Mannheim. Pressechef Rüdiger Ofenloch sprach fast nebenbei einen kleinen Satz, der in Wirklichkeit ein ganz großer war. Denn er hatte eine gewisse Bedeutung für die Rhein-Neckar Löwen. Der Kapitän des Handball-Bundesligisten heißt künftig nämlich nicht mehr Uwe Gensheimer, sondern Patrick Groetzki. Was durchaus als Überraschung durchgeht.
Der neue Trainer Sebastian Hinze hat seine Mannschaft wählen lassen. Eine Vorgehensweise, die der 43-Jährige schon bei seinem ehemaligen Verein Bergischer HC praktizierte. Und am Ende stand eben ein etwas unerwartetes Ergebnis. Zumindest für die breite Öffentlichkeit. „Ich kann das nicht werten“, sagte Hinze, der seine Worte überlegt wählte und sich zurückhielt: „Uwe ist Patricks Stellvertreter. Ich komme mit beiden sehr, sehr gut klar. Ich habe mit Uwe einen guten Austausch und den werde ich auch weiterhin haben. Ob als Kapitän oder Co-Kapitän - das ist egal.“
Vom Team gewählt
Keine Frage: Gensheimer steht aufgrund seiner Vita wie kein anderer für die Löwen. Er wuchs in Mannheim auf, spielte in der Jugend bereits für seinen selbst ernannten „Herzensverein“ und prägte den Weg des Clubs von der 2. Liga bis zur deutschen Meisterschaft. Als Leistungsträger. Als Liebling der Massen. Und als Führungsfigur. Seit 2003 geht das schon so, wenn man von seinem dreijährigen Intermezzo bei Paris Saint-Germain (2016-2019) einmal absieht. Kurzum: Seine Bedeutung für und seine Verdienste um die Löwen sind unbestritten, weil einzigartig - und kaum in Worte zu fassen.
Bereits in den Jahren vor seinem Abschied nach Frankreich war Gensheimer der logische Kapitän. Ex-Trainer Martin Schwalb bestimmte ihn zu eben diesem erneut im Sommer 2020. Im vergangenen Jahr wurde der Weltklasse-Linksaußen von seinen Teamkollegen wieder in dieses Amt gewählt - und wenn er es nun erneut geworden wäre, hätte das wahrlich niemanden sonderlich verwundert.
Zwei Ikonen
Doch sein Freund sowie langjähriger Zimmerkollege und Weggefährte Groetzki ist längst auch eine Identifikationsfigur. Seit 2007 spielt er ununterbrochen für die Mannheimer und ist mit 462 Einsätzen (Gensheimer 398) der Bundesliga-Rekordspieler der Löwen. Außerdem war der 33-Jährige entscheidend an allen Erfolgen des Clubs beteiligt. Der Rechtsaußen gewann mit den Badenern den EHF-Pokal (2013), den DHB-Pokal (2018), zweimal die Meisterschaft (2016, 2017) und dreimal den Supercup (2016, 2017, 2018). Erstens: Das vergisst man nicht. Und zweitens: Das nennt man dann wohl Held oder Ikone oder Legende. Oder alles zusammen.
Fest steht: Mit Groetzki und Gensheimer führen die beiden etabliertesten Profis den neuen Löwen-Kader an. Zum Mannschaftsrat gehören außerdem Neuzugang Olle Forsell Schevfert, der zweifache Meisterkeeper Mikael Appelgren und Torwart Joel Birlehm, der erst im Januar zu den Löwen gewechselt war. Ein neuer Trainer. Ein anderer Kapitän. Zwei Neue im Mannschaftsrat. Es tut sich was. Vor allem riecht es nach Veränderung.
Schwieriger Auftakt
In die Bundesliga starten die Badener am Samstag (20.30 Uhr) gegen die MT Melsungen. Erstmals wird Hinze dann als Löwen-Trainer in einem Pflichtspiel auf der Bank sitzen. „Darüber habe ich mir noch keinen Kopf gemacht. Ich glaube aber, dass das noch kommen wird“, sagte der Coach, der so kurz vor dem Auftakt auch kein Gefühl von Aufregung verspürt. Es sei eher die Vorfreude auf das, was nun komme, die seinen Gemütszustand beeinflusst, nachdem der gebürtige Wuppertaler zuletzt zehn Jahre lang für den Bergischen HC verantwortlich war.
Eine lange Zeit. Eine Ära. Doch nun möchte der 43-Jährige eine neue Geschichte schreiben - und zwar die von der Auferstehung der einst stolzen und zuletzt mächtig abgestürzten Löwen, die künftig schneller und natürlich auch erfolgreicher spielen wollen. Nach Möglichkeit schon gegen Melsungen.
Die in der vergangenen Saison ebenfalls hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Nordhessen haben vor dieser Spielzeit wieder einmal viel Geld in die Hand genommen und sich „clever verstärkt“, wie Hinze es treffend formulierte. Denn mit diesem Kader muss die Mannschaft von Trainer Roberto García Parrondo eigentlich einen Platz unter den ersten Fünf erreichen.
Hochkarätig verstärkt
Aus Hannover kam mit Ivan Martinovic ein kroatischer Nationalspieler, der fraglos eine echte Entlastung für den deutschen Auswahlspieler Kai Häfner ist. Außerdem verstärken der spanische Vize-Europameister Agustin Casado, der polnische Nationalkeeper Adam Morawski und der zweifache Champions-League-Gewinner Rogério Moraes Ferreira die MT, die von ihren fast grenzenlosen wirtschaftlichen Möglichkeiten dank der Unterstützung durch die Braun AG wieder einmal Gebrauch machte. Doch führen die Finanzspritzen nun endlich auch zu Leistungsspitzen?
Hinze, der auf den langzeitverletzten Lukas Nilsson (Achillessehne) verzichten muss und auf eine Rückkehr des wieder ins Training eingestiegenen Niclas Kirkeløkkke (Schulterprobleme) hofft, sieht seine Mannschaft am Samstag „nicht chancenlos. Wir können eine Abwehr stellen, die Melsungen Probleme bereitet.“ Auch das wäre im Vergleich zur Vorsaison übrigens eine Neuerung.
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