Kommentar SV Waldhof rettet sich vor dem Abstieg: Der letzte Warnschuss

Der SV Waldhof Mannheim bleibt Drittligist. Doch nach dem Klassenerhalt müssen sich im Verein viele Dinge grundlegend ändern. Ein Kommentar.

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Alexander Müller
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Es ist noch einmal gut gegangen. Der mit einem gewaltigen Kraftakt auf den letzten Metern erreichte Klassenerhalt ist aber das einzig Positive, das von der chaotischsten Saison des SV Waldhof seit der Rückkehr in den Profifußball 2019 übrigbleibt. Die Mannheimer sollten die zweite Spielzeit in Folge, in der der Abstieg aus der 3. Liga bis ganz zum Schluss ein realistisches Alptraumszenario war, als das werten, was sie war: der letzte Warnschuss.

Wenn sich beim SVW nicht grundlegende Dinge ändern und verbessern, wird sich dieser Verein auf Dauer nicht im Profifußball behaupten können. Vier Trainer und drei Sportliche Leiter hat der Club allein in den vergangenen zwei Jahren verschlissen. Das vielbemühte Wort Kontinuität verbietet sich, wenn man über den SV Waldhof spricht.

Nur frische Millionen für die Profi-Mannschaft werden nicht reichen.

Es ist deshalb an der Zeit für eine schonungslose Bestandsaufnahme, die alle Bereiche umfassen muss. Dazu gehört in erster Linie, dass die ungesunden Strukturen an der Spitze der Spielbetriebs-GmbH beseitigt werden. Aufsichtsratschef Christian Beetz sollte nach Jahren des sportlichen Sinkflugs, für die er eine große Mitverantwortung trägt, künftig keine Entscheidungen im Tagesgeschäft mehr treffen dürfen, sondern sich wieder auf die ihm eigentlich vorgeschriebene Kontrollfunktion beschränken.

Damit Sportgeschäftsführer Gerhard Zuber ohne schädliche Einflussnahme von außen das machen kann, für das er geholt worden ist: den Verein sportlich wieder auf stabile Füße zu stellen, eine nachhaltige positive Entwicklung einzuleiten. Die Aufräumarbeiten müssen nach zwei unterm Strich katastrophalen Spielzeiten groß ausfallen.

Zunächst geht es einmal darum, einen passenden Trainer zu finden. Ob Dominik Glawogger der richtige Mann für den Neuaufbau ist, daran muss man trotz der erfolgreichen Rettungsmission weiterhin Zweifel anmelden. Der SV Waldhof kann sich auf der Trainerposition keine Experimente mehr erlauben. Es braucht einen Fußballlehrer, der auf anderen Stationen im deutschen Profifußball schon bewiesen hat, dass er eine Mannschaft entwickeln und bessermachen kann. Ein Trainer, der gewisse Erfahrung besitzt, aber auch für einen modernen Ansatz steht. Und dem man auch einmal schwächere Phasen und Rückschläge zugesteht, statt bei der ersten Krise sofort in Panik zu verfallen.

Im Kader steht im Sommer ein radikaler Umbruch an. Die abgelaufene Saison, in der der SVW erneut in den sportlichen Abgrund blickte, kann nicht ohne gravierende Konsequenzen beim Personal bleiben. Das beinhaltet auch Spieler wie Rico Benatelli oder Nicklas Shipnoski, die zwar noch einen gültigen Vertrag besitzen, aber die Erwartungen nie erfüllen konnten. Der Waldhof benötigt einen fundamentalen Neustart.

Der SV Waldhof kann sich auf der Trainerposition keine Experimente mehr erlauben.

Bei den substanziellen Verstärkungen, die kommen müssen, tut der SV Waldhof gut daran, sich am Beuteschema des 2019er-Aufstiegsarchitekten Jochen Kientz zu orientieren: entwicklungsfähige, hungrige Spieler, die ihre Karriere noch vor sich haben. Und wenn neue erfahrene Profis geholt werden, die um die oder älter als 30 Jahre sind, muss sich Sportchef Zuber sicher sein können, dass Qualität, Ehrgeiz und Gehalt trotz des gehobenen Fußballer-Alters weiterhin miteinander korrespondieren. So wie es zum Beispiel bei Marco Höger und Marc Schnatterer war.

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Zu Präsident und Mäzen Bernd Beetz muss zudem die Erkenntnis durchdringen, dass es nicht reichen wird, erneut nur frische Millionen in die Profi-Mannschaft zu pumpen. Ein zukunftsfähiger, solider Aufbau eines Vereins fängt unten an. Mit einer verbesserten Infrastruktur, die endlich Trainingsbedingungen schafft, die eines Profivereins im Jahr 2025 würdig sind. Und mit einem auskömmlichen Etat für ein modernes Nachwuchsleistungszentrum, in dem der SV Waldhof seine Leistungsträger von morgen auch selbst ausbildet, statt wie bisher fast nur Spieler von außerhalb für teures Geld zu verpflichten.

Sonst wird auf den letzten Warnschuss unvermeidlich der Absturz folgen.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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