Hamburg. Spielmacher Juri Knorr saß mit versteinerter Miene auf der Ersatzbank, sein leerer Blick schweifte durch die Hamburger Arena. Der Frust war groß, die Enttäuschung riesig. Bei ihm. Und auch bei allen anderen Spielern von den Rhein-Neckar Löwen. Ein paar Meter weiter lief sein Teamkollege Niclas Kirkeløkke mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern über das Spielfeld, auf dem der Mannheimer Handball-Bundesligist zuvor trotz guter Anfangsphase chancenlos gewesen war.
Die Löwen verloren am Samstagabend ihr Halbfinale beim Final Four der European League gegen die Füchse Berlin mit 24:33 (9:14). „In den ersten 15 Minuten waren wir gut im Spiel, danach haben wir zu viele klare Chancen ausgelassen. Und dann haben wir unsere Power verloren“, sagte Trainer Sebastian Hinze und machte dem Gegner ein Kompliment: „Berlin hat wirklich sehr gut gespielt und jeden Fehler von uns bestraft.“
Am Sonntag spielen Löwen gegen Bukarest
Im Spiel um Platz drei treffen die Mannheimer am Sonntag (15 Uhr) auf Dinamo Bukarest. Die Rumänen verloren zuvor ihr Halbfinale mit 32:38 gegen die SG Flensburg-Handewitt, die am Sonntag (18 Uhr) gegen Berlin um den Titel kämpft. „Es ist nicht einfach, am Sonntag gleich wieder zu spielen. Aber es sind so viele Fans von uns hier in der Halle, wir werden für sie spielen. Wir werden noch einmal unser Bestes geben“, versprach Rechtsaußen und Kapitän Patrick Groetzki. Auch Torwart David Späth kündigte an, „alles reinwerfen“ zu wollen: „Aber wenn wir so spielen wie gegen die Füchse, wird’s schwierig.“
Es ging rasant bergab
Die Löwen starteten gegen Berlin mit einem Rückraumwurf von Kirkeløkke an die Latte und einer vergebenen Chance von David Móré. Der Linksaußen scheiterte vor 9400 Zuschauern an Füchse-Keeper Dejan Milosavljev, der in der ersten Halbzeit vor allem zum Trauma für Kreisläufer Jannik Kohlbacher wurde. Zehn Paraden zeigte der Berliner Schlussmann vor dem Seitenwechsel und wehrte 53 Prozent der Würfe auf sein Tor ab. Eine Weltklasse-Quote.
Rhein-Neckar Löwen
Zunächst starteten die Mannheimer aber gut in die Begegnung. Was vor allem an zwei Spielern lag: Torwart Mikael Appelgren und Spielmacher Knorr. Appelgren wehrte drei der ersten fünf Würfe auf sein Tor ab, Knorr traf aus dem Rückraum und die Badener legten ein 5:3 (9.) vor. Keine Frage: Zu diesem frühen Zeitpunkt hatte der zweifache deutsche Meister das Momentum auf seiner Seite - und vielleicht wäre die Wirkung auf die Füchse noch größer gewesen, wenn Patrick Groetzki im Gegenstoß zum 6:3 und nicht die Latte getroffen hätte. Auf jeden Fall kippte die Begegnung nach dieser Szene ganz schnell, auch weil der Mannheimer Rückraum nach wie vor nur aus einem Mann bestand: Knorr. Mit seinem dritten Treffer besorgte der 24-Jährige das 6:4 (12.), anschließend ging es rasant bergab mit der Mannschaft von Trainer Hinze. „Wir sind in einen Abwärtsstrudel geraten und kamen aus diesem nicht mehr heraus“, sagte Späth.
Von den Halbpositionen strahlten Kirkeløkke, Olle Forsell Schefvert, Gustav Davidsson und Jon Lindenchrone überhaupt keine Torgefahr aus. Oder anders ausgedrückt: Sie stießen gegen eine Spitzenmannschaft schlichtweg an ihre Grenzen. Wieder einmal. Klare Möglichkeiten spielten sich die Mannheimer eigentlich nur noch heraus, wenn sie Kohlbacher am Kreis fanden. Aber der Nationalspieler vergab gleich dreimal freistehend, der Sieger hieß jeweils Milosavljev. Doch wenn die sonstigen Leistungsträger schwächeln und zu vielen anderen die Qualität fehlt, wird es schwierig, eine Mannschaft wie die Füchse zu schlagen. Eigentlich sogar unmöglich.
Spielmacher Knorr
Nach dem 7:7 (14.) - natürlich durch Knorr - zogen die Berliner leicht und locker davon. Der Hauptstadtclub dominierte und beherrschte die Löwen, die nach ihrer 6:4-Führung in 18 Minuten einen 3:10-Lauf bis zum 9:14-Pausenstand kassierten. „Nach den Fehlwürfen sind wir nicht mehr mit der letzten Konsequenz in Richtung Tor gegangen, sondern haben zu zögerlich gespielt“, kritisierte Groetzki
Knorr erzielte auch zu Beginn des zweiten Durchgangs die ersten beiden Treffer des zweifachen deutschen Meisters. Und weiterhin stellte sich die Frage: Wann macht denn auch der Rest im Angriff mit? Die Antwort: gar nicht mehr. Wenn man einmal vom eingewechselten Philipp Ahouansou (4 Tore) absieht. Doch als er kam, war die Begegnung längst verloren.
Da nutzte es zuvor auch nichts, dass Späth für Appelgren zwischen die Pfosten rückte (36.). Der U-21-Weltmeister führte sich zwar gleich mit einer Parade ein und wehrte beim 15:20 (41.) einen Siebenmeter von Hans Lindberg ab. Doch was die die Löwen im Angriff zeigten, war zum wiederholten Male in dieser Saison zu ausrechenbar und fehlerhaft.
Nach Ballverlusten kassierten die Mannheimer in Unterzahl zwei Treffer ins leere Tor, anschließend fiel der zweifache Pokalsieger komplett auseinander und wurde bis zum 15:25 (43.) vorgeführt. Wieder einmal reichten wenige Minuten, um jegliche kleine Rest-Hoffnung zu zerstören. „Ganz bittere technische Fehler haben uns das Genick gebrochen“, sagte Groetzki.
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