Essen. Mikael Appelgren wollte keinen Wunsch aussprechen. „Nein, nein, das mache ich nicht. Das bringt nur Pech“, sagte der Schwede am Mittwochabend. Zuvor hatte sich der Torwart mit den Rhein-Neckar Löwen durch einen 33:24-Sieg beim Handball-Zweitligisten TuSEM Essen den Einzug in das Viertelfinale des DHB-Pokals gesichert, doch eine persönliche Präferenz für die Auslosung am Donnerstagmittag kam ihm nicht über die Lippen: „Das bringt nur Pech.“
Nun ja: 16 Stunden später stand fest, dass sein Schweigen jetzt auch kein Glück brachte. Denn der Titelverteidiger aus Mannheim bekam die schwerste aller möglichen Aufgaben zugelost: Es kommt zur Neuauflage des diesjährigen Endspiels gegen den SC Magdeburg. Gespielt wird am 3. oder 4. Februar beim Champions-League-Gewinner aus Sachsen-Anhalt, der Sieger fährt zum Final Four nach Köln.
Rhein-Neckar Löwen haben Probleme mit der Stabilität
„Wir wissen, wie schön das ist, dort zu spielen. Und wir werden alles tun, um es wieder zu erleben“, kündigte Appelgren an, als er noch gar nicht um die nächste Aufgabe wusste. Andererseits muss Lospech für die Löwen nichts Schlimmes bedeuten. Trainer Sebastian Hinze bestritt seit seinem Amtsantritt im Juni 2022 im Pokal-Wettbewerb ausschließlich Auswärtsspiele mit den Mannheimern, in der vergangenen Saison führte der Weg nach Köln über Erfolge bei den Ligarivalen SC DHfK Leipzig, MT Melsungen und TSV Hannover-Burgdorf.
Am Samstag (18.30 Uhr/live bei Dyn) werden die Löwen schon einmal erleben, wie kompliziert solch eine Aufgabe in Magdeburg wird. In der legendären Bördelandhalle, die traditionell zu den großen Festungen des deutschen Handballs gehört, tritt der zweifache deutsche Meister zum Ligaspiel an. Und als sei diese Herausforderung an sich nicht schon groß genug, suchen die Badener auch noch nach Form und vor allem Konstanz. Es geht auf und ab bei der Mannschaft von Trainer Hinze. Und zwar nicht nur von Spiel zu Spiel, sondern manchmal innerhalb von nur wenigen Minuten. Sowohl gegen den HSV Hamburg als auch gegen den TBV Lemgo Lippe verspielten die Mannheimer zuletzt jeweils eine Sieben-Tore-Führung, was gegen Lemgo mit einem Punktverlust bestraft wurde.
„Eine gefühlte Niederlage“ nennt Appelgren das frustrierende 34:34 vom vergangenen Wochenende. Auch Spielmacher Juri Knorr hängt diese Enttäuschung noch nach: „Es stört uns, dass wir nach einer solch guten ersten Halbzeit diese Partie nicht nach Hause gebracht haben.“ Selbst ein hoher Vorsprung sorgt momentan nicht für Sicherheit. Und auch nicht für eine gewisse Unerschrockenheit. Man könnte es labil nennen, wie sich die Löwen präsentieren. Wird der Druck nur etwas größer, klappen sie zusammen wie ein angeknackster Sonnenstuhl.
„Wir sind gerade ein bisschen anfällig dafür, schnell unter Stress zu geraten“, gibt Appelgren zu. Oder anders ausgedrückt: Jede große Chance beinhaltet auch die kleine Chance, dass sie nicht genutzt wird - weil die Möglichkeit auf die Vorentscheidung vertan wird und plötzlich die Unsicherheit um sich greift.
Solch eine Teampsychologie kann ja immer auch ein Teufelskreis sein. Und wenn der „Gegner mal zwei, drei Treffer in Folge erzielt, haben wir immer gleich Druck“, vermisst Appelgren eine gewisse Form von Stabilität: „Wir müssen einfach cleverer werden.“ Und cooler.
„Mehr Ruhe“ fordert der routinierte Torwart ein, der genau weiß, wovon er spricht. Weil der Schwede schon alles erlebt hat. Und ihm Kleinigkeiten wichtig sind. Entsprechend sieht er auch nicht einfach so über den Pflichtsieg in Essen hinweg, sondern geht explizit auf die Minuten vor dem Seitenwechsel ein, als die Mannheimer einen 2:5-Lauf hinlegten: „Das darf uns einfach nicht passieren.“ Fürs Endresultat spielte es diesmal keine Rolle. Dafür war der Gegner zu schwach. Aber dem Torwart, der überraschend nicht vom schwedischen Nationaltrainer Glenn Solberg für die Europameisterschaft in Deutschland mit den Vorrundenspielen in Mannheim nominiert wurde, ging es um etwas Grundsätzlicheres: Konzentration, Konstanz und Konsequenz.
Löwen-Kapitän Groetzki fehlt vermutlich
All das werden die Löwen auch in Magdeburg brauchen. „Um dort eine Chance zu haben, müssen wir auf sehr hohem Niveau agieren. Wir glauben aber an diese Chance“, sagt Trainer Hinze, der vermutlich weiterhin ohne seinen Kapitän Patrick Groetzki auskommen aus. Der Rechtsaußen ist nach seiner Verletzung der Plantarfaszie in der Fußsohle noch nicht wieder voll belastbar. Hinze will deshalb kein Risiko eingehen. Was er übrigens auch nicht in Essen machte.
Von Beginn an schickte der gebürtige Wuppertaler seine mutmaßlich beste Formation aufs Feld. Er habe sich auch „wenige“ Gedanken darüber gemacht, vielleicht stärker zu rotieren: „In diesem Wettbewerb ist jedes Spiel wichtig. Über eine Niederlage ärgert man sich ein ganzes Jahr.“
Bislang hat Hinze seit seinem Dienstantritt im Juni 2022 mit den Löwen kein einziges Pokalspiel verloren. Mal sehen, wie es im Februar 2024 aussieht.
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