Handballhallen hat Tobias Reichmann in seiner langen Karriere sicherlich zur Genüge gesehen, im Heidelberger SNP Dome kam der 35-jährige am Dienstag dann aber doch zu einer unerwarteten Premiere. Schließlich hatte sich der Ex-Nationalspieler im vergangenen Sommer bereits von der Handballbühne verabschiedet. Dass er aufgrund der Verletzung von Patrick Groetzki ein halbes Jahr später nochmals die die Handballschuhe schnüren würde, war da noch nicht abzusehen.
Doch nach dem 27:26 (11:13)-Erfolg gegen die TSV Hannover-Burgdorf, blickte der Routinier mit einem breiten Grinsen auf die Ränge der für ihn neuen Arena, in der die Löwen ihre Pokal- und Europapokal-Spiele absolvieren. „Eine grandiose Stimmung. Von mir aus können wir hier öfter spielen“, meinte Reichmann, der im Duell der beiden Bundesligisten in der European League mit seinen sieben Toren dazu beitrug, dass die Löwen weiter Chancen auf die Play-off-Phase haben - und vor allem, dass sie ihre quälende Sieglosserie von sieben Niederlagen in Folge endlich beenden konnten.
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Vor allem dieser Umstand war mehr als ein Nebeneffekt des Handballkrimis gegen die „Recken“, der von den 2344 Fans gebührend gefeiert wurde. In der engen Halle hatte man am späten Dienstagabend fast schon das Gefühl, als ob mit dem ersten Löwen-Sieg im neuen Jahr gerade ein großer Titel in die Kurpfalz gegangen wäre.
„Ich hoffe, der Knoten ist geplatzt“
„Das war ein großer Befreiungsschlag, mit dem uns viel Last von den Schultern gefallen ist“, ordnete Reichmann die Party-Stimmung an der Speyerer Straße in Heidelberg ein. „Wir haben zuletzt immer 30, 40 Minuten gut gespielt. Aber jetzt haben wir es endlich mal geschafft, das, was wir machen wollten, 60 Minuten auf die Platte zu bringen. Ich hoffe, dass der Knoten jetzt geplatzt ist“, sagte der Linkshänder, der in der Kombination von Ausbeute und Wurfquote (78 Prozent) gegen Hannover nur noch von seinem 16 Jahre jüngeren Gegenpart auf Linksaußen übertroffen wurde.
Ohne Fehlwurf platzierte David Móré seine acht Versuche im gegnerischen Kasten und war entsprechend zufrieden. „Dieses Mal sind wir nicht zusammengeklappt und das war der entscheidende Punkt, dass wir es noch mal drehen konnten“, blickte der Youngster auf die Phase, als die Löwen beim 13:17 und 15:19 (39.) schon mit vier Treffern zurücklagen und sich das Szenario der vergangenen Wochen andeutete. Doch die Löwen meldeten sich mit einer energischen Abwehrleistung und nicht zuletzt mit ihren treffsicheren Außen zurück.
"David Móré hat ein Riesenspiel gemacht"
„Klar, freue ich mich, wenn ich meinen Beitrag leisten kann“, sagte Móré über seinen Auftritt, „aber ich bin vor allem stolz auf das ganze Team und auch auf David“, so der Linksaußen, der damit den dritten Matchwinner ins Boot holte: Torwart David Späth war mit 20 Paraden und einer Weltklasse-Fangquote von 43 Prozent schließlich der Hauptgrund dafür, dass die Löwen so lange im Spiel blieben und die Partie noch auf ihre Seite zogen. Dass diese individuellen Topleistungen nicht unerheblichen Einfluss darauf hatten, dass der Frust-Knoten endlich durchschlagen werden konnte, unterstrich auch Trainer Sebastian Hinze.
„Das war sicherlich etwas, was uns zum Beispiel im Flensburg-Spiel noch ein bisschen gefehlt hat. David Móré hat ein Riesenspiel gemacht, Tobi Reichmann hat die wichtigen Bälle in der erweiterten Konterphase reingemacht - das sind diese Momente“, blickte Hinze auf die Partie, ohne die erneut kritischen Werte auszublenden. Schließlich standen am Ende wieder 17 Ballverluste durch Fehlpässe oder technische Fehler auf der roten Seite der Bilanz. Eine Quote, die sich gegen einen Kontrahenten wie Hannover nur mit einem enormen Kraftakt wieder ausbügeln lässt.
Fehlerquote ausgebügelt
Dass dieses Unterfangen über viel Willen und eine Teamleistung dann doch noch irgendwie gelang, werden die Löwen in die nächsten Aufgaben mitnehmen können. „Wir konnten unsere Fehler mit viel Energie, Emotionen und einer überragenden Abwehrleistung im Paket mit David Späth ausgleichen. Wir standen als Team da und haben den Kopf oben behalten“, unterstrich Hinze die Unterschiede zu den teils bedenklichen Zusammenbrüchen der Vorwochen. „Von daher war das ein erster Schritt“, betonte der Coach den psychologischen Wert dieses Erfolgserlebnisses. „Es wird uns deshalb nichts zufliegen, aber das tut natürlich allen gut“, sagte der 44-Jährige, dem die Erleichterung ebenso anzumerken war wie Spielmacher Juri Knorr.
„Am Ende war der Sieg vielleicht auch etwas glücklich, aber letztlich sicher nicht unverdient. Darauf kann man jetzt wieder ein bisschen aufbauen und ich hoffe, dass dadurch nun peu à peu auch wieder mehr Leichtigkeit dazukommt“, blickte der Nationalspieler bereits in Richtung der nächsten Liga-Aufgabe am Samstag beim Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten. Dort wird es darum gehen, nun auch in der Bundesliga dem Sog nach unten zu widerstehen, damit Europapokal-Abende wie am Dienstag nicht irgendwann eine ferne Erinnerung werden.
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