Handball

So gehen die Deutschen das Länderspiel in Mannheim an

Nach Olympia-Silber gehört die deutsche Nationalmannschaft bei künftigen Turnieren automatisch zum Medaillenkreis. Am Donnerstag geht es in Mannheim gegen die Schweiz. Mit einem klaren Ziel

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Marc Stevermüer
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„Wir müssen schnell in die Spur kommen“, sagt Bundestrainer Alfred Gislason. © Tom Weller/dpa

Mannheim. Als Trainer hat man eigentlich nie Zeit. Und wenn doch, dann hat man in der Regel irgendetwas falsch gemacht. Schließlich gibt es immer etwas zu verbessern. Erst recht, wenn es um Kleinigkeiten und Details, um Feinabstimmung und Automatismen geht.

Es verwundert daher kaum, dass sich die Gedanken von Handball-Bundestrainer Alfred Gislason oft um seine Mannschaft drehen. Denn er ist fest davon überzeugt, dass dieses junge Team noch längst nicht am Ende seines Weges angekommen ist, dass es noch Potenzial zu heben und Optimierungsbedarf gibt. Wenngleich es schon sehr gut aussieht.

Gislason ist als Nachhilfelehrer gefragt

In diesem Jahr meldete sich die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in der Weltspitze zurück. Dem EM-Halbfinale im Januar folgte Olympia-Silber im Sommer. Erst im Endspiel wurde das DHB-Team vom dreifachen Weltmeister Dänemark gestoppt. Und zwar auf eine brutale Art und Weise, wie allein schon das deutliche 39:26-Endergebnis aussagt.

Unmittelbar nach dem verpassten Gold-Coup von Lille machte sich bei Gislason noch ein wenig Enttäuschung breit. Was angesichts der historischen Chance und des klaren Resultats nur allzu verständlich ist. Doch mit ein wenig Abstand überwog dann doch der Stolz. Und zuletzt scherzte der Bundestrainer sogar, dass ein Finale gegen Dänemark ja ohnehin erst für 2027 geplant gewesen sei. Und zwar bei der Heim-WM.

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Bis dahin ist es allerdings noch ein wenig Zeit - aber eben auch nur auf den ersten Blick. Denn es ist stets das schwierige Los eines Nationaltrainers, dass er seine Mannschaft nur ein paarmal im Jahr zu Gesicht bekommt. Deswegen sei man „immer in einem Entwicklungsprozess“, meint Rückraum-Linkshänder Renars Uscins, der ein glänzendes Olympia-Turnier spielte: „Wir müssen Dinge umsetzen, die wir vor drei Monaten gut gemacht haben. Das müssen wir immer wieder auffrischen.“

Gislason ist in diesen Tagen beim Lehrgang des Teams in Großwallstadt also als eine Art Nachhilfelehrer gefragt. Er muss den zuvor erlernten Stoff wiederholen. Damit am Ende ein funktionierendes Gesamtkonstrukt herauskommt. Was umso schwerer wird, wenn plötzlich ein paar Spieler fehlen, die zuvor immer dabei waren und einige andere neu hinzukommen.

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In den EM-Qualifikationsspielen gegen die Schweiz am Donnerstag (18.30 Uhr/live bei sportschau.de) in der Mannheimer SAP Arena und am Sonntag (15.10 Uhr/live in der ARD) in Ankara gegen Gastgeber Türkei muss Gislason auf seine verletzten Leistungsträger Juri Knorr und Julian Köster verzichten. Beide sind feste Größen im Rückraum. Also genau dort, wo Spiele und somit auch Titel entschieden werden. Philipp Weber und Franz Semper sagten ebenfalls ab, Max Beneke, Lukas Stutzke und Timo Kastening wurden nachnominiert. Der Bundestrainer muss also ein bisschen basteln.

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„Wir haben zwar eine eingespielte Mannschaft, aber von der Bank werden Jungs kommen, die noch nicht so gut eingebunden sind. Wir müssen schnell in die Spur kommen“, sagt Gislason. Und doch geht seine Mannschaft als Favorit in die beiden Partien gegen die Schweiz und in der Türkei, was auch Kapitän Johannes Golla so sieht.

„Wir wollen früh für Klarheit sorgen, damit wir das nächste Turnier planen können. Das klappt am schnellsten, wenn man alle Spiele gewinnt“, unterstreicht der Kreisläufer die Ambitionen der DHB-Auswahl und bringt ebenfalls das neue Selbstverständnis zum Ausdruck. Die Deutschen gehören aufgrund ihrer Erfolge in diesem Jahr automatisch bei künftigen Turnieren zu den Medaillenkandidaten, weil sie ihren eigenen Status verändert haben.

Oft war diese talentierte Mannschaft in den vergangenen Jahren richtig gut und verlor dann trotzdem. Sie hatte also ihre Grenze erreicht. Durch den Erfolg bei den Olympischen Spielen mit Siegen über große Handball-Nationen wie Schweden, Frankreich und Spanien hat die DHB-Auswahl aber die Grenzen verschoben. Sie hat sich entwickelt, was ein wenig an die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA erinnert.

Noch ein gutes Stück von Weltmeister Dänemark entfernt

Dort wird jede Saison der Titel für den „Most Improved Player“, also den Spieler mit dem größten Leistungssprung vergeben. Gäbe es sowas auch für Handball-Mannschaften, würde diese Auszeichnung in diesem Jahr an die Deutschen gehen. Wenngleich außer Frage steht, dass der Olympia-Zweite von den Dänen immer noch ein gutes Stück entfernt ist.

Gislason weiß das. Aber der Isländer orientiert sich weniger an den momentan schier übermächtigen skandinavischen Seriensiegern, die mit ihren vielen Titeln eine Aura der Selbstverständlichkeit entwickelt haben, die schon viele Gegner vor dem Anwurf aufgeben lässt. Die wichtigste Vergleichsgröße für den Bundestrainer ist vielmehr seine eigene Mannschaft. Er misst dieses Team an dem Team, das es sein könnte. Also am absoluten Leistungsmaximum. Und dort, das betont der 65-Jährige immer wieder, sind die Deutschen noch nicht angelangt. Aber sie befinden sich auf einem guten Weg dahin.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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