Lehmanns Eskapaden

Von 
Alexander Müller
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Es gibt die Fußballprofis, die aus ihrem Leben nach der aktiven Karriere richtig was gemacht haben. Als außergewöhnliche Trainer wie Xabi Alonso, als Manager bei Topclubs wie Max Eberl, selbst der lange belächelte Lothar Matthäus ist als omnipräsenter und kompetenter Fernsehexperte wieder geachtet. Und dann gibt es Jens Lehmann.

Als wir neulich die Geschichte des peruanischen Fußballers Sebastián Muñoz lasen, kam uns der Name Lehmann unvermittelt in den Sinn. Im Stadion von Nueva Cajamarca lief die 71. Minute des Vorrundenspiels der Copa Perú zwischen Atletico Awajun und Cantorcillo. Da nutzte der Mittelfeldspieler der Gastgeber eine kleine Verletzungsunterbrechung, um sich vor der Ausführung eines Eckballs an der dazugehörigen Fahne zu erleichtern. Der Druck war zu groß. Ein Video als Beweismaterial „überführte“ Muñoz.

Jens Lehmann hat es dem pinkelnden Peruaner einst vorgemacht. Im Jahr 2009 kniete sich der damalige Keeper des VfB Stuttgart während eines Europapokal-Spiels hinter die Bande, die Augen weiter auf das Spielgeschehen gerichtet – und ließ einfach laufen. Der Schiedsrichter bemerkte nichts, das kleine Geschäft blieb folgenlos.

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Über diese Episode mag man noch schmunzeln, anders ist das bei einigen Eskapaden nach Lehmanns Karriereende. Ende September verurteilte das Landgericht München den mittlerweile 54-Jährigen in einem Verfahren, das der Boulevard „Kettensägen-Prozess“ getauft hatte, zu einer Geldstrafe von 135 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte Lehmann vorgeworfen, mit einer Kettensäge einen Dachbalken der Garage seines Nachbarn angesägt zu haben. Als Grund wird angenommen, dass der Schuppen die Sicht von Lehmanns Villa auf den Starnberger See behinderte. Die Frage, ob er bei dieser Aktion noch alle Latten am Zaun hatte, steht im Raum.

Es war indes nicht die einzige fußballfremde Geschichte, die Lehmann in die Schlagzeilen brachte. Er soll am Münchner Flughafen versucht haben, die Zeche im Parkhaus zu prellen, Medienberichten zufolge stoppte ihn die Polizei außerdem alkoholisiert nach einem Wiesn-Besuch am Steuer seines Wagens und zog seinen Führerschein ein.

Wenn die Ausrutscher zur Regel werden, ist das eine bedenkliche Entwicklung. In der Branche reagiert man zunehmend gereizt auf den exaltierten Ex-Keeper. Nachdem Lehmann in einem Interview gefordert hatte, eigentlich müsse Bernd Leno nach der Verletzung von Marc-André ter Stegen das DFB-Tor hüten, keilte der Bundestrainer zurück. „Es ist immer gut, wenn man die Hintergründe weiß, bevor man was erzählt“, fauchte Julian Nagelsmann.

Wie schön wäre es doch, wenn das Leben außerhalb des Rasen-Rechtecks so einfach wäre wie die oft erzählte Heldengeschichte im WM-Viertelfinale 2006 gegen Argentinien, als Torwarttrainer Andreas Köpke Lehmann vor dem Elfmeterschießen einen Zettel mit den Vorlieben der gegnerischen Schützen zusteckte – und der Schlussmann mit zwei gehaltenen Elfern zum Liebling des Landes aufstieg. Einen Zettel mit sachdienlichen Hinweisen, wie man etwas aus seinem Leben nach der aktiven Karriere macht, hat Lehmann aber offenbar niemals bekommen.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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