Mannheim. Die Stadionhymne „Blau und Schwarz“ ging den Mitgliedern des SV Waldhof am Ende zwar etwas lockerer von den Lippen als das historische Waldhof-Lied, das traditionell am Ende einer jeden Jahreshauptversammlung intoniert wird. Doch so richtig feierlich war es den 192 Mitgliedern des Mannheimer Drittligisten am Montagabend im Kulturhaus am Speckweg dann doch nicht zumute, was gute Gründe hatte. Hauptverein und Spielbetriebs-GmbH hängen weiter am Tropf der Familie von Präsident Bernd Beetz, das lang ersehnte Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) könnte frühestens am 1. Juli 2026 an den Start gehen und dann ließ nicht zuletzt die versagte Entlastung für den ehemaligen Vizepräsidenten Horst Seyfferle aufhorchen. Das sei ein „ungewöhnlicher Schritt“, betonte Aufsichtsratschef Stefan Fulst-Blei, mit Blick auf „die laufende Klärung aber notwendig“.
Seyfferle hatte sich vor der Mitgliederversammlung 2024 aus „gesundheitlichen Gründen“ von seinem Amt zurückgezogen, schon damals war allerdings gemunkelt worden, dass dieser Schritt nicht ganz freiwillig vonstattenging. Am Montag erhärtete sich jetzt diese Interpretation. Offenbar hat der Aufsichtsrat noch einige Fragen an den Ex-Funktionär, die Seyfferle bislang nicht ausreichend beantworten konnte – oder wollte. Dem Vernehmen nach ließ er gleich mehrere Termine mit dem Kontrollgremium platzen, was nun dazu führte, dass die SVW-Mitglieder nur die Präsidiumsmitglieder Bernd Beetz, Tobias Schmidt, Bastian Geiser, Birgit Loewer-Hirsch, Matthias Findeisen und den inzwischen ausgeschiedenen Bernd Helfmann entlasteten. Den Aufschub der Personalie Seyfferle befürwortete dagegen die klare Mehrheit von 145 Mitgliedern.
Verein möchte sich juristisch absichern
Sitzungsleiter und Vize-Präsident Tobias Schmidt betonte zwar, dass es sich bei diesem Vorgang um keine Vorverurteilung handele, der Verein sich mit einer Entlastung aber möglicher juristischer Möglichkeiten berauben würde. Um Lappalien scheint es sich also nicht zu handeln, konkreter wollten die SVW-Oberen allerdings nicht werden. „Das möchte ich nicht kommentieren“, antwortete Aufsichtsratschef Fulst-Blei etwa auf die Nachfrage, ob es um finanzielle Ungereimtheiten geht. Bis zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im nächsten Frühjahr, bei der es vor allem um Satzungsänderungen gehen wird, soll die Thematik mit dem Ex-Funktionär geklärt werden. Seyfferle selbst war zu Beginn der Versammlung im Kulturhaus noch anwesend, verabschiedete sich dann aber. Eine eventuelle Stellungnahme wolle er zunächst mit seinem Rechtsbeistand abstimmen, beantwortete Seyfferle am Dienstag auf Anfrage dieser Redaktion.
Dass unvorhergesehene Löcher in der Kasse so ziemlich das allerletzte sein würden, was der Hauptverein in seiner aktuellen Situation gebrauchen kann, machte der für die Finanzen zuständige Bastian Geiser in seinem Bericht deutlich. So schloss der SVW das Geschäftsjahr 23/24 mit einem Minus von 260.000 Euro (Vorjahr: - 104.000 Euro) ab, das dank einer Spende der Familie Beetz auf 200.000 Euro gedrückt wurde. Für das laufende Geschäftsjahr 24/25 plant Geiser mit einem Minus von 91.000 Euro, das sich ohne eine Beetz-Spende auf 150.000 Euro belaufen würde. 2025/26 soll der Verlust laut Wirtschaftsplan dann auf ein Minus von 35.000 Euro sinken, wobei auch hier eine Spende in Höhe von 37.000 Euro eingepreist ist. Dieser Plan fußt vor allem auf zum Teil schmerzhaften Einsparungen auf der Ausgabenseite, die finanzielle Gesundung habe allerdings Vorrang. „Der Verein darf nicht jedes Jahr an der Schwelle zur Pleite stehen“, betonte Vize-Präsident Schmidt, da ein insolventer Hauptverein auch die Spielbetriebs-GmbH mit in den Abgrund reißen würde.
Fast 6 Millionen Euro Verlust in der Saison 2024/25
Nicht viel besser sieht es beim Spielbetrieb der Profis aus, wie der neue Finanz-Geschäftsführer Frank Baumgarte ausführte. „Auch die Spielbetriebs-GmbH hat keine positiven Ergebnisse erwirtschaften können“, verwies Baumgarte auf ein Minus von rund einer halben Million Euro für das Jahr 2023/24 bei einem Umsatz von rund 13,5 Mio. Euro. „Hier hat die Familie Beetz aber rund 4,3 Mio. Euro zugeschossen, sodass das operative Ergebnis bei fast fünf Millionen Euro Minus gelegen hätte.“ Für die Saison 2024/25 muss Beetz sogar noch tiefer in die private Tasche greifen: Fast 6 Mio. Euro ließ der Mäzen fließen, was den ausgewiesenen Gewinn in niedriger sechsstelliger Höhe relativiert. Vor allem der Personalaufwand von fast 8 Mio. Euro (2019: 6 Mio. Euro) drückt hier auf den Etat des Mannheimer Drittligisten.
Dies sei eine Situation, die sich nicht dauerhaft darstellen lasse, zumal auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dieses Modell kritisch im Blick habe, betonte Beetz. Der Präsident und maßgebliche Geldgeber drängt daher weiter auf eine Lösung bei der Stadionfrage, um die Einnahmen im Sponsoring-Bereich erhöhen zu können. Und auch der Sprung an die Fleischtöpfe der 2. Liga bleibt deshalb weiter die mittelfristige Marke des SVW. „Wir haben ein ganz klares Ziel, wo wir hinwollen und intern eine ganz große Klarheit“, umschrieb Beetz die Ambitionen, für dessen Umsetzung auch Sportchef Gerhard Zuber in der Verantwortung steht. Dieser bat noch um etwas Zeit, sieht das Team mit Trainer Luc Holtz aber auf dem richtigen Weg.
„Die jüngsten Niederlagen liegen zwar schwer im Magen“, sagte Zuber, gab aber die Blickrichtung vor. „In einer engen Liga, in der zehn Vereine gegen den Abstieg und zehn Clubs um den Aufstieg spielen, wollen wir uns zu den ersten zehn Vereinen zählen“, sagte der Österreicher, der dabei auch auf die Entwicklung eigener Talente zählt. Das soll vor allem über ein eigenes NLZ passieren, das nach der Abgabe aller Unterlagen zum 1. August und einer Prüfung der Voraussetzungen im Frühjahr dann zum 1. Juli 2026 an den Start gehen könnte. Ein wichtiger Baustein wäre hier nicht zuletzt ein neues Kunstrasenfeld, für das bereits 170.000 von anvisierten 200.000 Euro Spendengeldern gesammelt wurden, die Gesamtfinanzierung von rund 700.000 Euro ist aber noch mit vielen Fragezeichen versehen.
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