Wenn Dieter auftauchte, waren wir Mädels platt vor Glück – und stumm. Dieter Schlindwein war nur ein paar Jährchen älter als wir, lebte aber schon in einer ganz anderen Welt. Schließlich war er bereits als 17-Jähriger auf den Waldhof verpflichtet worden. Der schlaksige Abwehrspieler mit dem Lockenschopf hielt auch in der Zweit- und Erstliga-Zeit seinem Heimatort Karlsdorf (bei Bruchsal) die Treue. Dort tauchte er mit schöner Regelmäßigkeit für ein Stündchen im Tennisclub auf. Dass der rote Porsche vorfuhr, sprach sich dann binnen Sekunden rum. Die Prominenz aus dem für uns Mädchen sehr entfernten Mannheim verlieh unseren jugendlichen Trainingstagen Glanz. Manch junger Fan durfte sogar im Sportwagen probesitzen. Niemals hätten wir diesen attraktiven Schöngeist „Eisen-Dieter“ genannt, wie die Fußballexperten später. Und natürlich blieb alles bei ganz harmloser Schwärmerei. Tennisspielen konnte Dieter übrigens nicht annähernd so gut wie Kicken – aber eine tolle Figur machte er selbstredend auch auf dem roten Ascheplatz. (Michaela Roßner)
Es war der 9. Juni 1988. Eigentlich hatte ich mit Dienstschluss Urlaub, am nächsten Tag sollte es von Düsseldorf nach Ibiza gehen. Doch es zog mich in die andere Richtung. „Jungs, ich fahr mit euch”, sagte ich zu meinen „MM“-Kollegen Horst Kinscherff und Werner Helmschrott, die sich als Reporter zum entscheidenden Relegationsspiel zwischen Waldhof und dem Zweitliga-Dritten Darmstadt 98 nach Saarbrücken aufmachten. Beide Mannschaften hatten ihre Heimspiele (2:1 beziehungsweise 3:2) gewonnen, im Ludwigspark musste nun das Schicksal entscheiden. Ich hatte keine Karte, schaffte es im Gewusel aber auch so auf die Pressetribüne. Als alles auf ein 0:0 nach 120 Minuten hindeutete, machte ich mich auf den Weg Richtung Waldhof-Bank, um Stimmen einzufangen. Einer der Ersatzspieler öffnete mir eine Tür zum Innenraum, und eh ich mich’s versah, stand ich beim Elfmeterschießen zwischen beiden Teams im Mittelkreis. Welch eine Dramatik. Hier Darmstadt mit Trainer Klaus Schlappner, dem Vater des Wunders Waldhof, dort die Blau-Schwarzen, die mit 5:4 triumphierten. Mittendrin ich, ohne Stadion-Ticket, ohne Innenraum-Akkreditierung – heutzutage undenkbar. (Uli Verthein)
Mein erster Stadionbesuch beim SV Waldhof war 1986, ich war sieben Jahre alt und mein Vater schleppte mich zum Heimspiel gegen den FC Bayern. Fußball verfolgte ich damals bereits mit Leib und Seele, schon als Dreijähriger versuchte ich mich im Einkleben von Panini-Bildern in mein WM-1982-Sammelalbum. Aber ich sollte 1986 nicht ins Südweststadion gehen, um Bayern-Stars wie Norbert Nachtweih, Lothar Matthäus oder Jean-Marie Pfaff anzuhimmeln. Nein, ich trug mit großem Herzklopfen Blau-Schwarz und war nach der 0:4-Klatsche so beleidigt, dass ich mich im Schlafzimmer meiner Eltern, in dem auch das Hochbett von meinem Bruder und mir stand, einschloss. Mein zweites Waldhof-Stadionerlebnis war ein 0:2 gegen Kaiserslautern. Somit stand fest: Ich hatte den SVW beim Verlieren lieben gelernt – möglicherweise macht das mein Verhältnis zum Waldhof aus. (Andreas Nowey)
Als ob wir das geahnt hätten: Waren wir damals zuerst richtig euphorisch, am 24. Februar 1990, als unser SV Waldhof mit Trainer Günter Sebert die Lauterer im Stadion am Alsenweg mit 4:0 weggeputzt hat. Die Pfälzer präsentierten sich wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Kein Wunder, dass Waldhof-Präsident Wilhelm Grüber die Zigarre an diesem Tag ganz besonders gut schmeckte. Schon nach 33. Minuten stand es 4:0 – doch dann passierte es! Gerd Dais, der bis dahin eine überragende Saison gespielt hatte, verletzte sich in der 36. Minute so schwer, dass er vom Feld musste. Und während die Waldhöfer nach diesem Erfolg plötzlich vom UEFA-Cup träumten, warnten einige: Vorsicht, das war ein Pyrrhus-Sieg. Ohne Dais war die Mannschaft in den folgenden Spielen nur doch die Hälfte wert – und statt nach Europa mussten der SV Waldhof zum Saisonende in die 2. Liga! (Martin Tangl)
Ganz ehrlich: Ich weiß nicht mehr, wie es ausgegangen ist, mein erstes Waldhofspiel. Was ich noch weiß ist, dass ich eine Holzkiste dabei hatte, als ich mit meinem Vater und meinem großen Bruder von Speyer ins Südweststadion nach Ludwigshafen gefahren bin. In der Kiste waren sonst meine Playmobilfiguren gelagert, im Stadion habe ich sie rumgedreht und mich daraufgestellt, damit ich etwas sehe. Ich war vielleicht acht oder neun Jahre alt und zu Stehplatzzeiten war das für Kinder eine schwierige Angelegenheit, etwas vom Spielfeld mitzukriegen. Waldhof hat gegen Bayern gespielt, und mein Interesse galt ehrlich gesagt weniger dem Waldhof als den Bayern. Was ich noch weiß: Roland Wohlfahrt (damals mein Held) verletzte sich am Kopf und wurde am Spielfeldrand genäht (habe ich mit dem Fernglas beobachtet). Mein Wunsch: Mal wieder Waldhof gegen Bayern sehen. (Heiko Brohm)
Waldhof gegen Bayern – für einen 13-Jährigen ein wunderbarer Traum, der wahr wurde (Ja, liebe Kinder, damals kam man relativ leicht an Karten). Doch leider hatte uns dummen Jungs keiner gesagt, mit der OEG von Heidelberg aus besser nicht über Weinheim zu fahren. Als in Ludwigshafen der Anpfiff ertönte, erreichten wir den Mannheimer Hauptbahnhof. Endlich am Südweststadion angekommen, sahen wir als Erstes die entblößten Geschlechtsteile von Bayern-Fans, die in der Halbzeitpause durch den Zaun pinkelten. Das Spiel endete 0:0, ebenso in der nächsten Saison. Aber von da an waren wir wenigstens immer pünktlich im Stadion. Gut, fast immer. (Steffen Mack)
Nein, es passte ihm gar nicht. Mein Vater, ein fanatischer Fußball- und bekennender Waldhof-Fan, hatte größte Probleme damit, als meine Cousine „ausgeräschend än VfR-ler“ mit in die Familie brachte. Bei Feiern war von nun an darauf zu achten, den jungen Mann per Sitzordnung weitestmöglich von „de Waldhof-Nas“ zu platzieren. Doch im Laufe des Abends ging es zum Leidwesen fast aller dann doch jedes Mal irgendwann hoch her. Kam er nicht, war es fast noch schlimmer: „Wo hoschen doin VfR’ler, denn ausgemachte Seelenverkeifer, denn Bonze-Oahimmler, traut da sich nimmee her? Ich hab da glei gsacht, der daugt nix!“. So ging das Gefrotzel Jahre, ja Jahrzehnte (sie waren längst verheiratet und die Kinder eingeschult) . . . bis man eines Tages in seliger Eintracht ein gemeinsames Feindbild gefunden hatte: „Hoffene“! (Ralf-Carl Langhals)
Fußball – langweiliger geht’s eigentlich nicht. Wir Kinder waren heilfroh, dass der heimische Fernseher von Kickern aller Art verschont blieb. Nur eine Mannschaft faszinierte die ganze Familie: Logisch, als Waldhöfer muss man einfach mit „uns’ren Buwe“ mitfiebern.Vor allem, wenn man in Hörweite zum Alsenweg-Stadion wohnt. An den Wochenenden konnten wir – ohne hinzugucken – genau verfolgen, wie es um die Blau-Schwarzen stand. War lauter Jubel zu hören, gab’s ein Tor. Bei tiefer Stille war dagegen sofort klar: Noch ein halbes Stündchen, dann schlichen scharenweise tiefbetrübte Fans am Gartenzaun vorbei, kaum auszuhalten, dieses Trauerspiel. Also hieß es, Daumen drücken! Und zwar fest. (Sandra Bollmann)
Und welche Erinnerungen haben Sie?
Bitte schreiben Sie uns!
Vor den Spielen gegen den SV Meppen (28. und 31. Mai) um den Drittliga-Aufstieg keimt Hoffnung, der SV Waldhof könnte eines Tages doch noch an seine großen Zeiten im Profifußball anschließen. Die wollen wir mit einer neuen Serie näher beleuchten. Bitte schreiben Sie, liebe Leser, uns, welche Erinnerungen Sie mit diesem Verein verbinden:
per Post an Lokalredaktion, Dudenstraße 12-26, 68167 Mannheim, oder
per Mail an smack@mamo.de. Stichwort: „Mein Waldhof“.
Auch über Fotos von damals freuen wir uns.
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