Mannheim. Würde Fußball-Drittligist SV Waldhof als Mannschaft eine Schulnote für die abgelaufene Spielzeit bekommen, würde die ziemlich deftig ausfallen. „Vier minus“, gerade noch so versetzt. Punkt. Entsprechend lautet der Auftrag für die rund vierwöchigen Sommerferien, dass in der Vorbereitung bis zum Saisonstart Anfang August einiges aufgearbeitet werden muss. Inhaltlich – und sicher auch personell. Zwar haben die Mannheimer in der Defensive solide gearbeitet, nach vorne ging aber viel zu wenig. Auch die Einzel-Zeugnisse dieser Redaktion zeigen: Der SVW hatte in der Saison 2024/2025 zu wenig Klasse-Spieler, um rechtzeitig auf der sicheren Seite zu sein.
Tor
Jan-Christoph Bartels: In der Torhüter-Rangliste auf Platz fünf, bei den Top-Spielern des „kicker“ Sechster. Für einen Torwart, der im vergangenen Sommer so gut wie aussortiert war, ist das eine überragende Bilanz. Bartels hat es beim SVW allen gezeigt und auch in der Crunch-Time des Abstiegskampfs sein Team immer wieder im Spiel gehalten. Das nötigt Respekt ab, nun sollte der Club alles daran setzen, mit dem 26-Jährigen zu verlängern. Note: 2+ (Halbjahresnnote 2)
Abwehr
Henning Matriciani: Die Leihgabe aus Schalke fand etwas schwer ins Team, steigerte sich dann aber und entwickelte sich zu einer festen Größe, die meistens 90 Minuten auf dem Platz stand. In Cottbus gelang ihm sogar sein erstes Profi-Tor überhaupt. Solide nach hinten, noch Luft nach oben bei den Flanken. Geht zurück nach Schalke, könnte aber bald wieder auf dem Markt sein. Note: 3+ (Halbjahresnote 3)
Lukas Klünter: Mister Zuverlässig kam aus Bielefeld und ließ mit seiner Schnelligkeit als Rechtsverteidiger auch gestandene Stürmer oft ins Leere laufen. Bernhard Trares beorderte den Ex-Bundesliga-Profi dann in die Innenverteidigung, wo sich seine Übersicht ebenfalls bezahlt machte. Für die 3. Liga fast zu gut und deshalb wohl schwer zu halten. Note: 2+ (Halbjahresnote 3)
Malte Karbstein: Immer wenn der Innenverteidiger auf dem Platz stand, war zu erkennen, dass der 27-Jährige die Klasse für die 3. Liga hat. Leider war das nur elf Mal der Fall. Erst ein Innenbandriss am Knie, dann ein Muskelbündelriss in der Rückserie. Dem Neuruppiner wünscht man endlich mal eine Saison ohne Verletzung. Note: 3- (Halbjahresnote 3)
Tim Sechelmann: Sechelmann teilte das Schicksal von Bartels, im vergangenen Sommer wollte ihn beim SVW trotz Vertrag niemand mehr haben. Seine Zeit kam mit dem Trainerwechsel zu Bernhard Trares, der ihn als Linksverteidiger wiederentdeckte. Seitdem spielte der 26-Jährige solide, zahlte das Vertrauen zurück und bot sich in der Rückserie für einen neuen Vertrag an. Note: 3+ (Halbjahresnote ohne Wertung)
Niklas Hoffmann: Der baumlange Pfälzer war verletzungsbedingt der Pechvogel der Hinrunde, zählte im Saisonendspurt aber zu den Stützen. Der neue Trainer Dominik Glawogger setzte ihn in den sechs Spielen unter seiner Regie vier Mal über die volle Distanz ein. Nachteile gegen sprintstarke Stürmer, aber ein unangenehmer Gegenspieler und eine Bank in der Luft. Bitte weiter so. Note: 3- (Halbjahresnote: ohne Wertung)
Marcel Seegert: „Mr. Waldhof“ hat eine schwere Saison hinter sich. In der Hinrunde Kapitän und Stammkraft, in der Rückrunde „Opfer“ des Wechsels von Lukas Klünter in die Innenverteidigung und dann meistens nur noch Reservist. Gesetzt dürfte „Cello“ auch nächste Saison nicht mehr sein, aber mit seiner Mentalität eigentlich unverzichtbar. Note: 3- (Halbjahresnote 3+)
Seyhan Yigit: Der junge Deutsch-Türke mit dem fränkischen Zungenschlag stand als Rechtsverteidiger lange im Schatten von Lukas Klünter, was keine Schande ist. Als Schienenspieler aber eine dynamische Alternative und einer der gefährlicheren Flankengeber. Sicher ein Spieler mit Zukunft. Note: 3- (Halbjahresnote 3-)
Sascha Voelcke: Mit seinem Vorwärtsdrang (3 Tore, zwei Vorlagen) ist Voelcke ein Linksverteidiger moderner Prägung, der das Spiel immer öffnen kann. Durch seine Qualitäten geriet der 23-Jährige schon im Winter ins Visier von höherklassigen Clubs. Zum Tempospiel von Neu-Coach Glawogger könnte Voelcke aber prima passen. Note: 3+ (Halbjahresnote 3+)
Mittelfeld
Adrian Fein: Das uneingelöste Versprechen. In einer guten Phase im Februar und März harmonierte Fein prächtig mit Winterzugang Arianit Ferati und zeigte seine Qualitäten als Passgeber und Stratege. In den Turbulenzen des Trainerwechsels von Trares zu Glawogger geriet aber auch Fein wieder ins Straucheln. Für einen neuen Vertrag konnte sich der feine Fußballer aus München insgesamt nicht empfehlen, dafür wechseln sich Licht und Schatten weiterhin zu oft ab. Note: 4+ (Halbjahresnote 4-)
Janne Sietan: Der Cottbuser ist die positive Überraschung dieser verkorksten Waldhof-Saison. Als Innenverteidiger verpflichtet, entwickelte Ex-Coach Trares den 22-Jährigen zur festen Größe im defensiven Mittelfeld. Ein Mentalitätsspieler mit dem richtigen Biss. Jetzt muss Sietan nur noch im Spiel nach vorne besser zünden. Note: 3+ (Halbjahresnote 2-)
Maximilian Thalhammer: Am Oberbayern scheiden sich die Geister. Einerseits hat Thalhammer unter drei verschiedenen Trainern eigentlich immer gespielt, andererseits wirkt er von der Körpersprache auf dem Platz manchmal zu lethargisch. Das bringt ihm den Vorwurf des Mitläufertums ein. Thalhammer hat aber auch etliche stabile Leistungen gezeigt. Note: 4+ (Halbjahresnote 4+)
Martin Kobylanski: Spätestens mit der Beurlaubung seines Förderers Marco Antwerpen im September sank der Stern des Spielmachers aus Berlin rapide. Bei seinen 19 Einsätzen (0 Tore/1 Vorlage) konnte sich Kobylanski nicht mehr positiv empfehlen und saß in der Rückrunde meistens nur noch auf der Tribüne. Note: 5 (Halbjahresnote 4-)
Arianit Ferati: Der Rückkehrer zum SV Waldhof bürgte sofort für eine gravierende Steigerung der Spielkultur im Mannheimer Mittelfeld. Feratis Ideen, Passgenauigkeit und Auge für freie Räume machen ihn zu einem Unterschiedsspieler in der 3. Liga. Nach einem starken Beginn unter Trares fiel der Stuttgarter im Frühjahr kurz in ein Formloch, aus dem er sich in der Crunchtime aber wieder befreite. Note: 2- (keine Halbjahresnote)
Rico Benatelli: Als Schlüsselspieler für das zentrale Mittelfeld geholt, geht Benatellis erste Saison in Mannheim als glatte Enttäuschung durch. An der Einstellung mangelte es dem höherklassig erfahrenen 33-Jährigen zwar nicht, dafür an Tempo und Dynamik. Benatelli konnte dem SVW-Spiel mit einem Tor und drei Vorlagen nie seinen Stempel aufdrücken. Note: 4- (Halbjahresnote 4+)
Julian Rieckmann: Der Abräumer aus Winsen an der Luhe in Niedersachsen präsentierte sich im Spiel mit dem Ball erheblich verbessert, auch ablesbar an vier Toren und drei Vorlagen. Ein wertvoller, verlässlicher Mannschaftsspieler, der zudem ganz selten verletzt ist. Note: 2- (Halbjahresnote 2)
Kelvin Arase: Zwei Jahre hatte der Österreicher jetzt Zeit, sich beim SVW durchzusetzen. Er ist daran gescheitert. Arases Spiel ist zu wenig zielführend, zu ineffektiv. Nur 2 Tore und eine Vorlage sprechen eine deutliche Sprache. Sein Vertrag läuft aus, er wird den Verein wohl verlassen. Note: 4- (Halbjahresnote 4+)
Angriff
Felix Lohkemper: Nachdem er sich von einer langwierigen Knieverletzung erholt hatte, wurde Lohkemper zu einem entscheidenden Faktor für den Klassenerhalt. Mit zehn Toren und drei Vorlagen ist der 30-Jährige der Mannheimer Topscorer, auch außerhalb des Platzes ging der Stürmer als Führungsspieler mit klaren Aussagen voran – und soll aufgrund einer Ausstiegsklausel inzwischen das Interesse von Ingolstadt und Saarbrücken geweckt haben.
Note: 2+ (Halbjahresnote 3+)
Terrence Boyd: Nach seinem Mittelfußbruch aus dem Dezember mühte sich der Torjäger im Frühjahr zu einem Comeback. Es war aber unübersehbar, dass die monatelange Verletzungsphase Spuren hinterlassen hat. Das letzte seiner insgesamt sechs Tore datiert vom 3. November 2024 beim 1:1 in Unterhaching. Der mittlerweile 34-jährige Boyd wird versuchen, über die Sommervorbereitung wieder in Form zu kommen. Note: 3- (Halbjahresnote 2+)
Kennedy Okpala: Als es in Cottbus und gegen Dresden um die Wurst ging, spielte das schnelle Eigengewächs mit drei Toren groß auf. Okpalas Anteil am Klassenerhalt ist damit verbrieft, seine zweite Saison im Profifußball hielt allerdings auch viele Täler bereit. Wenn er sich hingegen auf dem Top-Niveau der vergangenen Wochen stabilisieren sollte, muss die 3. Liga nicht das Ende seiner persönlichen Entwicklung darstellen. Note: 3 (Halbjahresnote 3-)
Andre Becker: Stark angefangen und dann ein bisschen nachgelassen. Die Winter-Leihgabe von Arminia Bielefeld schlug mit fünf Toren in den ersten sieben Spielen der Rückrunde voll ein, hatte danach aber auch den einen oder anderen glücklosen Auftritt. Dennoch: Sollte die Gelegenheit bestehen, den ehemaligen SVW-Jugendspieler Becker fest zu verpflichten, sollte der Waldhof zuschlagen: Note: 2- (ohne Halbjahresnote)
Nicklas Shipnoski: Von Glawogger ohne größeren Ertrag als Schienenspieler auf der rechten Außenbahn eingesetzt, blickt der Wormser insgesamt auf eine unbefriedigende Saison zurück. Zwei Tore und zwei Vorlagen sind für einen Profi mit dem Profil Angreifer zu wenig, in der Rückrunde kam Shipnoski meist nur noch zu Kurzeinsätzen oder saß sogar auf der Tribüne. Note 4- (Halbjahresnote 3)
Samuel Abifade: Über Whatsapp wurde eine Bildcollage weiterverbreitet, die Abifade lächelnd bei seiner Verpflichtung und optisch deutlich mitgenommener nach fast zwei Jahren beim Waldhof zeigt. Der flexible Allrounder hat in schwierigen Zeiten beim SVW immer seinen Mann gestanden und sich auch nicht beklagt, als er unter Trares zeitweise als Linksverteidiger aushelfen musste. Körperlich kann Abifade in der 3. Liga immer dagegenhalten – aber kein Tor und keine Vorlage bei 28 Einsätzen sind für einen gelernten Offensivspieler natürlich inakzeptabel. Note 4 (Halbjahresnote 3)
Trainer
Marco Antwerpen: Der Westfale wollte den Waldhof nach erfolgreicher Rettungsmission in der Tabelle nach oben führen, scheiterte dabei aber auch an sich selbst. Innerhalb weniger Wochen zerdepperte Antwerpen intern so viel Porzellan, wie man es selten erlebt hat. Dazu kam eine sportliche Krise mit dem Tiefpunkt der Pokal-Blamage neuer Dimension bei Landesligist Gommersdorf. Seinen Ruf rehabilitiert hat der Anfang September in Mannheim beurlaubte Antwerpen mit einer herausragenden Bilanz bei seiner neuen Station VfL Osnabrück. Note: 5 (Halbjahresnote: 5)
Bernhard Trares: Seine zweite Amtszeit am Alsenweg endete Anfang April abrupt, als Trares seine Mannschaft beim desolaten 0:2 gegen Schlusslicht Unterhaching im Stich gelassen hatte. Mit seinem ordentlichen Punkteschnitt von 1,33 hätte der SVW den Klassenerhalt geschafft, aber schwache Heimauftritte wie gegen Haching und Dortmund II sowie eine ausbleibende fußballerische Weiterentwicklung ließen an der Vereinsspitze das Vertrauen in den Heppenheimer schwinden. Die Trennung warf Fragen auf, vor allem die Art und Weise. Bei den SVW-Fans wird der Name Trares aber sowieso auf immer mit dem Aufstieg 2019 verbunden bleiben. Note: 3- (Halbjahresnote 3+)
Dominik Glawogger: Der Österreicher, im deutschen Profifußball ein bis dato ein unbeschriebenes Blatt, setzte einen Start in Mannheim in den Sand. Glawogger änderte Personal und Taktik, was die strauchelnde Mannschaft wohl noch zusätzlich verunsicherte. In den ersten drei Spielen gelang dem 35-Jährigen kein Sieg – nach dem 0:0 gegen Stuttgart II deutete vieles auf den Abstieg hin. Doch dann zeigte der SVW in Cottbus (4:2) und gegen Dresden (1:0) eine imponierende Reaktion, die man auch Glawoggers Arbeit zugute schreiben muss. Insgesamt hat der Grazer in seinen sechs Spielen beim Waldhof einen gemischten Eindruck hinterlassen. Note 3- (keine Halbjahresnote)
Ohne Wertung: Von den Ersatztorhütern Omer Hanin, Malwin Zok und Lucien Hawryluk kam nur Hanin zum Saisonstart zu Drittliga-Spielzeit (4 Einsätze). Der aus Wolfsburg ausgeliehene Linksverteidiger Manuel Braun feierte ein unglückliches Startelf-Debüt bei der 0:2-Niederlage in der Hinrunde bei Stuttgart II und wurde danach bis zu einem Kurzeinsatz im letzten Spiel in Bielefeld nicht mehr berücksichtigt.
Das junge Mittelfeldtalent Yusuf Wardak (19) durfte nur in der ersten Runde des Landespokals in Diedesheim mal in die erste Mannschaft reinschnuppern, der kosovarische U-21-Nationalspieler Arlind Rexhepi wurde im Winter in die Regionalliga zu den Stuttgarter Kickers verliehen, wo er aber bei acht Einsätzen (kein Tor/keine Vorlage) auch keinen nachhaltigen Eindruck hinterließ. U-23-Angreifer Djayson Mendes warf Glawogger im wichtigen Abstiegsduell gegen Stuttgart II ins kalte Wasser – beinahe hätte der junge Portugiese dabei in der Schlussphase noch einen Elfmeter verursacht.
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