnen mehrere dutzend „Radikale, die islamistischen Milieus nahestehen sowie Mitglieder der Ultralinken und Ultrarechten“.

Auch aus dem Ausland gibt es Unterstützung für die Absicherung des Mega-Events, das an 35 verschiedenen Sportstätten überwiegend in Paris und dessen Großraum ausgetragen wird. Rund 40 Länder, darunter Deutschland, schicken insgesamt 1750 Sicherheitskräfte. Neben den Austragungsorten werden auch Bahnhöfe und Flughäfen sowie die Fan-Zonen besonders geschützt.

Ein Plan B hätte erhebliche Einnahmeausfälle zur Folge

Hinsichtlich der Eröffnungszeremonie gibt es im Fall einer konkreten Sicherheitsbedrohung einen Plan B. Er sieht deren Beschränkung auf den Bereich zwischen dem Eiffelturm und dem Trocadéro-Platz vor. Laut einem vertraulichen Dokument, das dem französischen Enthüllungsblatt „Le Canard Enchaîne“ vorlag, würde dies allerdings Einnahmeausfälle in Höhe von mehr als 255 Millionen Euro nach sich ziehen.

Nicht nur gäbe es 104 000 Tickets mit Preisen von 90 bis 2700 Euro zu erstatten, einkalkuliert werden müssten auch die fehlenden Werbeeinnahmen. Die Zahl der Fernsehzuschauer allein am Eröffnungsabend wird auf eine Milliarde geschätzt. Auch deshalb setzen Paris und die Sponsoren der Spiele auf die strahlenden Bilder vom Olympia-Auftakt auf und an der Seine.

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