Mannheim. Wenn die Waldhof-Fans jemanden in ihr Herz geschlossen haben, tun sie das tief und innig - und meistens auch mit einem passenden Ritual. So darf sich etwa Sommer-Neuzugang Adrien Lebeau regelmäßig über einen entsprechenden Sprechgesang freuen, wenn er den Platz betritt. In Anlehnung an die Anfeuerung für die französische Nationalmannschaft („Allez, les bleus!“) schallt es demnach „Allez, Lebö!“ von den Stadionrängen. Wer es mit der französischen Aussprache etwas genauer nimmt, wird feststellen, dass es eigentlich eher „Leboo“ heißen müsste, aber so reimt es sich eben besser.
Der gefeierte Tempo-Dribbler aus Metz lässt diese kleine Ungenauigkeit gerne über sich ergehen, auch auf dem Trainingsplatz reagiert er regelmäßig auf seinen etwas abgewandelten Nachnamen. „Das ist nicht schlimm, damit habe ich kein Problem“, grinst der 22-Jährige. „Hauptsache, die Fans sind für mich da und haben mir einen sehr herzlichen Empfang bereitet. Ich freue mich auf jedes Heimspiel und das motiviert mich um so mehr“, weiß der gebürtige Lothringer die Unterstützung im Stadion zu schätzen.
„Turbo“-Lauf beim Startelf-Debüt
Warum die Waldhof-Anhänger den Neuen aus dem Nachbarland so mögen, dürfte einen einfachen Grund haben. Wenn Lebeau auf dem Platz steht,ist meistens Betrieb, es passiert etwas Überraschendes oder er begeistert die Fans mit seinen Tempo-Läufen - wie bei seinem Startelf-Debüt am 4. Spieltag beim 3:2-Sieg bei Viktoria Köln.
Mit einem wahren Turbo-Antritt ließ der Rechtsfuß die versammelte Viktoria stehen und bediente Marc Schnatterer zentimetergenau zur zwischenzeitlichen 3:0-Führung der Mannheimer. Am Ende der Halbserie standen zwei Vorlagen und ein Tor. Sein Batman-Jubel mit der Maske beim 3:0 gegen Türkgücü München hatte dabei zusätzlichen Schauwert - und den Fans gefiel’s.
Insgesamt ist Lebeau mit dieser Quote zufrieden, auch wenn er nach seiner Muskelverletzung aus dem Pokalspiel gegen Union Berlin und dem folgenden frühen Aus nach nur neun Minuten gegen Saarbrücken etwas schwieriger in die folgenden Spiele fand und beim Auftakt gegen Borussia Dortmund II am 17. Januar sogar wegen der Gelb-Roten Karte aus dem Magdeburg-Spiel gesperrt zuschauen muss.
Aber der Wechsel nach Mannheim, das er nur von den Schilderungen seines ehemaligen Beraters und Ex-Sandhausen-Profi Regis Dorn kannte, hat sich für ihn nach eigener Aussage gelohnt. „Das hat mich gleich interessiert und hat sich sportlich auf jeden Fall bezahlt gemacht. Mir wurde gesagt, ich bekomme hier Einsatzzeit - und das hat gestimmt“, sagt Lebeau, der weiß, dass es keine Garantien gibt, aber an dessen Potenzial kaum vorbeizukommen ist.
Bei seinem Ex-Club Racing Straßburg war das zuletzt ganz anders. Als er 2019 als 19-Jähriger und zwei Jahren im Unterbau des französischen Erstligisten einen Profi-Vertrag unterschreiben durfte, sprach der 1,75 große Lothringer noch davon „dass ein Traum in Erfüllung gegangen“ wäre. Doch dass Träume nicht immer gut ausgehen, ist im Fußball-Geschäft nichts Neues. In Straßburg reichte es in zwei Jahren nur zu zwei Kurzeinsätzen in der Liga. „Der Trainer hatte andere Pläne, wollte die jungen Spieler nicht so“, blickt Lebeau zurück. Zudem musste er im Elsaß als Linksverteidiger ran. Vielleicht vermissten die RC-Verantwortlichen auch die entsprechende körperliche Präsenz, was er schon in der Fußball-Schule des heimischen FC Metz zu hören bekam.
„Esprit“ im taktischen System
Doch Lebeau schaut nach vorne und fühlt sich in Mannheim-Käfertal inzwischen ebenso wohl wie im fußballerischen System des SV Waldhof. „In Deutschland ist alles etwas taktischer geprägt und du musst viel laufen. Aber hier spielen wir auch mit Tempo und Ideen - das kommt mir entgegen“, sagt der 22-Jährige, der in der Fußball-Idee von Trainer Patrick Glöckner neben der geforderten Geschwindigkeit auch mal für die überraschenden Momente und den entsprechenden französischen „Esprit“ zuständig ist.
Geht es nach Lebeau, soll es für den SV Waldhof in der Rückrunde entsprechend erfolgreich weitergehen. Die Tage in Belek nimmt der neben dem Platz eher zurückhaltende Franzose dabei gerne mit, um dann ab dem zweiten Spiel in Würzburg wieder durchstarten zu können. Die Frage nach seinem persönlichen Traum, eine Rückkehr nach Frankreich oder anderes stellt er dabei hintenan.
„Klar möchte jeder am oberen Level spielen, aber jetzt zählt nur die Gegenwart mit dem SV Waldhof“, stellt Lebeau klar und feilt mit einem Lehrer weiter an seinen Deutschkenntnissen, während ihm Mohamed Gouaida, Léonce Kouadio oder Joseph Boyamba ab und an als Dolmetscher aushelfen. „Verstehen kann ich schon gut, sprechen ist noch schwierig“, sagt der SVW-Neuzugang. Doch selbst wenn das besser klappt, wird er die Fans nicht verbessern. Sie sollen einfach weitersingen.
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