Sandhausen. Keine zwei Minuten dauerte Kenan Kocaks letztes offizielles Statement vor laufender Kamera. Geknickt saß er auf dem Podest bei der Pressekonferenz nach der 1:3-Niederlage des SV Sandhausen in der 3. Fußball-Liga gegen den SC Verl. Indizien für einen bevorstehenden Rücktritt gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Sonntagabend. Kocak sprach den Spielern sein Mitgefühl aus, weil sie sich erneut nicht belohnt hatten, und bedachte in seiner Rede auch die Fans. Diese hatten der Mannschaft unmittelbar nach Abpfiff wütend entgegengeschrien: „Wir haben die Schnauze voll.“
Das galt wohl auch für den Trainer selbst, der sich dazu entschied, den Weg freizumachen. Nach nur zwölf Spielen in der Liga und dem Finaleinzug im badischen Landespokal trat Kocak etwa zwei Stunden nach Spielende zurück. Der 44-Jährige konnte die schon Wochen zuvor in Schieflage geratenen Schwarz-Weißen nicht vor dem Absturz auf Tabellenplatz 18 bewahren. Er gewann in seiner zweiten Amtszeit lediglich zwei Spiele und beendet sein Engagement mit einem mickrigen Punkteschnitt in der Liga von 0,42.
„Weg frei machen für einen neuen Impuls“
„Die Entscheidung fällt mir sehr schwer“, sagte Kocak zu seinem Entschluss. „Doch am Ende geht es um den Verein. Und ich möchte für den SV Sandhausen, der über allem steht, den Weg frei machen für einen neuen Impuls.“
Es ist eine Historie des Grauens, die nicht allein an Kocak oder Vorgänger Sreto Ristic festgemacht werden kann. Auch Präsident Jürgen Machmeier und der mittlerweile beurlaubte Sportchef Matthias Imhof stehen in der Verantwortung. Sie haben einen Kader zusammengestellt, der mit Blick auf die individuelle Qualität der Einzelspieler zum Besten gehören mag, was die Liga zu bieten hat. Doch eine Einheit, die alles für den Verein gibt, stand zu selten auf dem Rasen.
Nur in einem der vergangenen 17 Spiele kassierte der SVS kein Gegentor. Zehnmal gelang es den Hardtwäldern nicht, eine Führung über die Zeit zu bringen. Mehr als 25 Punkte wurden auf diese Weise verspielt. Anstatt von der Rückkehr in die 2. Bundesliga zu träumen, droht der Abstieg in die Viertklassigkeit.
Erneut „Kleppo“ – diesmal mit Diekmeier
„Wir haben bis zuletzt an die Trendwende geglaubt. So sehr ich die Entscheidung persönlich bedaure – wir alle kennen die Mechanismen im Profifußball, die Kenan zu diesem Entschluss haben kommen lassen“, erklärte Geschäftsführer Volker Piegsa.
Verhindern sollen das drohende Szenario einmal mehr Gerhard Kleppinger, der zum vierten Mal interimsweise einspringt, und Ex-Kapitän Dennis Diekmeier. Ob dieser neue Impuls dem Team hilft, bleibt abzuwarten. Die erste Bewährungsprobe unter neuer Führung steht schon an diesem Mittwoch im Auswärtsspiel beim TSV 1860 München an.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-sv-sandhausen-kocak-abschied-vom-sv-sandhausen-nach-bilanz-des-grauens-_arid,2296754.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,6.html
Kommentar Kocaks Rücktritt in Sandhausen ist einziger Ausweg für alle Seiten