Fußball - Vor dem Arbeitsgericht einigen sich der SV Waldhof und Ex-Sportchef Jochen Kientz mit viel Zähneknirschen auf einen Vergleich

SV Waldhof einigt sich mit Ex-Sportchef Jochen Kientz

Von 
Thorsten Hof
Lesedauer: 
Redebedarf während der Verhandlungspause: Waldhofs ehemaliger Sportchef Jochen Kientz (rechts) mit seinem Anwalt Christoph Schickhardt. © Michael Ruffler/Pix

Mannheim. Am Ende ging es zu wie auf dem sprichwörtlichen Basar und natürlich auch ums Geld. Soll der Vertrag des vom SV Waldhof im vergangenen Oktober freigestellten und danach fristlos entlassenen Jochen Kientz wie ursprünglich vorgesehen zum 30. Juni enden, schon rückwirkend zum 30. März oder als indirekte Abfindung noch bis zum 30. Dezember verlängert werden?

Angesichts von Kientz’ monatlichem Grundgehalt von 15 000 Euro brutto keine unerheblichen Fragen. Letztlich einigten sich der Fußball-Drittligist und der 49-Jährige auf ein Ende der zuletzt äußerst unguten Beziehung zum 15. August 2022 bei entsprechender Vergütung bis zu diesem Zeitpunkt.

Und: Der eigentliche Kündigungsgrund, dass Kientz einen Corona-Test vertuscht haben soll, wurde vom SVW fallengelassen. Mit diesem Vergleich endete am Mittwochmittag die Verhandlung vor der 4. Kammer des Mannheimer Arbeitsgerichts. Der SVW hat sich allerdings ein Widerrufsrecht bis zum 11. Mai einräumen lassen. Die Kosten tragen beide Seiten anteilig.

Ein Kompromiss, mit dem Kientz am Ende offenbar leben konnte. Der ehemalige Kaderplaner des Drittligisten wollte sich selbst zwar nicht zum Ergebnis äußern, sein Anwalt Christoph Schickhardt betrachtete den Vergleich aber dennoch als Erfolg. „Ein Urteil wäre klarer gewesen, aber die Erklärung des Clubs, die Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalten zu wollen, wiegt schon schwer“, meinte der erfahrene Jurist.

Sein Gegenüber Ralph Lütkehaus, der den SVW vertrat und auch zur Verwunderung des Vorsitzenden Richters Rolf Maier als alleiniger Vertreter des Clubs zum Arbeitsgericht gekommen war, wollte zu den Inhalten nicht weiter Stellung nehmen, hob aber den Kompromiss als solchen hervor. „Es ist immer gut, sich in solchen Angelegenheiten zu vergleichen. Das ist jetzt gelungen, jetzt können alle Parteien wieder den Blick nach vorne richten.“

Lag Präsident Beetz daneben?

Das Thema bleibt allerdings weiter in der Welt, am Ende erstaunte dabei, wie schnell der SVW den Vorwurf des vertuschten Corona-Tests als Verhandlungsmasse vom Tisch nahm, um den Weg zu ebnen. Schließlich hatte sich Präsident Bernd Beetz in einem vereinsinternen Interview aus dem vergangenen November unmissverständlich geäußert. „Es wurde ein Corona-Test verschwiegen. Mitarbeiter wurden angewiesen, die Geschäftsleitung nicht zu informieren“, sagte Beetz damals in aller Klarheit. Lag Beetz also daneben? „Zu den Inhalten wollen wir uns nicht mehr äußern“, gab es von Waldhof-Anwalt Lütkehaus hier keine weitere Stellungnahme.

Diesen Vorwurf öffentlich zu widerlegen, war das eigentliche Ziel des ehemaligen Sportchefs. Eine ordentliche Verhandlung dieses Sachverhalts hätte aber wohl nur Verlierer hervorgebracht, wie der Vorsitzende Richter nach dem Studium der 450 Seiten dicken Akte mehrfach andeutete. „Ich will nicht, dass sie sich hier zerstören“, mahnte der Präsident des Arbeitsgerichts. „Fangen Sie an, intensiv zu reden, und zwar jetzt!“, forderte Maier die beiden Parteien von Beginn an zu einem Vergleich auf.

Wohin die Reise sonst gegangen wäre, ließ der Vorsitzende Richter nur einmal kurz durchblicken. So entgegnete die Kientz-Seite auf die Vorwürfe in den Schriftsätzen offenbar in die Richtung, dass es beim SV Waldhof gar kein tragfähiges Hygienekonzept gegeben hätte oder grob dagegen verstoßen worden sei. „Sie ruinieren sich beide“, meinte Maier mit Blick auf eine mögliche Verhandlung der beiderseitigen Vorwürfe.

Auch zeitlich lag zu Beginn der Verhandlung ein Prozess ohne absehbares Ende in der Luft. So hatte der SV Waldhof nach der ursprünglichen fristlosen Kündigung vom 3. November 2021 in der Folge noch drei weitere zum 4. November 2021, zum 30. März 2022 und zum 14. April 2022 nachgereicht.

Drei weitere Kündigungen

„Der Prozess hat hier Weiterungen angenommen, die beiden Seiten leidtun würden“, meinte Maier nicht nur mit Blick auf die Dauer der zu erwartenden Auseinandersetzung um die neuen Wendungen. Zu möglichen Gründen dieser Kündigungen wurde zwar Stillschweigen vereinbart, nach Informationen dieser Redaktion hätte eine Verhandlung dieser Sachverhalte aber wohl beiden Seiten nicht gut zu Gesicht gestanden: So warf der SVW seinem Ex-Sportchef offenbar vor, ein Aufsichtsratsmitglied und eine Geschäftsstellenmitarbeiterin beleidigt zu haben. Bei einer internen Routinesitzung sei es zudem zu einem unflätigen Wortgefecht gekommen.

Auch diese Kündigungsgründe wurden im nun gefundenen Vergleich als gegenstandslos eingeordnet und fallengelassen, die Kündigungen zurückgenommen. Die befürchtete Schlammschlacht wurde so vermieden, das Kapitel SV Waldhof wird Jochen Kientz allerdings vor allem mit Blick auf das unwürdige Ende in schlechter Erinnerung behalten.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkte SV Waldhof, Rhein-Neckar Löwen.

Thema : SV Waldhof Mannheim

  • SV Waldhof SV Waldhof Mannheim-Neuzugang Masca: Die große Lust, sich zu beweisen

    Der portugiesische Angreifer kam in der vergangenen Saison immer weniger zum Einsatz, suchte eine neue Herausforderung und fand sie beim SV Waldhof Mannheim.

    Mehr erfahren
  • SV Waldhof Nach Fan-Ausschreitungen: SV Waldhof zu hoher Geldstrafe verurteilt

    Das DFB-Sportgericht verurteilt Waldhof Mannheim wegen Vorfällen beim Dresden-Spiel zu rund 90.000 Euro Strafzahlung.

    Mehr erfahren
  • Schwetzingen SV Waldhof Mannheim: Ex-Waldhöfer Bartels findet neuen Club

    85 Spiele hatte der 26-Jährige für den SV Waldhof Mannheim absolviert, bevor sich die Wege im Sommer trennten. Wo er ab sofort als Torhüter auf dem Feld stehen wird.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen